Wien (vetmeduni) - Eine Kuhmilchallergie kommt bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen vor. Forschende des Messerli
Forschungsinstitutes der Vetmeduni Vienna, der MedUni Wien und der Universität Wien klären nun, was die
Milch allergen macht. Ein bestimmtes Protein in der Milch, das sogenannte beta-Laktoglobulin, kann nur dann eine
Allergie einleiten, wenn es kein Eisen an sich bindet. Mit Eisen-Beladung ist das Protein unproblematisch. Den
gleichen Mechanismus entdeckten die Forschenden bereits vor kurzem für die Birkenpollenallergie. Die Erkenntnisse
tragen zur Entschlüsselung allergischer Reaktionen bei und wurden im Journal PLOS ONE veröffentlicht.
Die Milchallergie wird häufig mit der Laktose-Intoleranz verwechselt. Es handelt sich dabei jedoch um zwei
ganz unterschiedliche Mechanismen im Körper. Bei der Laktose-Intoleranz, wird Milchzucker schlecht verdaut,
weil das Enzym Laktase fehlt. Bei der potenziell viel gefährlicheren Kuhmilchallergie richtet sich jedoch
das körpereigene Immunsystem mit IgE Antikörpern gegen das Milchprotein.
Eine echte Milchallergie kommt bei etwa zwei bis drei Prozent der Kinder in Europa, seltener bei Erwachsenen vor.
Bei diesen PatientInnen wird die Bildung sogenannter Th2 Lymphozyten eingeleitet, die ganz wesentlich zur Produktion
von IgE Antikörpern gegen Milchproteine beitragen. Die betroffene Person reagiert allergisch auf Milch.
Eine Allergie gegen Milchproteine kann beispielsweise zu Mund- und Schleimhautschwellungen führen, Durchfälle
verursachen, zur Verschlechterung einer Neurodermitis beitragen und in seltenen Fällen sogar einen allergischen
Schock hervorrufen. Eine präzise Diagnostik hilft, die Allergie von der Intoleranz auseinanderzuhalten und
damit falsche Diäten zu vermeiden die unter Umständen zu Mangelernährung führen können.
Fehlende Eisen-Beladung macht Milchprotein zum Allergen
Eines der wichtigsten Milchallergene, das sogenannte beta-Laktoglobulin, gehört zur Proteinfamilie der Lipokaline.
Diese Lipokaline besitzen molekulare Taschen, in die Eisen-Ionen passen. Das Eisen ist über sogenannte Siderophore
am Protein gebunden. Erstautorin Franziska Roth-Walter und ihre KollegInnen zeigten nun, dass ein „leeres“ Milchprotein,
also ein Protein ohne Eisen und Siderophore, die Aktivierung von Th2-Lymphozyten unterstützt. Erst dann kann
die Produktion von IgE Antikörpern gegen das Milchprotein angekurbelt werden, die Patientin oder der Patient
wird sensibilisiert und kann gegen Milch allergisch reagieren. Roth-Walter, Komparative Medizin, Messerli Forschungsinstitut:
„Die Kenntnis der molekularen Strukturen von Allergenen hat ganz erheblich zu dieser praktisch relevanten Erkenntnis
über Milchallergie beigetragen.“
Unterschied zwischen Bio- und konventioneller Milch soll untersucht werden
Als nächstes möchten die Forschenden klären, was zur Eisen-Beladung der Milchproteine beiträgt.
Studienleiterin Erika Jensen-Jarolim führt aus: „Eine der brennendsten Fragen, die wir beantworten möchten,
lautet: Warum sind diese Milchproteine mehr oder weniger mit Eisen beladen? Dabei könnte die Haltung und Fütterung
der Kühe eine Rolle spielen. Ob biologisch oder konventionell produzierte Milch mehr oder weniger Eisen-beladenes
Protein enthält, muss noch untersucht werden. Lipokaline gibt es bei allen Säugetieren. Wir gehen wir
davon aus, dass wir unsere Erkenntnisse auch auf die Milch anderer Tierarten übertragen können.“
Über das Messerli Forschungsinstitut
Das Messerli Forschungsinstitut wurde 2010 mit der Unterstu?tzung der Messerli-Stiftung (Schweiz) unter Federfu?hrung
der Veterinärmedizinischen Universität Wien in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien
und der Universität Wien gegru?ndet. Es widmet sich der Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung und ihrer Grundlagen
in den Bereichen Ethik, vergleichende Medizin sowie Kognition und Verhalten von Tieren. Dabei zeichnet es sich
durch einen breiten interdisziplinären Zugang (Biologie, Humanmedizin, Veterinärmedizin,
Philosophie, Psychologie, Rechtswissenschaft) und eine starke internationale Ausrichtung aus.
http://www.vetmeduni.ac.at/messerli
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen,
akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Augenmerk gilt der Tiergesundheit und der Lebensmittelsicherheit.
Im Forschungsinteresse stehen die Gesundheit von Tier und Mensch sowie Themen der Tierhaltung und des Tierschutzes.
Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.200 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus
in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen.
Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören
ebenfalls zur Vetmeduni Vienna.
Der Artikel „The major cow milk allergen Bos d 5 manipulates T-helper cells depending
on its load with siderophore-bound iron” von Franziska Roth-Walter, Luis. F. Pacios, Cristina Gomez-Casado, Gerlinde
Hofstetter, Georg A. Roth, Josef Singer, Araceli Diaz-Perales und Erika Jensen-Jarolim wurde am 12. August 2014
im Journal PLOS ONE veröffentlicht. DOI: 10.1371/journal.pone.0104803
http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0104803
|