Erklärung des Kärntner Landeshauptmanns im Bundesrat
Wien (pk) - "Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa"
– unter diesen Titel stellte der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser am 24.07. seine Rede im Bundesrat anlässlich
der Übernahme des Vorsitzes des südlichsten Bundeslandes im Bundesrat sowie in der Landeshauptleutekonferenz.
Kaiser nützte seine Rede dazu, eindringlich zu mehr Gemeinsamkeit auf allen politischen Ebenen aufzurufen.
Stärke der Länder heißt nicht politische Macht, sondern Weiterentwicklung zum Nutzen der Menschen
Unter "Stärke der Länder" verstehe er nicht politische Macht, unterstrich Kaiser. Die Stärke
der Länder und Regionen liege darin, dass sie den Menschen näher seien und auch entsprechend reagieren
könnten. Diese Nähe sei ein großer Vorteil, die damit verbundene Sensibilität könne sich
aber auch in das Gegenteil verkehren, warnte er, indem man leichter einem Drängen von bestimmten Seiten nachgibt.
Man müsse die Chance der Nähe und die Notwendigkeit der Distanz ausgleichen, skizzierte Kaiser eine für
ihn wichtige politische Haltung. Kaiser wandte sich in diesem Zusammenhang vehement gegen eine Steuerhoheit der
Länder, da dies zu einem Steuerdumpingwettbewerb führen könnte. Bei einem zukunftsorientierten Föderalismus
gehe es nicht um Machtverlust und Imagegewinn, sondern vielmehr darum, das System weiterzuentwickeln, um den Menschen
in ihren Lebensverhältnissen zu helfen und sie zu unterstützen. In diesem Sinne hob er auch die Lösung
der Ortstafelfrage positiv hervor und zollte dafür Minister Josef Ostermayer und dem damaligen Landeshauptmann
und jetzigen Bundesrat Gerhard Dörfler seinen Respekt.
Der Kärntner Landeshauptmann hob wie auch Bundesratspräsidentin Blatnik den Bereich Bildung als eine
zentrale Herausforderung hervor. Zum ersten Mal würden die BildungsreferentInnen der Länder zu einer
Konferenz eingeladen, kündigte er an, wobei die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern Thema
sein werde. Kaiser ließ jedoch keinen Zweifel aufkommen, dass die Grundsatzgesetzgebung in jedem Fall Bundeskompetenz
bleiben müsse. Außerdem hält es der Landeshauptmann für notwendig, den sonderpädagogischen
Förderbedarf zu überprüfen, da es wichtig sei, auf die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse
zu reagieren. Er brach auch eine Lanze dafür, Politische Bildung zu einem Pflichtfach ab der fünften
Schulstufe zu machen. Auch sollte man ihm zufolge die Lehrerausbildung auf die KindergartenpädagogInnen ausweiten
und mehr Zivildiener in der Kinderbetreuung einsetzen.
Weitere Schwerpunkte seiner Vorsitzführung werden die Themen Gesundheit, Soziales und Armutsbekämpfung
sein. Kaiser appellierte in diesem Zusammenhang, in Fragen der Gesundheitsreform das Gemeinsame vor Standesinteressen
in den Vordergrund zu stellen, entscheidend sei auch, dass Bund und Länder hier eng kooperieren. Die demographische
Entwicklung stelle die Politik vor die Aufgabe, die Lebensqualität älterer Menschen zu gewährleisten,
und das gehe nur in engstem Zusammenwirken von regionaler, nationaler und europäischer Politik, sagte Kaiser.
Der Wert einer Gesellschaft manifestiere sich auch darin, dass man es schafft, für alle Menschen eine Existenzgrundlange
sicherzustellen.
Kaiser ging auch auf die aktuelle Debatte um die Steuerreform ein und sprach sich dafür aus, nicht immer nur
das das Trennende herauszustreichen, sondern auch einmal zu betonen, worüber man sich einig ist. Dazu zähle
das Ziel, dass die ÖsterreicherInnen in Zukunft mehr netto von ihrem Bruttogehalt haben, dass man den Faktor
Arbeit entlastet, die Kaufkraft steigert und den Eingangssteuersatz senkt. Dadurch würden vor allem die Klein-
und Mittelbetriebe Österreichs profitieren, meinte Kaiser. Er konnte sich durchaus auch vorstellen, darüber
zu diskutieren, ob der Spitzensteuersatz sakrosankt bleiben muss.
Er wolle sich im Bundesrat auch nicht vor dem Thema Hypo-Alpe-Adria "herumdrücken", so Kaiser. Die
Katastrophe sei auf einen politischen Größenwahn und auf kriminelle zockende Energien zurückzuführen.
Die Kontrollinstanzen hätten versagt oder seien nicht informiert worden. Die neue Landesregierung sei bereit,
Verantwortung zu übernehmen, betonte Kaiser, er lehne aber dezidiert jegliche Kollektivschuld für das
Bundesland Kärnten und seine Menschen ab. Seine Politik sei gekennzeichnet, die Zukunftschancen Kärntens
zu wahren, stellte der Landeshauptmann klar, deshalb werde er auf keine Forderungen eingehen, die diese Zukunftschancen
gefährden. Er werde das Land nicht für etwas opfern, was in der Vergangenheit passiert ist, unterstrich
er und dankte ausdrücklich der Bundesregierung dafür, dass es zu keiner Insolvenz des Bundeslandes gekommen
ist. Er sei sich dessen bewusst, dass gespart werden müsse, man werde aber versuchen intelligent zu sparen,
sagte er, und zwar unter dem Motto "drei harte Jahre für dreißig bessere Jahre".
Kaiser verlangte schließlich, die Verwaltungs- und Aufgabenreform konsequent fortzusetzen und begrüßte
auch die Einigung zur Breitbandinitiative. Er forderte zudem mehr Transparenz ein, wenn es national aber auch international
um entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft geht, konkret meinte er damit die TTIP-Verhandlungen.
Novak: Das Auseinanderdividieren der Kärntner ist nicht gelungen
Der Aufruf des Kärntner Landeshauptmanns zu mehr Gemeinsamkeit wurde von den nachfolgenden RednerInnen positiv
aufgenommen. Auch Günther Novak (S/K) zeigte sich zufrieden, dass das Auseinanderdividieren der Kärntner
nicht gelungen sei. Heute sehen die Menschen die Zweisprachigkeit als eine Chance, betonte er. Die Sachlichkeit
des nunmehrigen Landeshauptmanns stimme ihn hinsichtlich eines neuen politischen Klimas und einer neuen politischen
Kultur zuversichtlich. Für eine gedeihliche Zukunft bedürfe es einer engen sachlichen Zusammenarbeit
aller politischen Ebenen, und das gelte sowohl für die Bundespolitik als auch für die europäische
Politik. Novak übte in diesem Sinne Kritik am Bund, der ohne Einbindung der Regionen Postämter und Polizeistationen
geschlossen habe. Auch bei den TTIP-Verhandlungen sollten seines Erachtens die Regionen mehr eingebunden und nicht
nur die Interessen der Großkonzerne verfolgt werden, denn das führe in die Sackgasse. Ein zukunftsorientierter
Föderalismus muss daher seiner Meinung nach machtpolitische Haltungen ablegen.
Poglitsch: Mehr Sachpolitik und weniger Polemik
Der Föderalismus ist die beste demokratische Form, um Österreich reagieren zu können, zeigte sich
auch Christian Poglitsch (V/K) überzeugt. Er räumte jedoch ein, dass weder der Föderalismus noch
die PolitikerInnen bei der Bevölkerung einen guten Stand haben, deshalb gelte es, daran zu arbeiten und zu
zeigen, dass die Vielfalt der Länder und Regionen das Europa der Zukunft ausmachen. Um dem schlechten Image
gegenzusteuern, appellierte Poglitsch, einander nicht immer nur die Fehler vorzuwerfen und nur zu jammern, sondern
auch auf das Erreichte stolz zu sein. Es bedarf wieder mehr Sachpolitik und weniger Polemik, so sein Credo. Auch
sollte die Politik keine Versprechungen machen, die sie letztendlich nicht halten könne, denn das führe
zu einem Vertrauensverlust. Die BürgerInnen erwarteten sich von der Politik Entscheidungen, auch wenn sie
nicht immer mit diesen übereinstimmen. In diesem Zusammenhang sprach sich Poglitsch dezidiert gegen eine Finanzierung
der Steuerreform über neue Steuern aus. Für Poglitsch braucht die Politik wieder mehr Mut, und dazu zähle
es auch, den Bundesrat stärker in der Gesetzgebung einzubinden. Eine stärkere Mitwirkung der Länder
bedeute auch ein stärkeres Österreich und ein stärkeres Europa, ist Poglitsch überzeugt.
Dörfler: Politik braucht gemeinsame Ziele und kritische Diskussionen
Er wünsche Ana Blatnik das Selbstbewusstsein der slowenischen Volksgruppe mit Hilfe ihres neuen Amtes darzustellen,
hob Gerhard Dörfler (F/K) hervor. Ihm sei es in seiner Zeit als Kärntner Landeshauptmann "die größte
Leidenschaft" gewesen, den Ortstafelkonflikt zu lösen, unterstrich Dörfler, der angesichts der Konfliktgeschichte
appellierte, Frieden nicht als eine Floskel zu verstehen. Die Politik müsse danach trachten, letztendlich
gemeinsame Ziele festzuschreiben, auch wenn es verschiedene Anschauungen und Sichtweisen gibt. Kritische Diskussion
sei notwendig, es komme nur auf die Worte an, bemerkte Dörfler und man sollte einen kritischen Diskurs nicht
dauernd als Streit bezeichnen.
Dörfler unterstützte die Schwerpunktsetzungen von Landeshauptmann Kaiser. Er hielt aber nichts von einer
Neiddebatte im Zusammenhang mit der Steuerreform und warnte davor, jeden "Häuselbauer" gleich zum
Millionär zu machen. Bildung wie Jugendschutz ist für ihn eine nationale Aufgabe und kein föderales
Thema. Er trat aber dafür ein, angesichts der Vielsprachigkeit an den österreichischen Schulen einen
besseren Betreuungsschlüssel zu realisieren.
Reiter: Finanzausgleich reformieren und BürgerInnen einbinden
Schließlich reihte sich Heidelinde Reiter (G/S) als Salzburger Mandatarin unter die Kärntner Redner.
Sie übte Kritik daran, dass die Länder im Bereich Soziales zwar viele Kompetenzen haben, jedoch an deren
Umsetzung scheitern. Oft gehe es allein um Kostenminimierung und nicht um Problemlösung, bemängelte sie.
So sei die Abschaffung des Krankenhausbeitrags für Kinder an den Ländern gescheitert und auch die Umsetzung
der Mindestsicherung sei höchst unterschiedlich. Reiter forderte tiefgreifende Reformen in Bezug auf den Föderalismus
und vor allem auf den Finanzausgleich ein, denn letzterer sei in der Vergangenheit durch das Misstrauen der Partner
sowie durch die Blockade wichtiger Reformen gekennzeichnet gewesen. Bei diesen Reformschritten müsse man die
Menschen in den Regionen einbinden und dabei komme dem Bundesrat eine wichtige Rolle zu, sagte Reiter. Er müsse
diesen Reformprozess mit Bürgerbeteiligung in den Ländern starten, damit man mit den Menschen in den
Dialog treten könne, was sie gestalten wollen und was sie dazu brauchen. Dabei sei es erforderlich, auf moderne
Formen der Organisation und Kommunikation zurückzugreifen. Dem Subsidiaritätsprinzip müsse so neues
Leben eingehaucht werden.
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