Brüssel (ec) - In sechs Monaten wird das MwSt-System der EU erheblich vereinfacht, so dass sich der Aufwand
für zahlreiche Unternehmen verringert und die Einnahmen zwischen den Mitgliedstaaten gerechter verteilt werden.
Ab dem 1. Januar 2015 fällt die Mehrwertsteuer auf alle Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunkdienstleistungen
und elektronisch erbrachten Dienstleistungen dort an, wo der Kunde ansässig ist, und nicht mehr am Ort des
Dienstleistungserbringers. Diese Änderung hat für die Unternehmen ausgewogenere Wettbewerbsbedingungen
und auf der Ebene der Mitgliedstaaten mehr Steuergerechtigkeit zur Folge. Parallel dazu wird eine kleine einzige
Anlaufstelle eingerichtet, was die Kosten und den Verwaltungsaufwand für die betroffenen Unternehmen erheblich
senkt. Über die kleine einzige Anlaufstelle können Unternehmen, die in verschiedenen EU-Ländern
elektronische Dienstleistungen erbringen, ihre gesamte Mehrwertsteuer im eigenen Mitgliedstaat anmelden und abführen.
Ein solches Vorgehen entspricht dem Ziel der Kommission, Steuerhemmnisse und die steuerliche Belastung für
grenzüberschreitend tätige Unternehmen im Binnenmarkt zu senken. Die Kommission hat in den letzten Jahren
erhebliche Mittel aufgewendet, um zu gewährleisten, dass nationale Steuerverwaltungen und Unternehmen gut
vorbereitet sind, so dass der Übergang zum neuen System im nächsten Jahr reibungslos verläuft. Diese
Vorbereitung ist noch nicht abgeschlossen, und ergänzend soll durch eine intensive Informationskampagne dafür
gesorgt werden, dass sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Unternehmen die mit diesen wichtigen Änderungen
verbundenen Vorteile umfassend nutzen können.
Algirdas Šemeta, für Steuern zuständiges Mitglied der EU-Kommission, erklärte: „Wir streben eine
gerechte Besteuerung an, die die unternehmerische Tätigkeit erleichtert und den nationalen Haushalten solide
Einnahmen beschert. Die nächstes Jahr in Kraft tretende Änderung der Mehrwertsteuervorschriften wird
diesem Anspruch gerecht. Für die Unternehmen wird das System einfacher und gerechter, was insbesondere Start-ups
und KMU ermutigen sollte, grenzüberschreitend zu expandieren. Die Mitgliedstaaten werden über ausgewogenere
Besteuerungsrechte verfügen, wodurch der Steuerwettbewerb in der Europäischen Union fairer wird.“
Ort der Besteuerung
Nach den derzeitigen EU-Vorschriften für elektronisch erbrachte Dienstleistungen fällt die Mehrwertsteuer
dort an, wo der Dienstleistungserbringer ansässig ist, und es gilt der von dem betreffenden Mitgliedstaat
festgesetzte Steuersatz. Da der MwSt-Normalsatz EU-weit zwischen 15 und 27 % liegt, lassen sich Unternehmen häufig
in einem Mitgliedstaat mit niedrigem Normalsatz nieder, der dann für elektronische Dienstleistungen gilt,
die sie Privatkunden in ganz Europa erbringen.
Durch die Änderung der MwSt-Vorschriften ab Januar wird dies nicht mehr möglich sein, da die Mehrwertsteuer
zu dem Satz erhoben wird, der im Land des Kunden anwendbar ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Dienstleistung
von einem EU- oder Nicht-EU-Unternehmen erbracht wird. Somit wird beispielsweise bei einem in Kopenhagen wohnenden
Kunden der dänische MwSt-Satz angewendet, ganz gleich, ob der Dienstleistungserbringer in Dänemark, Luxemburg
oder den USA ansässig ist.
Diese Änderung ist mit erheblichen Vorteilen verbunden. Zunächst einmal wird der Wettbewerb zwischen
inländischen und ausländischen Unternehmen, die identische Dienstleistungen anbieten, fairer. Zum anderen
wird der Wettbewerb für KMU und andere Unternehmen, die ihren Standort nicht in einen Mitgliedstaat mit niedrigerem
Steuersatz verlagern können und bisher gegenüber mobileren Wettbewerbern möglicherweise das Nachsehen
hatten, ausgewogener. Schließlich werden die Steuereinnahmen zwischen den Mitgliedstaaten gerechter verteilt,
da diesen die Steuer auf die Dienstleistungen zufließt, die von inländischen Konsumenten in Anspruch
genommen werden.
Kleine einzige Anlaufstelle
Die kleine einzige Anlaufstelle wird die Mehrwertsteuerpflichten für Unternehmen, die die neuen Regeln anwenden,
erheblich vereinfachen. So müssen die Unternehmen nicht mehr in jedem einzelnen Mitgliedstaat, in dem sie
Kunden haben, eine Mehrwertsteuererklärung abgegeben und die Mehrwertsteuer entrichten, sondern können
in ihrem eigenen Mitgliedstaat eine einzige Mehrwertsteuererklärung einreichen und die Steuer zahlen. Zur
Abrechnung der Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen, die in anderen Mitgliedstaaten erbracht werden, nutzen die
Dienstleistungserbringer in dem Mitgliedstaat, in dem sie ansässig sind, ein Webportal (siehe IP/13/1004).
Die betreffenden Angaben und Einnahmen werden von der Steuerbehörde des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen
ansässig ist, weitergeleitet. Auf diese Weise haben die Unternehmen nur mit einer einzigen Steuerverwaltung
zu tun (mit der sie vertraut sind) und nicht mit bis zu 28 verschiedenen Verwaltungen. Eine solche Regelung gilt
schon seit 2003 für in Nicht-EU-Ländern ansässige Unternehmen, die Kunden in der EU elektronische
Dienstleistungen erbringen, und hat sich als sehr wirkungsvoll erwiesen, um die Mehrwertsteuerpflichten zu vereinfachen.
Hintergrund
Die Mitgliedstaaten haben sich 2008 auf diese neuen Mehrwertsteuervorschriften verständigt. Die Vorschriften
sollen allerdings erst 2015 in Kraft treten, damit alle Beteiligten genug Zeit haben, um sich auf eine so grundlegende
Umstellung vorzubereiten. Seitdem wurden Durchführungsvorschriften, IT-Spezifikationen, Leitlinien und Erläuterungen
für Steuerverwaltungen und Unternehmen ausgearbeitet, und die Kommission arbeitet aktiv mit allen betroffenen
Parteien zusammen (Konferenzen, Schulungsmaßnahmen usw.), um eine reibungslose Anwendung der neuen Vorschriften
ab dem 1. Januar 2015 zu gewährleisten. In einem am 26. Juni 2014 angenommenen Bericht stellt die Kommission
fest, dass alles vorbereitet ist, um die neue Regelung in Bezug auf den Ort der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen,
Rundfunkdienstleistungen und elektronischen Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige ab dem 1. Januar 2015 wirksam
anzuwenden.
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