Innsbruck (universität) - Das Protein MYC ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Entstehung von Tumoren
im Menschen. Nun haben Wissenschaftler des Scripps Research Institute in den USA und vom Institut für Biochemie
der Universität Innsbruck einen neuen Wirkstoff entdeckt, der direkt mit dem MYC-Protein interagiert und das
Tumorwachstum stoppen kann.
Das Protein MYC ist entscheidend an der Zellteilung und am Wachstum von Organismen beteiligt. Als Genregulator
steuert es die Expression von mindestens 15 Prozent aller menschlichen Gene. Dabei verstärkt es die Expression
von wachstums-relevanten Genen. Ist das Myc-Gen verändert und permanent aktiv, kann diese Verstärkung
dauerhaft wirken und das Wachstum von Tumoren hervorrufen. Um in der Zelle Gene an- und abschalten zu können,
benötigt MYC allerdings einen Partner. Nur wenn es sich mit dem Protein MAX verbindet, kann es an das Erbgut
andocken. „Genau hier setzt der neue Wirkstoff an“, sagt Klaus Bister vom Institut für Biochemie der Universität
Innsbruck, dessen Arbeitsgruppe gemeinsam mit Forschern des Scripps Research Institute in La Jolla, USA, die neue
Substanz und deren Wirkung nun in der amerikanischen Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences
(PNAS) vorstellt.
Wirkung in der Zelle nachgewiesen
Gefunden wurde der neue Wirkstoff in einer Bibliothek von Hunderten von potentiell bioaktiven Molekülen,
die Chemiker am Scripps Research Institute synthetisiert hatten. In Zellkulturstudien und Tiermodellen konnten
die Forscher zeigen, dass vier verschiedene Pyridin-Verbindungen die Interaktion zwischen MYC und MAX stören
und dadurch die Bindung an die DNA erfolgreich unterbinden. „Eines dieser Moleküle hat sich als besonders
potent erwiesen“, erzählt Prof. Klaus Bister. „Wir haben den Wirkstoff auch hier in Innsbruck in speziellen
Zelllinien untersucht und seine Wirkung direkt in der Zelle nachgewiesen“, erzählt Klaus Bister. Dazu wurde
unter anderem ein von seinem Mitarbeiter Eduard Stefan entwickelter Test eingesetzt, bei dem MYC und MAX mit je
einem Fragment eines Enzyms fusioniert wurden. Binden die beiden Proteine aneinander, finden auch die zwei Fragmente
des Kontrollmoleküls zusammen, bilden ein aktives Enzym und induzieren in einer chemischen Reaktion Lichtemission.
Für Medikamentenentwicklung interessant
Mit dem neuen Wirkstoff konnten die Wissenschaftler im Labor nicht nur das Entstehen von Krebszellen verhindern,
sondern auch das Wachstum von menschlichen Tumorzellen in transplantierten Mäusen stoppen. Weil Tumorzellen
besonders viel MYC produzieren, setzt der Wirkstoff sehr gezielt in diesen Zellen an. Er ist bereits in geringer
Konzentration wirksam und damit bisher bekannten Hemmstoffen weit überlegen. „Das ist ein großer Fortschritt,
denn es reduziert das Potential von Nebenwirkungen und macht den Stoff für die pharmazeutische Industrie höchst
interessant“, sagt Klaus Bister. Noch muss die Substanz eingehend untersucht und getestet werden, bevor Patienten
wirklich davon profitieren können. „Das ist Grundlagenforschung und liefert die Basis für mögliche
therapeutische Entwicklungen“, betont Prof. Bister. „Bis ein Wirkstoff tatsächlich in die Klinik kommt, können
daher Jahre vergehen.“
Unterstützt wurden die Forscher des Forschungsschwerpunkts Molekulare Biowissenschaften an der Universität
Innsbruck unter anderem vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF.
Publikation:
Inhibitor of MYC identified in a Kröhnke pyridine library. Jonathan
R. Hart, Amanda L. Garner, Jing Yu, Yoshihiro Ito, Minghao Sun, Lynn Ueno, Jin-Kyu Rhee, Michael M. Baksh, Eduard
Stefan, Markus Hartl, Klaus Bister, Peter K. Vogt, and Kim D. Janda. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 111, epub ahead
of print (2014).
DOI: 10.1073/pnas.1319488111
|