WKÖ und AK: WIFO-Studie zu makroökonomischer Performance von Sozialpartnerschaften
in Europa - Aiginger: Brauchen Reformen, um Spitzenplatz zu halten
Wien (pwk) - Die österreichische Sozialpartnerschaft ist ein Erfolgsmodell, das maßgeblich zu
Wohlstand, Wachstum und der Schaffung von Beschäftigung in unserem Land beigetragen hat. Das geht aus einer
Studie des WIFO hervor, die am 27.08. im Rahmen der Alpbacher Wirtschaftsgespräche von Wirtschaftskammer-Präsident
Christoph Leitl, AK-Präsident Rudi Kaske und WIFO-Chef Karl Aiginger präsentiert wurde.
Aiginger: "Österreich ist ein Erfolgsmodell. Dieser Erfolg hat viele Väter - und eine Mutter: die
Sozialpartnerschaft". Für die Erhebung hat das WIFO europäische Staaten nach sozialpartnerschaftlichem
Organisationsgrad eingeteilt und verschiedene ökonomische Indikatoren verglichen. Fazit: Bei den wesentlichen
Eckpunkten schneiden Staaten mit gelebter Sozialpartnerschaft deutlich besser ab. So liegen Arbeitslosenquote und
Jugendarbeitslosenquote merklich unter jener von Ländern mit schwachen sozialpartnerschaftlichen Strukturen,
die Einkommensungleichheit ist weniger stark ausgeprägt und der Lohnzuwachs im Schnitt um 1,2 Prozentpunkte
höher. Das BIP-Wachstum ist in den Ländern mit hoher sozialpartnerschaftlicher Intensität im Vergleich
um einen Prozentpunkt höher als vor der Krise.
Weniger gut schneiden Staaten mit sozialpartnerschaftlicher Organisation jedoch in puncto Staatsquote ab, diese
liegt im Schnitt um 3 Prozentpunkte höher, erläuterte Aiginger. Der WIFO-Chef plädierte für
Reformanstrengungen in Österreich: "Wenn wir unseren Spitzenplatz in Europa halten wollen, müssen
wir dringend Reformen etwa in den Bereichen Innovation und Bildung angehen".
Auch auf europäischer Ebene sieht er Handlungsbedarf: "Europa verfehlt seine Forschungs- und Armutsziele.
Die EU muss sich neu aufstellen", appellierte er an die neue Kommission und plädiert für die Errichtung
einer Sozialunion mit Mindeststandards.
Kaske: "kein Zögern, kein Zaudern"
"Die Sozialpartnerschaft ist im besten Alter", sagt AK Präsident Rudi Kaske. Sie habe wesentlich
dazu beigetragen, dass Österreich bisher besser durch die Krise gekommen ist als andere Länder. "Eine
Erfolgsgeschichte ist hier etwa die gute Zusammenarbeit der Sozialpartner im AMS", so Kaske. Seit dessen Ausgliederung
aus der unmittelbaren Bundesverwaltung 1994 wird das AMS von den Sozialpartnern gemeinsam mit dem Bund in Drittelparität
verwaltet. "Seither hat sich das AMS zu einer der erfolgreichsten öffentlichen Arbeitsverwaltungen in
der EU entwickelt. Wir haben mit maßgeschneiderten Arbeitsmarktpaketen auf die Krise 2008 reagiert. Maßnahmen
wie die Anpassung der Kurzarbeit oder die Bildungskarenz haben maßgeblich zur Abfederung der Krisenfolgen
beigetragen.
"Jetzt ist es wichtig, dass wir entschiedene Maßnahmen für Wachstum und vor allem für Beschäftigung
setzen. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Wirtschaft aus eigener Kraft nicht so richtig in Schung kommt.
Kein Zögern, kein Zaudern mehr", verlangt der AK Präsident eine Investitionsoffensive für Österreich,
aber auch auf europäischer Ebene, wo der designierte EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker bereits
für ein 300 Milliarden Investitionspaket eingetreten ist. "Wir müssen uns aus der Krise hinausinvestieren.
Mit mutigen, sinnvollen Zukunftsinvestitionen vor allem in Wohnbau und in die soziale Infrastruktur", so Kaske.
Investitionen in den Wohnbau schaffen Arbeitsplätze, sie sind aber auch wichtig, damit Wohnen leistbar wird.
"Vor der Wahl hat die Regierung 676 Millionen Euro für den Wohnbau angekündigt, im Regierungsprogramm
sind davon nur noch 276 Millionen übrig geblieben. Und auch diese 276 Millionen haben nicht gehalten. Für
die Jahre 2015 bis 2018 sind mittlerweile nur mehr 180 Millionen Euro vorgesehen. Das ist zu wenig."
Leitl: Sozialpartner als Standortfaktor und Impulsgeber
Die Sozialpartnerschaft ist ein wichtiger Standortvorteil für den Wirtschaftsstandort Österreich,
betonte WKÖ-Präsident Christoph Leitl. "Von internationalen Konzernen werden Sozialpartnerschaft
und sozialer Friede als ganz wichtige Entscheidungsfaktoren für den Wirtschaftsstandort Österreich genannt".
Der in der WIFO-Studie errechnete Wachstumsvorsprung von einem Prozentpunkt in Staaten mit sozialpartnerschaftlichen
Strukturen bedeute allein ein Plus von rund 25.000 Jobs: "Dies sind die Dimensionen, die die Sozialpartner
implementieren".
Sozialpartner seien aber auch Konjunkturimpulsgeber, so Leitl mit Verweis auf ihren Beitrag zur Wohnbauförderung.
"Diese Mittel müssen wieder zweckgebunden und für Neubau und Sanierung eingesetzt werden, das liefert
wertvolle Impulse für die Konjunktur, die wir jetzt brauchen". Komme das nicht, so könne man im
Sinn einer Lohnnebenkostensenkung den Wohnbauförderungsbeitrag den Arbeitgeber und Arbeitnehmer leisten ersatzlos
streichen. Hier wisse er sich etwa mit AK-Präsident Kaske einer Meinung.
Die österreichische Sozialpartnerschaft sei zukunftsweisendes Vorzeigemodell in Europa, das dazu beitragen
könne, das schwache Wachstum zu überwinden, so Leitl: "Auch als Ehrenpräsident der europäischen
Wirtschaftskammer stelle ich fest, dass unsere Sozialpartnerschaft in Europa nicht als österreichische Nostalgie
gesehen wird, sondern als europäische Zukunft. Wir führen Dialog, wir verhandeln lösungsorientiert,
finden Kompromisse und setzen diese gemeinsam um - deshalb sind wir Best Practice".
Der WKÖ-Chef verwies darauf, dass die Sozialpartner ein gemeinsames Bildungspapier erarbeitet hätten,
welches der Regierung vorgelegt wurde. Insbesondere das duale Ausbildungssystem werde in Europa als gutes Mittel
gegen Jugendarbeitslosigkeit anerkannt. Und er plädierte auch für Wachstumsimpulse in der EU, so wie
sie der künftige Kommissionspräsident Juncker angekündigt hat.
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