Ergebnisse des Berichts über die öffentlichen Finanzen 2013) Konsolidierungskurs
und temporäre Effekte drückten 2013 das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit
Wien (fiskalrat) - Trotz unerwartet schwacher Konjunktur wurde im Berichtsjahr 2013 der festgelegte mittelfristige
Konsolidierungspfad Österreichs, der bis zum Jahr 2016 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt des Staates
vorsieht, übertroffen: Das gesamtstaatliche Budgetdefizit 2013 betrug nach vorläufigem Endergebnis vom
März 2014 nur 1,5% des BIP anstatt 2,3% des BIP. Eine Tendenz zur merklichen Überschätzung des Maastricht-Defizits
bei der Planung und ein strikter Budgetvollzug waren auch in den vorangegangenen Jahren zu verzeichnen
Während temporäre Effekte im Jahr 2012 das Maastricht-Defizit per saldo um 2,4 Mrd Euro (Bankenpaket
und Vorwegbesteuerung der Pensionskassen) erhöhten, reduzierten temporäre Effekte im Jahr 2013 das Defizit
um 0,8 Mrd Euro (geringere Nettozahlungen beim Bankenpaket, Versteigerungserlöse der Mobilfunklizenzen und
Steuerabkommen mit der Schweiz). Insgesamt verminderten diese einmaligen Ereignisse das Maastricht-Defizit im Jahr
2013 um 3,2 Mrd Euro oder 1,0% des BIP im Vorjahresvergleich. Dies entsprach beinahe dem Gesamtrückgang des
Maastricht-Defizits im Berichtsjahr 2013 gegenüber 2012 mit 3,1 Mrd Euro oder 1,0% des BIP.
Kein budgetpolitischer Spielraum
Mitte 2014 wurde zwar die Einstellung des "Übermäßigen Defizit-Verfahrens" gegen
Österreich erreicht, ein budgetpolitischer Spielraum für eine generelle Steuerentlastung ohne Gegenfinanzierung
kann aber aus dem bisherigen Ergebnis und dem geplanten zukünftigen Konsolidierungspfad nicht abgeleitet werden.
Dies obwohl das historisch niedrige Marktzinsniveau - in Kombination mit der risikoaversen Ausrichtung des Debt-Managements
des Bundes - den mittelfristigen Konsolidierungskurs unterstützt. Der Rat der Europäischen Union stellte
Mitte 2014 fest, dass Österreich zwar sein übermäßiges Defizit nachhaltig korrigierte, aber
- auf Basis des aktuellen Konsolidierungspfades (einschließlich vorgesehener Ergänzungen im Budgetvollzug)
- die Gefahr einer "erheblichen Abweichung" vom strukturellen Anpassungspfad in den Jahren 2014 und 2015
in Richtung "Medium Term Objective" besteht. In diesem Fall müsste Österreich mit Frühwarnmechanismen
der EU und mit einer stärkeren Beobachtung der Finanzmärkte rechnen.
Die prozentuale Ausgabenerhöhung (nach ESVG-Gruppen) war im Jahr 2013 nach den Vorleistungen (+4,0% oder +0,5
Mrd Euro) bei den Sozialleistungen am stärksten. Die monetären Sozialleistungen nahmen um 3,9% (+2,3
Mrd Euro) zu, wobei diese Zuwachsrate auf die Ausgaben für Alterspensionen (+4,0%, +1,6 Mrd Euro) und Arbeitslosenleistungen
(+12,7%, +0,5 Mrd Euro) zurückzuführen waren. Die Strukturreformen im Bereich der Pensionen und moderate
Pensionsanpassungen haben die Dynamik der Ausgaben für Pensionen gebremst, die Ausgabensteigerung war trotzdem
noch deutlich höher als in den anderen Kategorien und dürfte zum Teil Vorzieheffekte aufgrund des Auslaufens
der Langzeitversichertenregelung ab 2014 beinhalten.2)
Die primäre Herausforderung für die öffentlichen Finanzen besteht darin, wachstumsfördernde
Ausgaben für Bildung, Forschung, Innovation und materielle Infrastruktur zu forcieren und die Kostendynamik
durch die Bevölkerungsalterung - insbesondere der Renten-, Pflege- und Gesundheitssysteme - einzudämmen.
Die Gesamtausgaben aller öffentlichen Haushalte in Österreich erreichten im Jahr 2013 ein Volumen von
160 Mrd Euro und lagen damit um 1,9 Mrd Euro oder 1,2% über dem Ausgabenvolumen des Jahres 2012. Dieser sehr
moderate Anstieg war insbesondere das Ergebnis der im ESVG als ausgabenmindernd verbuchten Erlöse aus der
Versteigerung von Mobilfunklizenzen in der Höhe von 2,0 Mrd Euro. Ohne diesen Sondereffekt betrug der Ausgabenanstieg
im Berichtsjahr 2013 2,5%.
Alle Subsektoren auf Konsolidierungspfad
Die Fiskalposition der Gebietskörperschaften verbesserte sich im Jahr 2013 auf allen Ebenen: Das Budgetdefizit
der Bundesebene ging 2013 im Vorjahresvergleich um 1,0 Prozentpunkte auf 1,6% des BIP zurück, jenes der Landesebene
(ohne Wien) halbierte sich und erreichte (rundungsbedingt abermals) 0,1% des BIP. Die Gemeindeebene wies 2013 -
wie bereits im Vorjahr - einen ausgeglichenen Haushalt auf. Die Sozialversicherungsträger verzeichneten 2013
erneut einen geringfügigen Budgetüberschuss von 0,1% des BIP.
Während auf Bundesebene einmalige Sondereffekte, insbesondere die Erlöse aus dem Verkauf der Mobilfunklizenzen
(0,6% des BIP) und die Abgeltungssteuer Schweiz (0,2% des BIP), wesentlich zur Verbesserung des Budgetsaldos beitrugen,
kamen auf Landesebene v. a. intergovernmentale Mehreinnahmen (in Nettobetrachtung) in Höhe von 0,2% des BIP
zum Tragen (u. a. erhöhte Bundesmittel aus dem Katastrophenfonds). Der Konsolidierungserfolg im Bundesländervergleich
(Verbesserung des Finanzierungssaldos) fiel gemessen an der Einwohnerzahl im Jahr 2013 in der Steiermark (209 Euro
pro Kopf), gefolgt von Oberösterreich (63 Euro pro Kopf) und Kärnten (27 Euro pro Kopf) am deutlichsten
aus. Die höchsten Budgetdefizite pro Kopf verzeichneten im Berichtsjahr Salzburg (144 Euro), Niederösterreich
(116 Euro) und die Steiermark (103 Euro). Auch Wien (als Land und Gemeinde) zählte mit einem Budgetdefizit
von 129 Euro pro Kopf zu jenen Gebietskörperschaften mit hohen Ausgabenüberhängen.
Gesamtstaatliche Verschuldungsquote 2013 angesichts Rückzahlungen von Partizipationskapital kaum gestiegen
Die öffentliche Verschuldung Österreichs im Sinne von Maastricht erreichte Ende 2013 die Höhe
von 233,3 Mrd Euro oder 74,5% des BIP (Ende 2012: 228,4 Mrd Euro oder 74,4% des BIP). Der Zuwachs der Staatsschuld
Österreichs war im Berichtsjahr 2013 auf die Bundes- (+6,0 Mrd Euro) und auf die Gemeindeebene (+0,3 Mrd Euro),
und hier insbesondere auf Wien, zurückzuführen. Der Anstieg der Bruttoverschuldung laut Maastricht durch
das Bankenpaket (Bundesebene) fiel im Jahr 2013 v. a. infolge der Rückführung von Partizipationskapital
(Erste Group Bank AG und die BAWAG P.S.K. AG: 1,4 Mrd Euro) mit netto 0,6 Mrd Euro vergleichsweise niedrig aus.
Ende 2013 beliefen sich die über die gesamte bisherige Laufzeit kumulierten Maastricht-Defiziteffekte des
Bankenpakets auf 6,2 Mrd Euro, die Bruttoverschuldung Österreichs erhöhte sich um 9,3 Mrd Euro.
Österreichs Fiskalposition im internationalen Vergleich gut und Abgabenquote
hoch Rege Staatseinnahmen im Jahr 2013 infolge von Steuererhöhungen und Sondereinnahmen (v. a. Abgeltungsvereinbarung
mit der Schweiz: 0,7 Mrd Euro) von 3,4% im Jahresabstand bei einem nominellen Wirtschaftswachstum von 2,0% im Jahr
2013 bedingten eine weitere Erhöhung der Abgabenquote. Österreich zählt mittlerweile mit einer Abgabenquote
von 45,3% (Europäische Kommission) zu den fünf Ländern des Euroraums mit den höchsten Abgabenquoten
von 44,1% bis 48,7% des BIP (Belgien, Frankreich, Finnland, Österreich, Italien). Ein Vergleich der Niveaus
der Abgabenquoten ist jedoch nur bedingt möglich, da sich die EU-Mitgliedstaaten u. a. in der Ausgestaltung
ihrer Versorgungssysteme unterscheiden.
Die Defizitkenngrößen "Maastricht-Defizit" und "strukturelles Defizit" fielen
im Jahr 2013 in Österreich mit 1,5% des BIP bzw. 1,1% (Frühjahrsprognose 2014 der Europäischen Kommission)
niedriger als in den meisten anderen EU-Ländern aus. Im Euro-18-Aggregat lag das strukturelle Defizit im Jahr
2013 bei durchschnittlich 1,3% des BIP (EU-Länder: 1,8 % des BIP). Strukturelle Budgetüberschüsse
waren im Jahr 2013 in fünf EU-Ländern (Deutschland, Griechenland, Luxemburg, Dänemark und Schweden)
zu verzeichnen.
Zum Ende des Berichtsjahres 2013 lagen nur fünf Länder des Euroraums unter der Verschuldungsobergrenze
von 60% des BIP. Dazu zählten Estland (10,0% des BIP), Luxemburg (23,1% des BIP), Lettland (38,1% des BIP),
die Slowakei (55,4% des BIP) und Finnland (57,0% des BIP). Im Durchschnitt der Euro-Länder wurde Ende 2013
der Referenzwert um 35,0 Prozentpunkte überschritten. Österreichs Verschuldungsquote lag Ende 2013 um
14,5 Prozentpunkte über der Obergrenze.
Rechtlicher Rahmen des Fiskalrates
Per 1. November 2013 wurde der Staatsschuldenausschuss durch das Bundesgesetz über die Errichtung des
Fiskalrates (BGBl. I Nr. 149/2013) in den "Fiskalrat" umgewandelt. Damit wurde dem Ausschuss - zusätzlich
zu seinen bisherigen Aufgaben - die Überwachung der Einhaltung der Fiskalregeln übertragen (u. a. EU
VO Nr. 473/2013; "Twopack"). Hintergrund ist die seit November 2013 in allen Ländern des Euroraums
bestehende Verpflichtung, unabhängige Gremien auf nationaler Ebene zur Intensivierung der Haushaltüberwachung
einzurichten. Ein erster "Bericht über die Einhaltung der Fiskalregeln 2013 bis 2018" wurde im Mai
2014 der Öffentlichkeit vorgestellt. Der vorliegende Bericht über die öffentlichen Finanzen 2013
trägt dem gesetzlichen Auftrag gemäß § 1 Abs. 1 Z 5 Rechnung und analysiert ausführlich
die Fiskalposition Österreichs im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Kern des Aufgabengebiets
des Fiskalrates sind ökonomische Analysen zu Fragen der Staatsverschuldung und Einschätzung der finanzpolitischen
Lage aller öffentlichen Haushalte in Österreich.
1) Die Daten beziehen sich auf den Stand von März 2014
2) In Abschnitt 4.6 des Berichts werden die zukünftigen Entwicklungen der
Bundesmittel zu den Pensionen und der Gesundheitsausgaben beleuchtet.
|