12. September 2014 bis 11. Januar 2015 in der Albertina
Wien (albertina) - Der Katalane Joan Miró ist der Dritte in einer Reihe herausragender Künstler,
die dem Surrealismus verbunden, doch in ihrem Denken und ihrem Ausdruck so eigenständig sind, und denen die
Albertina in einer Ausstellungsreihe seit 2011 auch in Österreich Gehör verschafft. Nach den Retrospektiven
zu René Magritte 2011/12 und zu Max Ernst 2013 ist auch jene zu Joan Miró Teil des Albertina Ausstellungsprogramms
zu Künstlern eines weit gefassten Surrealismus, die in der Gemäldesammlung der Albertina, der Sammlung
Batliner, vertreten sind.
Wie die Surrealisten, will auch Miró neue Wege finden, die Welt zu betrachten. Während Magritte dies
durch Bild- und Sprachrätsel tut und Max Ernst künstlerische Verfahren entdeckt, um Unbewusstes aus seinem
Inneren hervorzuholen, sind es bei Miró Poesie und Intuition, die ihn inspirierten. Ebenfalls im Sinne des
Surrealismus findet er den Ausgangspunkt seines Schaffens aber auch in dem, was ihn unmittelbar umgibt.
Miró war ein Künstler, dessen Arbeit zeit seines Lebens mit den Wurzeln seiner Herkunft und zugleich
einem Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit verbunden war. Die Hingabe an die katalanische Landschaft und
die gleiche Faszination für alle Dinge und Wesen formen den Grund seines Schaffens. Seine Malerei, die von
so viel Leichtigkeit, Spontaneität, Poesie und Freiheit ist, entsteht tatsächlich aus einem bedachten
Arbeitsprozess und einer Affinität zum Naturbelassenen und Ursprünglichen.
Mit einer Auswahl von rund 100 Werken – Gemälde, Papierarbeiten und Objekte – zeichnet die Ausstellung in
der Albertina den gedanklichen und handwerklichen Weg des Künstlers nach, und folgt dabei dem zentralen Motto
des Künstlers: «von der Erde zum Himmel».
Von André Breton, dem führenden Kopf der Surrealisten, zunächst wegen seiner «naiven»
und «intellektuell begrenzten Kunstvorstellung» kritisiert, ist es genau dieser Zugang, der Mirós
Werk so unbeschwert erscheinen lässt. Miró hat seine Wahrnehmung gereinigt und diese Kindlichkeit des
Sehens als Basis für eine ernsthafte Auseinandersetzung und die uneingeschränkte und gleichermaßen
aufmerksame Faszination für alle Dinge erkannt.
Wie so viele kreative Wege, wird auch jener des Katalanen Miró durch die Dynamik des Aufeinanderprallens
von Gegensätzlichem angetrieben und geformt. Die immer wieder betonte und in seinen Werken tatsächlich
nachvollziehbare treibende Kraft, zieht er aus jenen Impulsen, die er durch sein abwechselndes Leben am Land und
in der Stadt erlebt: ein Reisender zwischen seinem Landhaus in Montroig/Tarragona oder der Ruhe des damals noch
unberührten Mallorca und dem pulsierenden (visuell, akustisch, physisch sowie in intellektuell bereichernder
Hinsicht) städtischen Leben in Paris und Barcelona.
Der stille, schweigsame und zurückgezogen lebende Künstler, der nicht viel auf gesellschaftliche Ereignisse
und Zusammenkünfte gab, lieber seine ganze Konzentration und Hingabe in seine Arbeit legen wollte, hat in
mehr als 80 Jahren Werke geschaffen, deren visueller Reiz nichts von der Anstrengung, die er der künstlerischen
Arbeit angedeihen ließ, erahnen lassen. Die so bunten, fröhlichen und in ihrer Formen- und Farbgewalt
so auffallenden Bilder und Objekte, präsentieren sich ganz anders als es das Wesen und die Erscheinung ihres
Schöpfers waren.
Mirós Leben war seine Kunst. Er vereint das Bodenständige und Naturbezogene – den «katalanischen
Bauern» – ebenso wie den Denker, oft auch den Grübler – den Philosophen, den Suchenden und «Mystiker».
Mit den Inhalten seiner Werke gelangt er nicht selten in spirituelle, kosmische Ebenen. Dieser Gegensatz gab den
entscheidenden Impuls für seine Kreativität.
Auch wenn man Miró aufgrund seiner Zurückhaltung gerne unpolitisch nennt, war ihm stets um das Wohl
der Menschheit gelegen – doch kämpfte er mit den ihm eigenen Mitteln. Der Wunsch nach Harmonie und eine Haltung,
die allen Lebewesen den gleichen Respekt entgegenbringt, mögen augenscheinlich keinen notwendigerweise zeitpolitischen
Kommentar nach außen tragen. Miró war an einer Universalität gelegen, nicht an unverrückbaren
Werten, doch an der Erkenntnis grundlegender Wirklichkeiten. Sein Ziel war nicht der dauerhafte Bestand seiner
Werke, sondern die Vermittlung einer Botschaft, deren Wirkung eine große Bandbreite der Menschheit erreicht.
Wenn Miró seine Beobachtungen der Umgebung zu einer poetisch-visionären und universellen Bildwelt führt,
ist die Realität zwar Ausgangspunkt, doch niemals Endziel. Ihre Transformation in ein System von Farben und
Formen ist der Leitfaden seiner Schaffensidee. Die Bildsprache ist magisch und universell. Monde, Sonnen, Sterne
und Kometen, Augen und Insekten, Vögel und Frauen bevölkern seine Bilder; an Zeichen wie diesen wird
die poetische Interpretation seines Interesses an der Erde und am Kosmos ablesbar, an Flora und Fauna und nicht
zuletzt am Menschen und seiner Stellung darin.
Miró lässt in seinen Werken – anders als die Surrealisten - kein unbewusstes Material manifest werden.
Seine Bilder geben private Visionen vom Ursprünglichen, vom eigentlich Wesentlichen der Dinge, von der Welt
und des Universums.
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