Dissertant der Uni Graz untersucht die Auswirkungen von Kindern auf das persönliche Wohlbefinden
der Eltern
Graz (universität) - Die Sommerferien sind für viele Eltern aufgrund der fehlenden institutionellen
Betreuungsmöglichkeiten Jahr für Jahr eine besondere Herausforderung. Werden Gründe für die
niedrige Geburtenrate gesucht, taucht als einer der ersten der befürchtete Karriere-Knick für Frauen
auf. Sogar die Glücksforschung sieht in Kindern bisweilen eine persönliche Belastung, der sich immer
weniger Menschen aussetzen wollen. Dr. Bernhard Riederer hat in seiner Dissertation am Institut für Soziologie
der Karl-Franzens-Universität Graz untersucht, wie sich der Nachwuchs auf das Wohlbefinden der Mütter
und Väter auswirkt: Negative Effekte ergeben sich in erster Linie bei Personen, die sehr jung Eltern werden,
oder bei Alleinerziehenden. Wer bei der Familiengründung die Ausbildung abgeschlossen hat und mit beiden Beinen
im Leben steht, profitiert eher von den Kindern.
„Sowohl individuelle Faktoren als auch das gesellschaftliche Umfeld beeinflussen die Zufriedenheit der Eltern“,
fasst Riederer zusammen. Der Soziologe untersucht in seiner Arbeit erstmals systematisch, wie Wohlfahrtsstaat und
kultureller Hintergrund im europäischen Vergleich auf das Familienglück wirken. Positiver sind Effekte
von Kindern vor allem in Ländern, in denen externe Betreuungseinrichtungen genutzt werden. Soziale Transferleistungen
alleine erhöhen jedoch nur die Zufriedenheit von Personen, die in wirtschaftlich angespannten Verhältnissen
leben.
„Neben politischen Maßnahmen ist die Wertehaltung des gesellschaftlichen Umfelds relevant“, hat der Dissertant
herausgefunden. Je stärker familiäre Verpflichtungen betont und Kinder als Notwendigkeit für ein
erfülltes Leben angesehen werden, desto eher ist das Wohlbefinden der Mütter und Väter beeinträchtigt.
Falsche Erwartungen in den Nachwuchs als Quelle des automatischen Glücks können Enttäuschungen hervorrufen.
Besonders negativ wirkt sich die Elternschaft auf alleinlebende Frauen aus, wenn in der Nation die Meinung vorherrscht,
dass für das glückliche Aufwachsen eines Kindes auch die Anwesenheit des Vaters nötig ist.
Für in einer Beziehung lebende Mütter ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie meist ähnlich
schwierig, was sich auch auf den Partner auswirken kann. „Wenn sich beispielsweise die Frau durch die Belastung
von Kinderbetreuung, Haus- und Berufsarbeit gestresst fühlt, bekommt das der Vater indirekt ebenfalls negativ
zu spüren“, erklärt Riederer. Gegenseitige Unterstützung und Wertschätzung der für die
Familie geleisteten Arbeit steigern jedoch das Wohlbefinden.
„Eltern können sehr wohl von Kindern profitieren“, fasst der Wissenschafter zusammen. „Gerade Kinder bedienen
das zutiefst menschliche Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe.“ Mutter oder Vater bleibt man ein Leben
lang. Das Ziel der Familiengründung erreicht zu haben, sorgt für Zufriedenheit im Alter. Außerdem
kann man dann im Regelfall auf die Unterstützung durch die erwachsenen Kinder zählen.
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