Finanzgesetze mit Stimmenmehrheit beschlossen
Wien (pk) Der Nationalrat verabschiedete am 08.07. mit den Stimmen der Regierungsparteien Anpassungen im
Bankwesengesetz und anderen finanzpolitischen Geset zen, die die rechtliche Basis für das Zusammenwirken von
FMA, OeNB und EZB im Rahmen der künftigen europäischen Bankenaufsicht legen. Im Wesentlichen geht es
dabei auch um die Übertragung von Aufgaben der heimischen Bankenaufsicht auf die Europäische Zentralbank.
Eine Mehrheit von SPÖ, ÖVP und Grünen sprach sich weiters für Änderungen im Pensionskassengesetz,
im Alternativen Investmentfonds Manager-Gesetz und anderen Gesetzen aus, deren Ziel es ist, privaten Investoren
Zugang zu Alternativen Fonds zu eröffnen. Nicht durchsetzen konnten sich die Grünen allerdings mit einem
Entschließungsantrag, der die Forderung nach einem Crowdfunding-Gesetz zur Ermöglichung alternativer
Finanzierungsformen mit direkter BürgerInnenbeteiligung unter Berücksichtigung des Anlegerschutzes enthält.
Mit der Neuregelung der Bankenaufsicht ziehe man die richtigen Schlüsse aus der Wirtschaftskrise, gab sich
ÖVP-Finanzsprecher Andreas Zakostelsky überzeugt, der die Änderungen des Bankwesengesetzes auch
unter dem Aspekt der Stärkung des Finanz- und Wirtschaftsstandorts begrüßte. Jakob Auer von der
Volkspartei erwartete sich nun eine Rückkehr des Vertrauens in die Märkte, machte aber auf die den Banken
durch die zahlreichen Prüfungen entstehenden zusätzlichen Kosten aufmerksam.
Unterstützt wurde die Umsetzung der europäischen Bankenaufsicht auch durch die SPÖ Abgeordneten
Christoph Matznetter und Franz Kirchgatterer, wobei sich der SPÖ-Wirtschaftssprecher aber ein Interpellationsrecht
des Parlaments gegenüber der FMA gewünscht hätte. Ihr Fraktionskollege Harald Troch interpretierte
das Gesetz als Trendwende und sah darin ein Ende des "Too big to fail"-Grundsatzes sowie eine Garantie
dafür, dass in Zukunft SteuerzahlerInnen nicht mehr zur Bankenrettung herangezogen werden.
Das Fehlen von Frage- und Informationsrechten der österreichischen Abgeordneten war letztlich ausschlaggebend
für die Ablehnung der Änderung des Bankwesengesetzes durch die Grünen. Das Europäische Parlament
habe eine Reihe von Rechten, über die man bei der Umsetzung der Materie in Österreich nicht einmal im
Ansatz diskutiert hatte, beanstandete Bruno Rossmann.
Beim Alternativen Investmentfonds Manager-Gesetz gehe es nicht um den Schutz der Anleger, sondern um den Schutz
der Banken vor unliebsamen Kunden, lautete der Einwand des FPÖ-Mandatars Hubert Fuchs, der von einer Entmündigung
der Privatinvestoren sprach. Er kritisierte dabei ebenso wie Katrin Nachbaur (T) restriktive und komplizierte gesetzliche
Voraussetzungen für qualifizierte Privatanleger. Was es brauche, sei eine Regelung für Crowdfunding,
die es erlaubt, ohne Beschränkungen und ohne Prospektpflicht Geld einzusammeln, unterstrich die Klubchefin
des Teams Stronach. Einer Meinung war sie dabei mit Grün-Abgeordnetem Matthias Köchl, der einen gesetzlichen
Rahmen für unbürokratisches Crowdfunding forderte, mit einer diesbezüglichen Initiative aber in
der Minderheit blieb.
Die Bestimmungen über die Alternativen Investmentfonds seien zwar eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen
Zustand, gehen aber nicht weit genug, meinte auch Nikolaus Alm von den NEOS. Er bemängelte die Regelungen
für die Fonds als immer noch zu restriktiv und befürchtete Kapitalabwanderung aus Österreich. Faktum
war für Alm, dass heimische Fonds nach wie vor keine internationalen institutionellen Investoren ansprechen
werden können.
Nachschärfungen im Finanzstrafrecht bei Selbstanzeigen, höherer Ökostrom-Freibetrag bei Selbstverbrauch,
internationale Finanzabkommen
Mehrheitlich beschloss das Plenum überdies eine Finanzstrafgesetznovelle, die auf Nachschärfungen bei
Selbstanzeigen von SteuersünderInnen hinausläuft. Während bisher erstmalige Selbstanzeigen straffrei
waren und erst im Wiederholungsfall zu einer Abgabenerhöhung von 25 % führten, soll in Zukunft bereits
die erste Selbstanzeige einen Abgabenzuschlag von 5 % zur Folge haben. Bei Beträgen über 33.000 € soll
der Zuschlag 15 %, über 100.000 € 20 % und bei über 250.000 € 30 % betragen. Ein Abänderungsantrag
der FPÖ zu verschuldungsabhängigen Strafbemessung blieb aber in der Minderheit.
Ebenfalls die Stimmenmehrheit im Nationalrat erhielt eine Änderung im Elektrizitätsabgabengesetz, durch
die für Ökostrom-Selbstverbraucher ein Freibetrag von 25.000 kWh pro Jahr eingeführt wird. Auch
hierzu brachten die Freiheitlichen einen Abänderungsantrag ein, der auf eine gänzliche Streichung der
Verbrauchsobergrenze bei Selbstversorgung mit erneuerbaren Energieträgern abzielte. Der Vorstoß, von
den Grünen deutlich unterstützt, wurde jedoch von der Mehrheit im Plenum abgelehnt.
Einstimmigkeit erzielte der Nationalrat hingegen über eine Änderung des Übereinkommens betreffend
die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen sowie über ein Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels
mit Tabakerzeugnissen. Ein Abkommen mit der Vogtei Guernsey über den Informationsaustausch in Steuersachen
schließlich wurde mehrheitlich genehmigt. Die Grünen nutzten die Debatte einmal mehr, im Sinne der Steuergerechtigkeit
für vermögensbezogene Steuern aufzutreten. Ihr diesbezüglicher Entschließungsantrag fand aber
nur Zustimmung bei einer Minderheit der Abgeordneten.
Die Debatte, die über alle Punkte unter einem geführt wurde, konzentrierte sich zunächst auf die
Novelle des Finanzstrafgesetzes. Grundsätzlich begrüßten alle Fraktionen, dass nunmehr weitere
Schritte im Kampf gegen Steuerbetrug gesetzt werden. ÖVP und FPÖ warnten allerdings vor überschießenden
Strafen für kleine Vergehen oder Versäumnisse bei Steuererklärungen, den Grünen gehen die neuen
Strafbestimmungen wiederum nicht weit genug.
Dass Selbstanzeigen bei grobem Steuerbetrug nicht mehr straffrei bleiben, sorge zum einen für mehr Steuergerechtigkeit,
so Finanzstaatsekretärin Sonja Steßl. Zum anderen würden damit steuerehrliche Unternehmen unterstützt
und folglich Wettbewerbsverzerrungen verhindert. Dabei gehe aber keineswegs darum, betonte die Staatssekretärin,
Personen wegen kleiner Steuervergehen oder unabsichtlicher Fehler zu kriminalisieren. Vielmehr stärke die
Gesetzesänderung den Kampf gegen weitreichenden Steuerbetrug. Die SPÖ-Abgeordneten Hubert Kuzdas und
Sabine Oberhauser pflichteten Steßl vollinhaltlich bei, denn mindere Steuerversehen behandle der Staat auch
in Zukunft mit Nachsicht, versicherten sie. Beide nahmen die Steuerdebatte überdies zum Anlass, für eine
Senkung der Einkommenssteuer sowie der Lohnnebenkosten einzutreten. Oberhauser bewarb vor allem die Initiative
des Gewerkschaftsbunds für weniger Lohnsteuer. Nicht nur die ArbeitnehmerInnen profitieren in ihren Augen
davon, sondern auch die Wirtschaft, weil dadurch mehr Kaufkraft in der Bevölkerung entstehe.
Unzureichend seien die neuen Bestimmungen im Finanzstrafrecht, monierte dagegen Bruno Rossmann (G). Lediglich Selbstanzeigen
in Verbindung mit Betriebsprüfungen würden nämlich bestraft. Tatsächliche Steuergerechtigkeit
lasse sich überhaupt nur mit Vermögens- und Erbschaftssteuern herbeiführen, ist der Grünen-Budgetsprecher
überzeugt. Als Anstoß dazu legte er einen Antrag auf Erhebung der aktuellen Vermögenssituation
privater Haushalte in Österreich vor, die sich aus Steuerregisterdaten speisen sollte.
Nicht zu wenig scharf, sondern einfach zu ungenau findet demgegenüber Hubert Fuchs (F) die Strafregelungen
für SteuerselbstanzeigerInnen. Konkret beanstandete er, die Verschuldensfrage werde im Gesetz zu wenig berücksichtigt,
vielmehr seien darin vorsätzlicher und fahrlässiger Steuerbetrug in Hinblick auf die Strafbemessung gleichgestellt.
Angesichts der Komplexität des österreichischen Steuerrechts gelte es daher, die Absicht beim Steuerbetrug
als Strafgrund herauszustreichen, hielt er in einem Abänderungsantrag fest. Ansonsten bestehe die Gefahr,
dass die Zahl an Selbstanzeigen in Zukunft sinkt.
Differenziert bewertete auch ÖVP-Mandatarin Gabriele Tamandl die Verschärfungen im Finanzstrafrecht.
Obwohl sie sich dezidiert zum Kampf gegen Steuerbetrug bekannte, wollte sie doch nicht UnternehmerInnen, die vor
Betriebsprüfungen bei übersehenen Bilanzierungsfehlern zur Selbstanzeige schreiten, gleich als Kriminelle
eingestuft wissen. Sie rief zu vermehrter Aufklärung darüber auf, dass Selbstanzeigen bei Nachzahlungen
von Umsatzsteuer nicht unbedingt notwendig sind, wie sie hervorstrich. Unbedingt müssten geringfügige
Fehler bei der Steuerleistung außer Strafe gestellt werden, verstärkte ihr Parteikollege Werner Groiß
diese Haltung. Man dürfe bei der Bestrafung von vermeintlichen SteuerhinterzieherInnen nicht das Augenmaß
verlieren, warnte er, ansonsten könnten beispielsweise auch Falschberechnungen im Zusammenhang mit dem Alleinverdienerabsetzbetrag
oder dem Energieverbrauch zu hohen Strafen führen.
Nutzung erneuerbarer Energie soll steuerlich attraktiver werden
Durch die Erwähnung der steuerrechtlichen Dimension bei der Energienutzung schlug Abgeordneter Groiß
den Bogen zur mitverhandelten Novelle des Elektrizitätsabgabegesetzes. Wie er hielt auch Hermann Schultes
(V) die Steuererleichterung beim Verbrauch von Strom aus nachhaltiger Erzeugung wie Photovoltaik, Wind- oder Wasserkraft
für eine sinnvolle Maßnahme. Besonders die Landwirtschaft zeichne sich in Sachen Energieeffizienz aus,
führte Schultes ins Treffen und sah darin den besten Weg zur Energiewende.
Allgemein werde die Bevölkerung von den Steuererleichterungen bei der Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern
profitieren, unterstrich Staatsekretärin Steßl. Erst ein Verbrauch ab 25.000 kWh werde mit Abgaben belegt.
Daran stieß sich jedoch Roman Haider (F), der mit einem Abänderungsantrag für die generelle Streichung
der jährlichen Obergrenze bei der Selbstversorgung mit erneuerbarer Energie eintrat. Mit der vorliegenden
Novelle, konstatierte der Freiheitliche, konterkariere die Regierung ihren Vorsatz, den Ausbau nachhaltiger Energieformen
voranzutreiben. Dieser Sichtweise pflichteten die UmweltsprecherInnen Christiane Brunner (G) und Michael Pock (N)
bei, wiewohl der NEOS-Mandatar die Zustimmung seiner Fraktion zum Regierungsvorschlag für die Novelle erklärte.
Immerhin ergebe sich dadurch eine gewisse Verbesserung beim Forcieren erneuerbarer Energieträger. Ungeachtet
dessen forderte Pock einen Bürokratieabbau bei der Versteuerung alternativer Energie, nicht zuletzt im Rahmen
des Ökostromgesetzes.
|