Europäisches Forschungsprojekt ARTEMOS bringt großen Fortschritt für die Mobilfunktechnik
Linz (jku) - Ein Smartphone oder Tablet, das mit nur einem einzigen Funkmodul ausgestattet die verschiedensten
Mobilfunkstandards in unterschiedlichen Frequenzbereichen unterstützt? Was bislang Zukunftsmusik war, könnte
schon bald Wirklichkeit werden. Für diese und andere technologische Herausforderungen der mobilen Kommunikation
suchten Forscher in ganz Europa im Rahmen des dreijährigen Projekts "ARTEMOS" nach Lösungen.
Mit dabei war auch ein Team um Prof. Andreas Springer, Vorstand des Instituts für Nachrichtentechnik und Hochfrequenzsysteme
der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz.
Smartphones und andere mobile Endgeräte wie Tablets und Laptops machen heute einen scheinbar nahtlosen Transfer
von Daten möglich, und das zu jeder Zeit, von jedem Ort aus und über verschiedenste Übertragungsmedien
(Festnetz, WLAN, Mobilfunk usw.). "Diese Interoperabilität vollzieht sich unbemerkt für die Nutzer,
obwohl sie hochkomplex ist. Denn derzeit benötigen die Endgeräte unterschiedliche Funkmodule, die verschiedene
Mobilfunkstandards (wie z. B. GSM/EDGE, UMTS, LTE, Wi-Fi, GPS, Bluetooth, Standards für digitales Radio/TV)
in unterschiedlichen Frequenzbändern unterstützen müssen. Dies erfordert eine große Chipfläche
der integrierten Schaltung, macht die Endgeräte somit für die Nutzung unhandlich und verursacht hohe
Herstellungskosten", erklärt Prof. Springer.
ARTEMOS - ein Konsortium mit 37 Partnern aus 12 Ländern
Für dieses Problem sollte nun ARTEMOS (Agile RF Transceivers and Front-Ends for Future Smart Multi-Standard
COmmunications ApplicationS) Lösungsansätze liefern. ARTEMOS ist ein dreijähriges Forschungs- und
Entwicklungsprojekt des "ENIAC Joint Undertaking" (eine europäische öffentlich-private Partnerschaft
für die Nanoelektronik). Mit dem Ziel, die europäische Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der drahtlosen
Kommunikation zu stärken, wurde ARTEMOS im März 2011 gebildet. An diesem Konsortium mit 37 Partnern aus
12 Ländern beteiligten sich alle Key-Player Europas aus dem Sektor für drahtlose Kommunikations-Chips
- sowohl Großkonzerne als auch klein- und mittelständische Unternehmen sowie Forschungsinstitute und
Hochschulen. ARTEMOS wurde mit 31. März 2014 erfolgreich abgeschlossen. Das Gesamtbudget betrug 40,9 Mio.
Euro, davon stammten 8,5 Mio. Euro von diversen nationalen Förderprogrammen (z.B. FFG-Mittel), 6,8 Mio. von
ENIAC und 25,6 Mio. Euro von den Industriebetrieben selbst.
Ziel: Ein einziges Funkmodul für alle Funkstandards
"Im Rahmen von ARTEMOS wurde an der nächsten Generation von Transceivern (Sende- und Empfangsgerät)
zur drahtlosen Datenübertragung geforscht mit dem Ziel, Architekturen und integrierte Schaltungen für
frequenz-agile Multi-Standard- und Multi-Band-Funkmodule zu entwickeln", so Prof. Springer. Diese sogenannten
Transceiver müssen große Frequenzbereiche von 0,3 bis 5 GHz abdecken können.
Mit anderen Worten: "Zukünftig soll in einem mobilen Endgerät wie Smartphone, Tablet, etc. idealerweise
ein einziges Funkmodul sämtliche verschiedene Funkstandards unterstützen. Von dieser technischen Revolution
würden sowohl die Gerätehersteller als auch die User in mehrfacher Weise profitieren: mobile Endgeräte
würden zukünftig günstiger herstellbar sein, eine verbesserte Funktionalität aufweisen oder
im Betrieb weniger Strom verbrauchen", sagt Prof. Springer.
27 Prototypen
Während der dreijährigen Laufzeit von ARTEMOS generierten die Projektpartner eine Vielzahl wissenschaftlicher
und technologischer Ergebnisse, die in über 100 wissenschaftlichen Publikationen vorgestellt und auch über
die ARTEMOS Projekt-Website in Form von Leistungsberichten öffentlich zugänglich sind.
Als besondere Leistung ist zu nennen, dass insgesamt 27 Prototypen bzw. Demonstratoren gebaut wurden, welche
die aus diesem Projekt hervorgegangen Innovationen demonstrieren. Diese Prototypen inkludieren unter anderem ein
LTE-Advanced Modem, ein hybrides WLAN-LTE Gateway oder Algorithmen der Signalverarbeitung zur Unterstützung
der Durchstimmbarkeit.
Die Projektgutachter waren von den erzielten Ergebnissen beeindruckt. Fazit: Das technologische Know-How aller
beteiligten Partner konnte wesentlich weiterentwickelt sowie Europas Industrie und Forschungsinstitute im sehr
wettbewerbsintensiven Mobilkommunikationsmarkt insgesamt gestärkt werden.
JKU baut ihre Mobilfunk-Expertise aus
Die österreichischen Partner im ARTEMOS-Projekt sind die beiden Unternehmen Intel und Lantiq sowie die
akademischen Forschungseinrichtungen Johannes Kepler Universität (JKU) Linz, FH Oberösterreich und FH
Villach.
"Das JKU-Team untersuchte, wie sich abstimmbare Schaltungen zur Anpassung von Antennen auf die Leistungsfähigkeit
der Datenübertragung auswirken und entwarf dazu gemeinsam mit Intel und anderen Projektpartnern ein Demonstrationssystem",
so Prof. Springer.
Die Forschungsergebnisse wurden nicht nur auf renommierten wissenschaftlichen Konferenzen publiziert, sondern
bilden auch im Rahmen von weiterführenden Kooperationen mit Unternehmenspartnern wie Intel den Ausgangspunkt
weiterer Forschungsarbeiten und finden zum Teil auch Eingang in die Produktentwicklung. Zusätzlich konnte
das Institut für Nachrichtentechnik und Hochfrequenzsysteme von Prof. Springer durch die Teilnahme an diesem
Projekt seine Expertise im Bereich moderner Mobilfunksysteme ausbauen und seine internationalen Kontakte erweitern
und vertiefen.
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