Arnulf Rödler: They - Who accept all that is offered

 

erstellt am
29. 07. 14
10.00 MEZ

Leopold Museum Beitrag zu MQ Summer of Sounds
Wien (leopold museum) - Als Hauptbeitrag zum MQ-Schwerpunkt "Summer of Sounds" präsentiert das Leopold Museum ab 31. Juli Arnulf Rödlers eindringliche akustisch-visuelle Installation "They - Who accept all that is offered", die rund um die Problematik der Trennung von Spekulativem und Faktischem kreist.

Rödlers Tuschzeichnungen: Pessimismus bis ins Detail
Rödlers oft großformatige Tuschezeichnungen erinnern in ihrem Detailreichtum an Radierungen zu wissenschaftlichen Lehrwerken, deren Thematik um das Nekrotische, das bereits Abgestorbene, Ruinierte zu kreisen scheint. Die Arbeiten des Künstlers orientieren sich an dem von Pessimismus und Ablehnung jeglichen Fortschrittsglaubens geprägten Ausstellungsthema, beeindrucken gleichzeitig durch ihre erzählerische Fantasie und künstlerische Präzision.

Soundinstallation als Konnex zu Summer of Sounds
Neben dem visuellen Part der Ausstellung spielen auch akustische Reize eine wichtige Rolle. Rödler komponierte eigens für das Projekt eine "Soundinstallation", die einen greifbaren Konnex zum "Summer of Sounds" des MuseumsQuartiers darstellt.

Visualisierung einer Biographie
Kern des Projektes "THEY" ist die Visualisierung der Biographie
des Barons Nikolai Roman Maximilian von Ungern-Sternberg (1886-1921). Die Ausstellung folgt peripher dem Lebenslauf des Barons, hat jedoch zum Ziel das "Spekulative" seiner Biographie zu betonen. Sie versteht sich weder als historische Abhandlung noch als politische Wertung.

Aufforderung zur Skepsis gegenüber aufgestellter Thesen
Der Titel "THEY" zielt hier also auf die Verfasser und Vertreiber einer vervielfältigten und/oder akzeptierten Meinung. Der Untertitel "who accept all that is offered " versteht sich als Aufforderung zur Skepsis gegenüber aufgestellten Thesen.

"THEY": Von der Entstehung eines Titels
Rödlers graphische Serie "THEY" trug ursprünglich keinen Titel. Der Künstler beschäftige sich zur Zeit der Entstehung dieser Arbeiten mit der beunruhigenden Biographie einer mehr als umstrittenen historischen Persönlichkeit: Nikolai Roman Maximilian von Ungern-Sternberg, der "blutige weiße Baron".

Trennung des Faktischen vom Spekulativen
Rödler: Die Biographie Ungerns beruht zum größten Teil lediglich auf Spekulationen. Diese beunruhigende Ungewissheit führte zu einer Auseinandersetzung mit der Trennung des "Faktischen" vom "Spekulativen" und letztendlich zu der Einsicht, dass das bemühte "Faktische" einiger weniger Biographen dennoch einer Heroenbildung oder Verteufelung mündlicher Überlieferungen folgte."

Präsentation der Grafikserie im prismatischen Objekt
Die Arbeitsmethode von Rödler folgt einer seriellen Herstellung von Grafiken, die rund um ein zentrales Thema kreisen und explizit an den zur Verfügung stehenden Raum angepasst und positioniert werden. Als Trägermaterial der rund 20 Grafiken dient ein weißes, rund 10 Meter langes und von innen beleuchtetes prismatisches Objekt.

Nikolai Roman Maximilian von Ungern-Sternberg: Deutschbalte in Diensten des Zaren
Der aus altem deutsch-baltischem Adel stammende Sternberg (Graz 1886 - 1921 Nowonikolajewsk) besuchte die Marineakademie in Sankt Petersburg, wurde aber aufgrund mangelnder Disziplin der Akademie verwiesen. Er meldete sich freiwillig zur russischen Armee und fortan in Diensten des Zaren. Als einfacher Soldat nahm er am Russisch-Japanischen Krieg (1904/05) teil. Nach einer Kavallerieausbildung trat er der Kosakenarmee bei. 1913 bat er um Entlassung und reiste in die Mongolei wo er in die Truppen des Konsulats als außerordentlicher Hauptmann aufgenommen wurde.

Erster Weltkrieg und Bürgerkrieg
Im Ersten Weltkrieg war Ungern in Ostpreußen im Einsatz, kämpfte in Polen und Galizien und im Kaukasus, wurde fünfmal verwundet. Auch in diesen Jahren fiel er durch Disziplinlosigkeit auf. Im Zuge des nach der russischen Revolution im Jahr 1917 ausgebrochenen Bürgerkrieges reiste er mit General Grigori Michailowitsch Semjonow, Anführer der zarentreuen Weißen Armee nach Osten um Freiwillige anzuwerben. 1918 besetzten sie Gebiete an der russisch-chinesischen Grenze, kooperierten mit den mongolischen Burjaten. Zum Generalmajor ernannt, wuchs Ungerns Macht. Seine Methoden wurden zusehends brutaler, Juden wurden von ihm besonders verfolgt, da er sie für die Oktoberrevolution und die erzwungene Abdankung des Zaren verantwortlich machte.
Ungern als Herrscher der Mongolen

Während sich die Lage der Weißen Truppen zusehends zuspitzte, kam es Ungern gelegen, dass der mongolische Khan ihn um Hilfe bat. Die Mongolei hatte sich zwar rund 10 Jahre zuvor von China losgesagt, war aber 1919 erneut von chinesischen Truppen besetzt worden. Nach verlustreichen Kämpfen wurde 1921 in der Mongolei eine Monarchie ausgerufen, mit Ungern-Sternberg als alleinigem Herrscher. Bald verspielte er auch hier alle Sympathien und schließlich lieferten ihn seine Leute am 21. August 1921 an die Rote Armee aus. In Nowonikolajewsk (heute Nowosibirsk) wurde er von einem Eiltribunal zum Tode verurteilt und erschossen.

Arnulf Rödler (Bildender Künstler)
Arnulf Rödler wurde 1976 in Wien geboren. Seiner Ausbildung zum Graphik Designer an der Höheren Graphische Lehr- und Versuchsanstalt Wien XIV entspringt eine gewisse Affinität seiner Arbeiten zum Comic, dem "Bande dessinée". Nicht zuletzt durch die Beschäftigung mit der Konzeptkunst in der Meisterklasse von Renée Green an der Akademie der bildenden Künste reduziert sich sein Schaffen aber nicht auf die Zeichnung, operiert also nur vordergründig mit Papier und Tusche. Rödler arbeitet als Illustrator und freischaffender Künstler in Wien. Vielen bekannt ist er auch durch die Gestaltung der Programme des Cafe Leopold. Neben Einzelausstellungen war er in zahlreichen Gruppenausstellungen im In- und Ausland vertreten, zuletzt: "Narrationen", Kunsthaus, Wien (2013); "A house for everyone" 2012, Tokyo Ito Museum Imabari (2012). Zu seinen Arbeiten sind zahlreiche Publikationen und begleitende Ausstellungskataloge erschienen (Edition Kahlschlag; Schwarzer Turm Verlag, Hamburg).

Azlf RÖ (Der Musiker Rödler)
Über das Schaffen als bildender Künstler hinaus ist Rödler auch als Musiker präsent. Wichtige Erfahrungen sammelte Röder als Gasthörer an der "Universität für Musik und darstellende Kunst" in der Abteilung "Institut für elektro-akustische Musik", sowie durch die vierjährige Teilnahme an der elektro akustischen Nacht (ELAK Gala). Schwerpunkte seiner zahlreichen Performances als Vokalist unter dem Pseudonym "Azlf Rö" sind die Bereiche Noise, Elektro-Akustik und experimentelle Improvisation. In seinen sonoren, polyphonen Musikstücken benutzt er seine durch spektral modifizierende und verzerrende Effektgeräte verfremdete Stimme um eine detaillierte Intonation herzustellen, die ebenfalls nur durch zwanglose Auslieferungen ohrfällig werden kann.
Die Ausstellung

"They - Who accept all that is offered" ist von Donnerstag, 31. Juli bis Donnerstag, 21. August. 2014 in der Lounge, Ebene 1 des Leopold Museum zu sehen.
Öffnungszeiten Juli/August: Mo-Mi und Fr-So, 10-18 Uhr, Do, 10-21 Uhr
Das Ausstellungsprojekt wird unterstützt von: Leopold Museum, Cafe Leopold, Dustplus.at, Papertown

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.leopoldmuseum.org

 

 

 

 

 

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