Spitzenforscher auf den Spuren des Heiligen Wolfgang

 

erstellt am
04. 07. 14
10.00 MEZ

Mediziner, Philologen, Archäologen liefern Beiträge für archäologisches Projekt
Wien (lgb) - Im Rahmen eines Projekts des LBI für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) - haben sich das Wiener LBI ArchPro sowie das Grazer LBI für Lungengefäßforschung (LBI LVR) und das Innsbrucker LBI für Neulateinische Studien (LBI Neulatein) über Fachgrenzen hinweg zusammengetan, um am Falkenstein bei St.Gilgen - auf dem Wallfahrtsweg nach St. Wolfgang im Salzkammergut, der viertgrößten Wallfahrtsstätte Europas - das Leben und Leid der Einsiedler und Pilger im Spätmittelalter zu erforschen. Josef Pröll, Präsident der LBG, präsentierte im Rahmen einer Pressekonferenz die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sowie die hervorragenden Resultate der Zwischenevaluierung, die in den letzten Monaten bei diesen drei LBI durchgeführt wurde. Die positiven Ergebnisse der Zwischenevaluierung bewirken, dass die drei LBI für weitere drei Jahre mit einem Gesamtvolumen von 7,8 Mio. Euro durch die Ludwig Boltzmann Gesellschaft finanziert werden.

Auf den Spuren des Heiligen Wolfgang - das gemeinsame Projekt:
Über Fachgrenzen hinweg haben das LBI ArchPro, das LBI LVR und das LBI Neulatein für ein archäologisches Projekt ihre Expertise gebündelt. Für Josef Pröll ist dieses Projekt "ein Beispiel für die starke Interdisziplinarität der Ludwig Boltzmann Gesellschaft, die sich auch über einzelne Ludwig Boltzmann Institute erstreckt". "Gerade weil die LBG mit ihren Instituten neue Themenfelder aufgreift, können solche Formen der Zusammenarbeit entstehen. Das sind wichtige Merkmale der LBG", so Pröll bei der Vorstellung des Projekts.
Wallfahrtsboom und Quecksilber in der Latrine

Im Jahre 2009 entdeckten Forscher des LBI ArchPro mit modernsten hochauflösenden Bodenradarsystemen auf der Lichtung unterhalb der Kirche auf dem Falkenstein die im Boden verborgenen Fundamente einer Klause. Der Legende nach weilte bereits der Heilige Wolfgang selbst als Eremit im 10. Jahrhundert an diesem zurückgezogenen Ort, der ab dem 14. Jahrhundert am Weg zur Wallfahrtsstätte St. Wolfgang im Salzkammergut gelegen, jährlich von Tausenden Pilgern besucht wurde. Im 17. Jahrhundert wurde die Klause als einfache Holzhütte für Einsiedler zur Betreuung des Falkensteins und der vorbeiziehenden Pilger errichtet und über 150 Jahre bewohnt.

Stefan Tilg, Leiter des LBI Neulatein, lieferte anhand von lateinischer Literatur zum Heiligen Wolfgang den historischen Kontext zur Einsiedlerklause am Falkenstein. Die damals zeitgenössischen Texte zum Wirken des Heiligen Wolfgang am Falkenstein deuten auf die Popularität der Pilgerstätte St. Wolfgang im Salzkammergut hin und passen zum "Boom" des Wallfahrtswesens im Spätmittelalter und im Barock. Die Einsiedler am Falkenstein kümmerten sich um die vorbeiziehenden Pilger, die die Klause als "Zwischenstation" am Weg nach St. Wolfgang nutzten.

Die Expertise von Andrea Olschewski, Leiterin des LBI LVR, war gefragt, als überraschende Funde von Quecksilber in den Latrinen der Einsiedlerklause das Archäologen Team vor Rätsel stellte. Olschewskis Einschätzung nach belegt dieser Fund eindrucksvoll die Medikation der damaligen Volksseuche Syphilis. Diese wurde damals primär durch die orale Einnahme von Quecksilber behandelt, welches in fast unveränderter Form vom Körper wieder ausgeschieden wird.

Ergebnisse der Zwischenevaluierung: Finanzierung für weitere drei Jahre gesichert
Die drei LBI wurden im Herbst/Winter 2013 und im Frühjahr 2014 jeweils von unterschiedlichen FachexpertInnen eines internationalen Gutachterpanels evaluiert. Begleitet wurden alle drei Evaluierungen von Verena Kremling, stellvertretende Referatsleiterin des Senatsausschusses Evaluierung der deutschen Leibniz Gemeinschaft, die bei der Pressekonferenz ebenfalls anwesend war. LBI sind zeitlich befristet eingerichtet und werden im vierten Jahr ihres Bestehens zwischenevaluiert. Ziel einer Zwischenevaluierung ist die Feststellung der Finanzierungswürdigkeit eines LBI für die nächsten drei Jahre aufgrund der bisherigen Forschungsleistung.
Pröll und Mitterlehner erfreut über die Ergebnisse

Alle drei Evaluierungen führten zu hervorragenden Ergebnissen. Für Josef Pröll "ein Zeichen dafür, dass der hochkompetitive Auswahlprozess der LBG dazu geführt hatte, dass nur solche Institute gefördert wurden, deren Konzepte höchste Qualitätsansprüche erfüllt haben". Darüber hinaus zeichnen sich alle drei LBI durch eine klar definierte Mission und angemessene Zielsetzungen aus. Laut Verena Kremling "fällt auf, dass alle begutachteten Institute von starken, integrativen Führungspersönlichkeiten geleitet werden, die nicht nur wissenschaftlich voll überzeugt haben, sondern auch hinsichtlich ihrer Management- und Führungskompetenzen."

Besonders betont wurden die Partnerbeziehungen aller drei LBI, die als tragfähig und konstruktiv eingeschätzt wurden. Die Partnerbeziehungen der LBI sind vor allem dem obligatorischen Partner-Konzept der Ludwig Boltzmann Gesellschaft zu verdanken, welches nach Kremling "maßgeblich zum Erfolg der neuen Generation von Ludwig Boltzmann Instituten beiträgt". Das Partner-Konzept der LBG gibt vor, dass ein LBI im Verbund mit mindestens einem universitären und einer forschungsanwendenden Organisation gegründet wird. Somit gelingt der LBG die Sicherung einer hohen Qualität und starken Profilierung der Forschung außerhalb von Universitäten bei gleichzeitiger intensiver Kooperation mit den Universitäten.

"Im internationalen Wettbewerb wird die Kooperation verschiedener Disziplinen und Institutionen für heimische Wissenschaftseinrichtungen immer wichtiger. Die Synergien, die sich durch dieses Partnerschaftsmodell der Ludwig Boltzmann Gesellschaft ergeben, sind äußerst dynamisch und ermöglichen die Bearbeitung komplexer Fragestellungen an der Schnittstelle von Grundlagenforschung und angewandter Forschung", so Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zu den Ergebnissen der Zwischenevaluierung.

Kremling präsentierte die Ergebnisse der Zwischenevaluierung und zitierte aus den Evaluierungsberichten:

LBI Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie:
Die geniale Verbindung von ingenieurwissenschaftlicher Expertise und Innovationskraft mit archäologischen Fragestellungen.

Das Wiener LBI für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie überzeugte durch die Originalität seines methodischen Ansatzes, der ingenieurwissenschaftliche Expertise und Innovationskraft in genialer Weiser mit archäologischen Fragestellungen verbindet. Die hier betriebene Forschung weist zahlreiche reizvolle Anschlussmöglichkeiten für verwandte Forschungsfelder auf. Die technischen und ingenieurwissenschaftlichen Komponenten erleichtern die Identifikation von Partnern, die sich auch finanziell angemessen beteiligen können.

LBI Lungengefäßforschung:
Großes Interesse aus der Pharmaindustrie zeigt außerordentlich hohe Relevanz der Lungengefäßforschung.
Die in Graz betriebene Lungengefäßforschung am LBI für Lungengefäßforschung ist von außerordentlich hoher Relevanz, da der Lungenhochdruck mit seinen Neben- und Folgeerscheinungen noch immer wenig verstanden wird und eine vergleichsweise hohe Mortalität aufweist. Besonders beeindruckend ist das Gesamtkonzept, das Grundlagenforschung in überzeugender Weise mit anwendungsorientierter klinischer Forschung verbindet und innovative methodische Ansätze integriert. Als Qualitätsausweis kann auch das große Interesse aus der Pharmaindustrie gewertet werden.
LBI Neulateinische Studien:

Innovativer methodischer Ansatz wirft neues Licht auf den Entwicklungsprozess der europäischen Identität.

"Neu" ist beim Innsbrucker LBI für Neulateinische Studien nicht nur das erforschte Latein, sondern innovativ ist auch der methodische Ansatz, der weit über eine rein philologische Betrachtung hinausgeht und kulturwissenschaftliche Methoden und Fragestellungen integriert. So wirft die hier betriebene Erforschung der lingua franca, die von der Renaissance bis in die Neuzeit zentrales Medium politischer, religiöser, philosophischer und kultureller Darstellungen war, auch ein neues Licht auf den Entwicklungsprozess der europäischen Identität. Als Institut der geisteswissenschaftlichen Grundlagenforschung hat es dieses LBI ungleich schwerer finanzstarke Partner am Konsortium zu beteiligen.

Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) ist eine außeruniversitäre Forschungsorganisation mit Sitz in Wien und betreibt 20 Forschungseinrichtungen (Ludwig Boltzmann Institute/LBI) mit rund 550 MitarbeiterInnen in den Bereichen der Humanmedizin / Life Sciences sowie der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Die LBG steht mit ihrem Motto "Nahe am Menschen" für die Behandlung gesellschaftsrelevanter Forschungsfragen: Ausgewählte LBI-Forschungsprojekte können auf der Crowdfunding-Plattform http://www.inject-power.at mit individuellen Spendenbeträgen, die steuerlich absetzbar sind, finanziell unterstützt werden.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.lbg.ac.at

 

 

 

 

 

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