Mehrere Universitäten schlossen sich zusammen, um gemeinsam Österreichs leistungsfähigsten
Großrechner aufzubauen: Die Ausbaustufe VSC3 (Vienna Scientific Cluster 3) beeindruckt nicht nur mit Rechenpower,
sondern auch mit Energieeffizienz.
Wien (tu) - Österreichs Wissenschaft hat einen neuen Supercomputer. Aus über 32.000 einzelnen Prozessorkernen
besteht der VSC3-Cluster, der nun im Science Center der TU Wien in Betrieb genommen wird. Insgesamt sind acht
österreichische Universitäten an dem Projekt beteiligt. Wissenschaftliche Berechnungen aus vielen unterschiedlichen
Forschungsgebieten, von Meteorologie bis zur Teilchenphysik, werden durch den neuen VSC3 möglich. Bei der
Planung des Supercomputers wurde besonders auf Umweltfreundlichkeit und Energieeffizienz geachtet. Aus diesem Grund
kommt auch eine ganz neue Methode der Öl-Kühlung zum Einsatz. Am 04.07. wurde der VSC3 in Anwesenheit
des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Reinhold Mitterlehner feierlich eröffnet.
Erfolgreiche Kooperation österreichischer Universitäten
TU Wien, Universität Wien und die Universität für Bodenkultur hatten schon zuvor gemeinsam die Vorgängermodelle
VSC 1 und VSC 2 mit großem Erfolg betrieben. An der dritten Ausbaustufe sind die Universität Innsbruck
und die TU Graz beteiligt, sowie durch diese als Partner koordiniert die Karl-Franzens-Universität Graz, die
Montanuniversität Leoben und die Alpen-Adria Universität Klagenfurt.
„Diese Zusammenarbeit von acht Universitäten, die über mehrere Disziplinen und Studienrichtungen geht,
ist ein Musterbeispiel für gelebte Kooperation und zeigt den Mehrwehrt der für alle Beteiligten dadurch
entstehen kann. In einem hochtechnischen Bereich verfügt Österreich jetzt über modernste Infrastruktur,
die sowohl im naturwissenschaftlichen als auch im technischen Bereich die Basis für neue Erkenntnisse sein
wird“, sagte Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.
Mit dem VSC 3 steht den teilnehmenden Universitäten nun ein Computercluster zur Verfügung, der den Vergleich
mit wissenschaftlichen Spitzencomputern der Welt nicht zu scheuen braucht. „Die aktuelle Ausbaustufe wurde durch
Bündeln von Ressourcen der universitären Partner realisiert. Nur dadurch lässt sich infrastrukturell
jene kritische Masse bilden, mit der man basierend auf der hinterlegten wissenschaftlichen Kompetenz Sichtbarkeit
in der Scientific Community erlangt.“, sagt Johannes Fröhlich, Vizerektor für Forschung der TU Wien.
„Dadurch wird nicht nur die adäquate Umsetzung aktueller Spitzenforschung garantiert, sondern auch die zukunftsorientierte
Weiterentwicklung des Standortes zu einem umfassenden High Performance Computing Zentrum möglich. Der VSC
ist jedenfalls ein Leuchtturmprojekt für Kooperation im Universitätsbereich und sichert somit einen
Standortvorteil für Österreichs Wissenschaft.“
„Der Supercomputer ist ein Musterbeispiel für universitäre Kooperation“, bestätigt Karl Schwaha,
Vorsitzender des VSC-Steering Committee und Vizerektor der Universität Wien anlässlich der VSC 3 Präsentation.
„Für die Universitäten ist der VSC ein Vorzeigeprojekt im punkto Energieeffizienz und Nachhaltigkeit.
In Hinblick auf ihre gesellschaftliche und ökologische Verantwortung ein wichtiges Thema für die Universität
Wien.“
Gebaut wurde der VSC 3 von der Firma Clustervision. Wie auch seine Vorgängermodelle steht der VSC 3 im Science
Center der TU Wien am Wiener Arsenal. Er besteht aus 2020 Knoten mit je 16 Prozessorkernen. Seine Rechenleistung
beträgt über 600 Teraflops – er kann also in einer Sekunde mehr als 600 Billionen Additionen oder Multiplikationen
ausführen. So könnte man beispielsweise in einer Nanosekunde mit dem VSC 3 aus den Geschwindigkeiten
und Reichweiten sämtlicher Pässe und Schüsse der gesamten Fußball-Weltmeisterschaft die dazugehörigen
Abschusswinkel berechnen. „Moderne Wissenschaft ist ohne entsprechende Simulations- und Berechnungsmethoden nicht
mehr denkbar. Gerade als technische Universität ist der Zugriff auf entsprechende Computerkapazitäten
von entscheidender Bedeutung. Man denke zum Beispiel an die Simulationen im modernen Maschinenbau. Mit dem VSC
3 können wir unseren Forschenden eine moderne Infrastruktur bieten, die international konkurrenzfähig
ist“, erklärt Hors!
t Bischof, Vizerektor für Forschung der TU Graz. Viele unterschiedliche Forschungsgruppen werden Zugang zur
Rechenpower des VSC3 haben, die Palette an wissenschaftlichen Themen reicht von der Entwicklung neuer Materialien
mit Hilfe quantenphysikalischer Rechnungen über meteorologische Simulationen bis hin zur Biologie.
„Die heute notwendigen Rechenleistungen lassen sich nur mehr im Verbund bewerkstelligen und hier liegt auch er
große Mehrwert einer Teilnahme am VSC (Vienna Scientific Cluster). Dieser Verbund verschafft uns und den
beteiligten österreichischen Universitäten die notwendige Rechenleistung für unsere ForscherInnen
und die Eintrittskarte zu den entsprechenden europäischen Netzwerken“, erklärte Sabine Schindler, Vizerektorin
für Forschung an der Universität Innsbruck.
Energiesparmeister durch Öl-Kühlung
„Ganz entscheidend für uns war, schon bei der Planung auf Energieeffizienz zu achten“, sagt Prof. Herbert
Störi (TU Wien, wissenschaftlicher Projektleiter des VSC 3 und Mitglied des Steering Committee). Der VSC 3
wird eine Leistung von etwa 540 Kilowatt benötigen – also rund 0,8 Kilowatt pro Teraflop. Damit ist er deutlich
effizienter als der Vorgänger VSC2 (2.3 Kilowatt pro Teraflop, bei ca. 150Tflop/s), obwohl auch schon der
VSC 2 ein ökologisch vorbildlicher Cluster war.
Ein wichtiger Schritt für die Energie-Optimierung des VSC 3 war eine völlig neue Kühlungstechnologie:
Statt Luftkühlung durch stromfressende Ventilatoren setzt man auf Paraffinöl, ähnlich wie es auch
in Kosmetikprodukten verwendet wird. 35 Tonnen Öl enthalten die Wannen, in die man die Prozessoren versenkt.
Das Öl hat besonders gute Wärmeleitungseigenschaften, dadurch kann die an den Prozessoren anfallende
Wärme sehr effizient wegtransportiert werden. Ohne Luftkühlung muss auch der Rechnerraum nicht mehr eigens
gekühlt werden.
"Wir freuen uns sehr, im Rahmen der VSC Kooperation unseren WissenschaftlerInnen Zugang zu einem der leistungsfähigsten
Rechner zu ermöglichen", so Vizerektor Georg Haberhauer von der Universität für Bodenkultur
Wien (BOKU). "Wir setzen hier neue Maßstäbe, nicht nur im wissenschaftlichen Bereich, wo wir komplexen
Fragestellungen noch besser nachgehen können, sondern auch im Bereich der Nachhaltigkeit: die neuartige, energieeffiziente
Flüssigkeitskühlung passt perfekt zur Ressourcen-schonenden aber gleichzeitig Innovations-offenen Philosophie
unserer Universität".
„High Performance Computing bildet die Grundlage für alle Forschungsfelder, die mit großen Datenmengen
umgehen müssen, um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. An der Universität Innsbruck ist dieser Bereich
in den vergangenen Jahren stark ausgebaut worden und Scientific Computing ist nun auch einer unserer fünf
Forschungsschwerpunkte. In Innsbruck rechnen derzeit elf WissenschaftlerInnen im Rahmen ihrer Forschungsprojekte
am VSC –Tendenz steigend“, so die Innsbrucker Vizerektorin Schindler.
Ein direkter Vergleich mit anderen Computerclustern ist aber nicht immer einfach – der VSC 3 ist nicht in erster
Linie darauf ausgelegt, in Computer-Rankings einen möglichst guten Platz zu belegen. „Viele der Rechner, die
derzeit die Weltranglisten anführen, sind heute aus Graphikkarten aufgebaut. Wir müssen allerdings Prozessoren
anbieten, auf denen die bestehenden wissenschaftlichen Programmcodes möglichst gut laufen“, erklärt Herbert
Störi. „Man muss sich entscheiden: Will man einen Rennwagen, oder einen Autobus, mit dem man bei ähnlicher
Leistung deutlich mehr Leute transportieren kann? Für die heutigen Anforderungen der österreichischen
Wissenschaft ist der VSC3 jedenfalls bestens geeignet.“
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