Echografie junger Sterne enthüllt ihre Entwicklung
Wien (universität) - Sterne werden durch den Kollaps von Molekülwolken geboren. In den frühen
Phasen der Sternentwicklung ziehen sich die jungen Sterne zusammen und werden dabei immer kleiner, kompakter und
heißer, bis es in ihrem Inneren heiß genug ist, dass das Wasserstoffbrennen im Kern gezündet werden
kann. Das ist quasi das Ende der Kindheit und Jugend von Sternen. Wie kann man jedoch das genaue Alter und den
Entwicklungszustand junger Sterne bestimmen? In einer Publikation im renommierten Journal "Science" zeigt
eine internationale ForscherInnengruppe um Konstanze Zwintz gemeinsam mit Rainer Kuschnig und Werner Weiss von
der Universität Wien, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen den beobachteten Schwingungen junger Sterne
und ihrem Alter gibt.
In unserem Universum sind in der Vergangenheit unzählige Male Sterne entstanden und werden immer noch geboren.
Die ersten Phasen im Leben der Sterne bestimmen ihr gesamtes zukünftiges Schicksal bis hin zu ihrem Tod. "Es
ist daher wesentlich, dass wir die physikalischen Prozesse in ihren frühen Phasen verstehen", erklärt
die Astrophysikerin Konstanze Zwintz. Aber obwohl wir ein allgemeines Bild davon haben, wie Sterne entstehen und
sich entwickeln, weist das Wissen über die frühe Sternentwicklung große Lücken auf. Zu den
vielen ungelösten Fragen gehört unter anderem die Bestimmung ihres Alters und ihres relativen Entwicklungszustands.
Die Kinderstube der Sterne
Junge Sterne mit Massen von etwa einer bis zu sechs Sonnenmassen haben ähnliche Eigenschaften in ihren
Atmosphären wie ältere, weiter entwickelte Sterne, die schon im Kern Wasserstoff verbrennen. "Es
ist daher nicht möglich, den Entwicklungszustand eines beliebigen Sterns ausschließlich aufgrund von
Eigenschaften wie seiner effektiven Temperatur, Schwerebeschleunigung oder Leuchtkraft zu bestimmen", so die
Wissenschaftlerin. Der Hauptunterschied zwischen Sternen unterschiedlicher Entwicklungszustände ist ihr innerer
Aufbau. Asteroseismologie ist die einzige Methode, die es erlaubt, das Innere pulsierender Sterne durch die Analyse
ihrer Sternschwingungen zu untersuchen. Das funktioniert ähnlich wie auf der Erde, wo
ForscherInnen aufgrund des Studiums von Erdbeben wissen, wie das Innere unserer Erde aufgebaut ist.
Jüngere Sterne schwingen langsamer
Theoretiker hatten vorhergesagt, dass man Asteroseismologie dazu verwenden könnte, den Entwicklungszustand
eines Sterns zu bestimmen. Es fehlten allerdings bisher entsprechende Beobachtungsdaten, um diese Hypothese zu
überprüfen. In der neuen "Science"-Publikation zeigen Zwintz und ihr Team das erste Mal, dass
die beobachteten Schwingungseigenschaften junger Sterne tatsächlich von ihrem jeweiligen Entwicklungszustand
abhängen: Die am wenigsten entwickelten jungen Sterne schwingen am langsamsten, während die am weitest
entwickelten (d.h. kurz vor dem Beginn des Wasserstoffbrennens im Kern) die kürzesten Perioden zeigen. "Das
wird es erlauben, das Alter junger Sterne nur aus ihren gemessenen Schwingungseigenschaften abzuleiten, ohne Zuhilfenahme
theoretischer Modelle", freut sich die Astronomin: "Damit haben wir gezeigt, dass Asteroseismologie auch
eine unschlagbare Methode ist, einige der offenen Fragen im Gebiet der frühen Sternentwicklung zu beantworten".
Sterne in allen Entwicklungsstadien können viele verschiedene Arten von Schwingungen zeigen, die aufgrund
unterschiedlicher Mechanismen entstehen. Dass auch junge Sterne schwingen können, ist erst seit rund 20 Jahren
bekannt. Als Konstanze Zwintz im
Jahr 2000 ihr Doktorat an der Universität Wien begann, war Asteroseismologie junger Sterne ein ganz neues
Gebiet, über das noch nicht viel bekannt war. Seit dieser Zeit hat sich Zwintz intensiv diesem Forschungsgebiet
gewidmet - auch in ihren zwei
Forschungsprojekten an der Universität Wien (2007 bis 2012). Seit knapp zwei Jahren arbeitet sie nun an der
KU Leuven (Belgien), hat aber in Zusammenarbeit mit ihren Kollegen Rainer Kuschnig und Werner Weiss vom Institut
für Astrophysik der
Universität Wien die Forschungsarbeit zum Thema fortgeführt.
MOST, CoRoT und Daten von ESO-Teleskopen
Die Daten zu der jetzt veröffentlichten Studie in "Science" wurden zu einem Großteil durch
die beiden Satelliten MOST und CoRoT und einigen Observatorien auf der Erde aufgenommen. Der kanadische Mikro-Satellit
MOST (Microvariability and Oscillations
of STars) wurde vor über 11 Jahren gestartet, ist nur so groß wie ein Koffer und hat über all die
Jahre immer wieder junge Sterne vermessen. Am Dach des Instituts für Astrophysik der Universität Wien
gibt es seit 2003 eine Bodenstation, die täglich
mit MOST kommuniziert, um seine neuen Daten auf die Erde zu senden.
Die Hauptaufgabe des im Dezember 2006 gestarteten europäischen Satelliten CoRoT (Convection, Rotation and
Planetary Transits) war es, Planeten in anderen Sonnensystemen zu entdecken und die Schwingungen älterer Sterne
zu untersuchen. CoRoT hat im
Juni 2013 seinen Dienst eingestellt. Der zweite Teil der Daten - hochaufgelöste Spektren der Sterne - wurde
an Observatorien auf der Erde aufgenommen, unter anderem mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen
Südsternwarte (ESO).
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