Wien (oesterreichwein) - Seit vielen Jahren stellt die Nachhaltigkeit auch in der Landwirtschaft ein wichtiges
Thema dar – zunehmend auch im Weinbau. Nun stellt der Österreichische Weinbauverband nach mehrjähriger
Vorarbeit der heimischen Weinbranche ein Online-Tool zur Verfügung das von Winzern vorerst zur Eigenbewertung
herangezogen werden kann. Im Winter 2014/2015 wird damit auch eine Zertifizierung möglich sein. Beim Bundesweinbautag
am 24. Juni wurde das Online-Tool erstmals präsentiert.
Nachhaltigkeit als Notwendigkeit im heimischen Weinbau
Der Weinbau ist aufgrund der eingesetzten Pflanzenschutzmittel und Dünger sowie aufgrund des Energie-
und Wasseraufwandes sowie Transportes eine sehr intensive Form der Landwirtschaft. Zudem reagiert der Weinbau sensibel
auf veränderte Wetterverhältnisse, wie lange Dürre- oder Regenperioden, die durch den Klimawandel
verstärkt werden. Daraus stellen sich Fragen wie „Wie kann sich der Weinbau an veränderte Klimabedingungen
anpassen? oder „Wie sieht nachhaltiger Weinbau aus, der sowohl ökologischen als auch sozial und ökonomischen
qualitativ-hochwertigen Wein produziert? Welche Maßnahmen sind dafür notwendig?“.
Online-Tool zur Nachhaltigkeits-Selbstbestimmung
Als Antwort darauf und aufbauend auf vorangegangene Klima-Projekte initiierte der Österreichische Weinbauverband
die Entwicklung eines Zertifizierungssystems für nachhaltig produzierten Wein, welches WinzerInnen eigenständig
anwenden können. „Das Nachhaltigkeitsprojekt ist kein Marketinggag“, verdeutlicht Weinbaupräsident Johannes
Schmuckenschlager die Bedeutung der Initiative. „Es ist wichtig, das Thema bei den Konsumenten im Kopf jetzt positiv
zu besetzen, bevor es von außen an die Branche herangetragen werde.“ „Andere Länder sind beim Thema
Nachhaltigkeit bereits seit Jahren aktiv“, erklärt Josef Glatt, Geschäftsführer des Österreichischen
Weinbauverbandes. „Österreich ist durch seine Aktivitäten, etwa in Sachen Boden- und Pflanzenschutz,
prädestiniert, sich dem Thema Nachhaltigkeit aktiv zu nähern.“
Gemeinsam mit Fachexperten und in mehreren Stufen wurden in unterschiedlichen Prozessen (Traubenproduktion,
Weinerzeugung, Weingartenanlage, Soziales und Ökonomie) Qualitätsziele definiert und Maßnahmen
zur nachhaltigen Umsetzung erarbeitet. Das Ergebnis der langjährigen Entwicklung wurde am Bundesweinbautag
am 24. Juni erstmals präsentiert.
Eigenverantwortung als Basis für die Zertifizierung
In dem für alle online verfügbaren Programm erhalten WinzerInnen nach Eingabe ihrer betrieblichen
Kennzahlen eine Auswertung ihrer Nachhaltigkeit in Form eines Diagramms (Siehe Abbildung 1). Die Eingaben in den
je nach Betrieb vorhandenen Bereichen (Traubenproduktion, Weinproduktion, Weingartenanlage) werden automatisch
nach einem bestimmten Schlüssel bewertet. Das heißt, dass Maßnahmen die nur einen geringen Beitrag
zur Nachhaltigkeit haben, eine geringere Wertigkeit bekommen, während etwa die Umstellung beim Flaschenglas
auf Leichtglas einen großen Schritt bedeutet. Sind alle Punkte ausgefüllt, wird das Ergebnis in Form
eines Diagramms ausgegeben Der schwarze Punkt markiert den aktuellen Wert in dieser Kategorie. Je weiter außen
der Punkt liegt, desto nachhaltiger wird in diesem Bereich gewirtschaftet. Der rote Bereich zeigt deutliches Verbesserungspotenzial
an, der grüne Bereich überdurchschnittliche Nachhaltigkeit. Das System wirft somit keine konkreten Zahlen
aus, sondern einen Relativbezug. Damit ist für WinzerInnen ersichtlich, wie weit sie von einem optimal wirtschaftenden
Betrieb entfernt sind und welche Verbesserungen mit diversen Maßnahmen erreicht werden können. Für
die Bewertung dieser Maßnahmen in Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit werden laufend folgende Kriterien herangezogen:
- Klimaneutralität
- Wassernutzung
- Energieeinsatz
- Betriebsmitteleinsatz
- Bodenfruchtbarkeit
- Biodiversität
- Hoher Qualitätsanspruch
Die ersten Zertifizierungen können ab Winter 2014/2015 vorgenommen werden.
„Bio ist positiv, aber alleine zu wenig“ kommentiert Willi Klinger, Geschäftsführer der Österreich
Wein Marketing. „Das neue Nachhaltigkeitsprojekt passt bestens zur Positionierung Österreichs als ursprüngliches
Urlaubsland mit reiner Natur. Um mit Nachhaltigkeit argumentieren zu können, muss es langfristig einen hohen
Beteiligungsgrad am Projekt geben.“
Das Projektteam
- Österreichische Weinbauverband:
Dir. Dipl.-Ing. Josef Glatt (Projektträger)
- Universität für Bodenkultur Institut für Marketing und Innovation:
Prof. Dr. Siegfried Pöchtrager, Dipl.-Ing. Stefan Großauer
- HBLA und BA für Wein- und Obstbau (Lehr- und Forschungszentrum = LFZ):Dir.
Dipl.-Ing. Karl Vogl, Mag. Ing. Franz G. Rosner (ab Herbst 2011)
- SERI Nachhaltigkeitsforschungs und -kommunikations GmbH: Eva Burger (bis Frühjahr
2012)
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