Großangelegte Studie "Wirtschaftsradar
Burgenland" zeigt: 94% der Unternehmer für niedrigere Steuern und Abgaben – Große Akzeptanz für
F&E-Förderung aus öffentlichen Mitteln Wunsch: Fördersystem vereinfachen - dafür mehr
Service
Eisenstadt (fh) - Niedrigere Steuern und Abgaben, dafür mehr Geld in Forschung, Technologie und Innovation.
Sorgen um den Arbeitsplatz, aber eine grundsätzlich positive Sicht auf den Wirtschaftsstandort Burgenland.
- Das sind die hervorstechendsten Ergebnisse des "Wirtschaftsradar Burgenland". Die Studie wurde im Frühjahr
vom Institut für Strategieanalysen im Rahmen eines Projekts der Fachhochschule Burgenland und der Wirtschaftsservice
Burgenland (WiBAG) durchgeführt. Mehr als 300 Unternehmer und über 900 Arbeitnehmer wurden befragt. Die
nächste Befragungswelle startet im Herbst.
Niessl: Steuersystem darf nicht leistungsfeindlich sein
Landeshauptmann Hans Niessl nimmt die Präsentation zum Anlass, um neuerlich eine Steuerreform mit 1. Jänner
2015 mit Nachdruck einzufordern: "Wir brauchen eine rasche und spürbare Entlastung des Mittelstandes.
Das jetzige Steuersystem ist wachstumshemmend und leistungsfeindlich." Dass sich nicht weniger als 94 Prozent
der befragten Unternehmen für eine Steuerentlastung aussprechen, "ist ein Ergebnis, das klarer gar nicht
sein kann", sagt Niessl: "Dieser Wert ist kräftiger Rückenwind und eine Bestätigung dafür,
dass eine weitreichende Steuerreform für den Mittelstand unerlässlich ist."
Die Lage am Eisernen Vorhang hat dem Wirtschaftstandort Burgenland lange Zeit schwer zugesetzt. Mit dem Fall der
Grenzen und dem späteren Beitritt zur Europäischen Union habe aber eine bemerkenswerte Entwicklung stattgefunden.
"Der Aufholprozess geht weiter", ist der Landeshauptmann überzeugt. Schließlich weise das
Burgenland für das vorige Jahr mit einem Plus von 3,1 Prozent das höchste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer
aus (Österreich: 0,4 Prozent), der Tourismus floriere, ebenso die Exporte.
Mit 101.000 Beschäftigten im Juni 2014 verzeichne das Burgenland - abermals - Rekordbeschäftigung. Gleichzeitig
ist aber auch die Arbeitslosigkeit gestiegen. "Wir werden daher alles tun, um pro Jahr 1.000 neue Arbeitsplätze
zu schaffen und insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit wirksam einzudämmen", unterstreicht Niessl. "Dazu
braucht das Burgenland eine dynamische, innovative Wirtschaft."
Die im Rahmen des "Wirtschaftsradar Burgenland" gewonnenen Daten seien deswegen wertvoll, weil sie die
Verbindungen zwischen strategischen Vorhaben, Fördermaßnahmen und Umsetzungsschritten deutlich machen.
Laut "Wirtschaftsradar" hat lediglich jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) eine Förderung
für ein Forschungsvorhaben in Anspruch genommen - vier von fünf Unternehmen eben nicht (78 Prozent).
Hauptgrund für den geringen Grad: 43 Prozent bezeichnen den Aufwand für eine Antragsstellung als "zu
hoch".
"Für mich ist daher ganz klar, dass wir das Service für Unternehmen verbessern werden", sagt
Niessl: "Es muss unkomplizierter und verständlicher werden, und es soll möglich machen, Fördergelder
und -programme weitestgehend auszuschöpfen."
Filzmaier: Große Akzeptanz bei Förderung von F&E
Das "Wirtschaftsradar Burgenland" zeige, dass Unternehmer und Privatangestellte im ersten Halbjahr 2014
mit ihrer wirtschaftlichen Situation mehrheitlich zufrieden waren, erläutert Universitätsprofessor Peter
Filzmaier, der die Studie wissenschaftlich geleitet hat. Trotz guter Wirtschaftsdaten gebe es aber auch einige
Skepsis. Die wirtschaftliche Lage und der Arbeitsmarkt werden kritischer als in anderen Bundesländern gesehen,
man fühlt sich diesen gegenüber auch bundespolitisch benachteiligt.
"Speziell Wirtschaftstreibende meinen vermehrt, dass das Burgenland wirtschaftlich in einer ungünstigen
Position ist", sagt Filzmaier. Unter Privatangestellten ist diese Einschätzung weniger stark ausgeprägt,
hier dominieren Arbeitsplatzsorgen. "Jeweils rund 60 Prozent der Unternehmer und der Privatangestellten sind
zudem der Meinung, dass die Beschäftigungsmöglichkeiten im restlichen Österreich besser sind als
im Burgenland."
Während rund zwei Drittel der Unternehmer angeben, in Innovationen und Weiterbildung zu investieren, betreibt
nur rund ein Viertel Forschung und Entwicklung im engeren Sinn. Größte Hindernisse sind "fehlende
Zeit", zu kompliziert empfundene Förderungen und zu hohe Kosten. "F&E im Burgenland ist aus
Sicht der Unternehmer am besten mit finanziellen Anreizen zu fördern", erläutert Filzmaier. Erfolgversprechend
erscheinen auch verstärkte Ausbildungsangebote.
F&E mit öffentlichen Mitteln zu fördern, treffe auch auf große Akzeptanz unter den Privatangestellten:
"Vier von fünf Befragten sprechen sich für entsprechende Maßnahmen aus, rund 60 Prozent sehen
dabei auch das Land in der Pflicht." Inhaltlich seien die Privatangestellten jedoch gespalten: Je rund 50
Prozent befürworten eine thematisch offene bzw. eine möglichst auf konkrete Resultate ausgerichtete Forschung.
"So gesehen sollten beide Zugänge in einer künftigen Forschungsstrategie für das Burgenland
Platz finden", stellt Filzmaier fest.
Pehm: FH Burgenland als Plattform für Wirtschaftsfragen
Die FH Burgenland verstehe sich seit jeher als offene Plattform für Wirtschaftsfragen, unterstreicht der Geschäftsführer,
Georg Pehm: "Wo, wenn nicht hier, sollen Köpfe rauchen können, Konzepte und Politiken diskutiert
und ein Beitrag für eine zukunftsweisende Wirtschaft entwickelt werden? Die Hochschule ist und will Begegnungsort
für Wissenschaftler, Forscher, Wirtschaftstreibende, Experten und Studierende sein." Dies entspreche
auch dem Leitsatz 'Besonderes zusammen bringen", sagt Pehm. Es sei daher für die FH "keine Frage"
gewesen, sich am Projekt "Wirtschaftsradar" engagiert zu beteiligen.
Die Ergebnisse des Projekts sollen auch in die Lehre einfließen: "Unsere Studierenden werden so mit
den neuesten Erkenntnissen versorgt und über den aktuellen Stand im Burgenland informiert. Sie wissen damit
aus erster Hand, was die heimischen Unternehmen und die Arbeitnehmer denken, hoffen und fordern. Dies stellt sicher,
dass unsere Absolventen über eine sehr realistische Sicht auf die regionale Wirtschaft verfügen und dieses
Wissen im Berufsleben auch gut einsetzen können", erklärt der Geschäftsführer.
Wie der Schwerpunkt "Forschung" im Rahmen der Studie zeige, müsse dem Thema F&E noch mehr Augenmerk
geschenkt werden, ist Pehm überzeugt. Die FH selbst habe in den letzten neun Jahren mehr als 170 Projekte
mit einem Volumen von rund 7,0 Mio. Euro abgewickelt. Aktuell laufen an die 40 Projekte mit einem Volumen von rund
5,0 Mio. Euro an der FH und in der Tochtergesellschaft Forschung Burgenland. "Es könnte jedoch noch mehr
Innovation geschehen, wenn wir auch vom Bund unterstützt würden", sagt Pehm. Während das Land
Burgenland zusätzliche Gelder für Forschung bereitstelle und große Anstrengungen in den Ausbau
von Forschungseinrichtungen setze, stoßen die Fachhochschulen bei der Bundesregierung in dieser Frage auf
taube Ohren, kritisiert Pehm: "Wir fordern eine Basis-förderung für Forschungsleistungen, wie das
für die Universitäten seit langem der Fall ist."
Kast: Studienergebnisse werden in neue Wirtschaftsförderrichtlinien einfließen
Die WiBAG sehe es als ihre Aufgabe, die Studienerkenntnisse in ihre neuen Wirtschafts-förderrichtlinien einfließen
zu lassen. "Die Ergebnisse der Studie zeigen uns, dass wir die neuen Förderrichtlinien sowohl für
KMU, als auch für den Bereich Haftungen noch attraktiver gestalten müssen, um noch bessere Rahmenbedingungen
für den Wirtschaftsstandort zu schaffen", sagt Vorstandsdirektor Franz Kast. Einen weiteren wichtigen
Schwerpunkt bilde die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern und Unternehmern. "Innovation, Forschung und
Entwicklung ist mehr denn je der Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg und wird daher auch weiterhin forciert
werden", sagt Kast. Die neuen Förderrichtlinien sollen noch im Herbst 2014 veröffentlicht werden.
Die Wachstumsmotoren Innovation, Forschung und Entwicklung seien für burgenländische Unternehmen von
enormer Bedeutung, um auch international wettbewerbsfähig zu bleiben und darüber hinaus den Wirtschaftsstandort
Burgenland noch attraktiver zu machen. Daher unterstütze die WiBAG vor allem seit dem Start der "Innovationsoffensive
Burgenland 2020" burgenländische Unternehmen dabei, Ideen umzusetzen und Produkte zu entwickeln. Der
WiBAG steht dafür eine breite Palette an Möglichkeiten zur Verfügung: attraktive Förderungen,
maßgeschneiderte Beratungen und Know-How beim Aufbau von Kooperationen und Netzwerken. "Die Innovationsoffensive
‚Gute Idee, Burgenland' wurde von den Unternehmen sehr gut angenommen. Insgesamt wurden über 100 Betriebe
u. a. mit Förderungen und Beratungen unterstützt. Die Innovationsmanager haben mehr als 300 Betriebe
besucht und beraten, über 100 Betriebe konnten ihre Innovationskompetenzen in Informationsveranstaltungen
und Workshops erweitern", erläutert Kast.
Die Studie zeige auch, dass im Hinblick auf die Wirtschaftskraft des Burgenlandes noch Potenzial vorhanden ist,
meint Kast: "Das wollen wir natürlich ausschöpfen, indem wir alles daran setzen, die Unternehmen
bestmöglich zu unterstützten und den Wirtschaftsstandort an sich weiter zu stärken. Einerseits wollen
wir dies mit den neuen Fördermöglichkeiten und andererseits mit optimalen Rahmenbedingungen für
Betriebsansiedlungen und Betriebserweiterungen erreichen."
Facts zum Projekt "Wirtschaftsradar Burgenland"
Für die Studie zum Governance-Projekt "Wirtschaftsradar Burgenland" sind im Frühjahr
2014 insgesamt 305 Unternehmer und 905 Privatangestellte im Burgenland online bzw. per Telefon befragt worden.
Das Online-Panel der Unternehmer wurde vorab telefonisch rekrutiert.
Das "Wirtschaftsradar Burgenland" soll in regelmäßigen Abständen fortgesetzt werden.
Mit insgesamt über 1.200 befragten Personen als unmittelbarer Vergleich der öffentlichen Meinung von
sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern handelt es sich um die aktuell größte Langzeitstudie in Österreich.
Ziel der Projektkooperation zwischen der FH Burgenland und der WiBAG ist es, burgenländische Unternehmen aus
allen Branchen sowie im Vergleich dazu Privatangestellte in regelmäßigen Abständen zu Ihren subjektiven
Einschätzungen wirtschaftlicher bzw. wirtschaftspolitischer Themen zu befragen.
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