Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny überreicht Julia Schafranek, Direktorin Vienna's
English Theatre, und Intendant Jürgen Wilke hohe Auszeichnungen des Landes Wien.
Wien (rk) - Zwei Persönlichkeiten, "die sich dem Theater verschrieben haben", erhielten an
04.09. im Wiener Rathaus zwei hohe Auszeichnungen des Landes Wien: Julia Schafranek, Direktorin des Vienna's English
Theatre, wurde mit dem Goldenen Versdienstzeichen des Landes Wien, Kammerschauspieler Prof. Jürgen Wilke mit
dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien ausgezeichnet. Zahlreiche Persönlichkeiten
aus Politik und Kultur haben an der Feierstunde teilgenommen, u. a. die amerikanische Botschafterin Alexa Wesner,
Stadtrat a.D. Franz Mrkvicka, Stadträtin Veronika Matiasek, Dritte Präsidentin des Wr. Landtages Marianne
Klicka, NB-Präsident Claus J. Raidl, NB-Gouverneur i.R. Klaus Liebscher, Sacher-Chefin Elisabeth Gürtler,
Dagmar Koller, Lotte Tobisch und Ex-Intendant Harald Serafin.
"Julia Schafranek ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Kind des Theaters. Sie hat das Theater ihrer Eltern
nicht nur weitergeführt, sondern zu neuer Blüte gebracht", betonte Wiens Kulturstadtrat Andreas
Mailath-Pokorny bei der Verleihung. "Das Vienna's English Theatre ist eine für Wien essentielle Bühne,
die auch internationale Gäste mit hervorragendem Theater begeistert". "Jürgen Wilke hat die
ganze Geschichte des 20. Jahrhunderts miterlebt, seine tragischen wie auch hellen Seiten", unterstrich Mailath.
"Als Schauspieler ist er mit den ganz Großen auf der Bühne gestanden. Als Intendant hat er über
Jahrzehnte vielfältiges Theater verantwortet".
"Jürgen Wilke hat im Bereich der Kultur neue Maßstäbe gesetzt -als Schauspieler, Festivalintendant,
Regisseur, Manager und sogar Sparmeister. In vierzig Jahren hat er kein einziges Mal sein Etat überzogen",
weiß BM a. D. Laudator Karl "Charly" Blecha. "Jürgen Wilke ist der Gründervater
des niederösterreichischen Theatersommers und hat dem Theater mit seinem Charisma Leuchtkraft verliehen."
"Ein Theater zu leiten ist schon schwierig genug; ein englisches Theater zu leiten ist die Königsdisziplin",
so Laudatorin Katharina Stemberger. "Julia Schafranek bringt als Direktorin Instinkt, Risikobereitschaft und
Erfindungsreichtum mit; darüber hinaus strahlt sie Sicherheit, Kompetenz und Authentizität aus. Da ist
man gerne Teil des Teams". Zu guter Letzt bedankte sich Katharina Stemberger auch bei der Stadt Wien, die
den künstlerischen Wert des Vienna's English Theatres anerkennt.
Julia Schafranek wurde als Tochter von Prof. Ruth Brinkmann und Prof. Dr. Franz Schafranek, den Gründern
von "Vienna's English Theatre", 1967 in Wien geboren. Schon als Kind hat sie repräsentative Aufgaben
im Theater übernommen und lernte zahlreiche englischsprachige Stars wie Marianne Faithfull, David Cameron,
Tennessee Williams und Gracia Patricia von Monaco (Grace Kelly) kennen. Von 1974 bis 1985 besuchte Julia Schafranek
die Volks- und Mittelschule des Lycée Francais de Vienne, welche sie mit der Matura im Jahr 1985 abschloss.
Im Anschluss studierte sie zwei Jahre Literaturwissenschaft in Rouen und Paris.
Nach dem Tod ihres Vaters 1991 stand Julia Schafranek ihrer bereits schwer erkranken Mutter Ruth Brinkmann bei
der Leitung des Theaters zur Seite und übernahm den Bereich der Schooltours von "Vienna's English Theatre",
seit dem Tod ihrer Mutter im Jänner 1997 leitet Julia Schafranek das Theaters zur Gänze. Sie ist die
künstlerische und kaufmännische Leiterin des Theaters und realisiert pro Saison fünf große
Produktionen, die durchgehend bis zu sieben Wochen lang laufen. Anders als ihre Eltern führt Julia Schafranek
weder Regie noch steht sie selbst auf der Bühne, sondern ist für die Spielplanerstellung, Castings und
alle organisatorischen Agenden sowie den Kontakt zu KünstlerInnen und Sponsoren zuständig. 2004 wurde
"Vienna's English Theatre" mit dem Nestroy-Spezialpreis für die "verdienstvolle Arbeit der
letzten 40 Jahre" ausgezeichnet. 2010 gründete Julia Schafranek die englischsprachige Theaterschule "Showtime",
in der Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren ihre Sprachkenntnisse auf spielerische Art und Weise
trainieren und dabei auch ihre schauspielerischen Talente entdecken können.
Jürgen Wilke wurde 1928 in Berlin-Karlshorst geboren. 1937 übersiedelte er mit seiner Familie
nach Königsberg, wo der Vater einen leitenden Posten in den Strebelwerken angenommen hatte. Seine schauspielerische
Ausbildung begann mit einem zweimonatigen Privatunterricht bei der etablierten Mimin Agnes Windeck, kurz darauf
schaffte er die Aufnahmeprüfung für die Schauspielschule in Hamburg, die er im Mai 1949 erfolgreich absolvierte.
Bühnenerfahrung als Edelstatist und in kleinen Rollen konnte er ab 1948 sammeln, seine erste tragende Rolle
spielte er am Oldenburgischen Staatstheater in der "Karthagischen Komödie" von Per Schwenzen. In
Folge erhielt Wilke ein einjähriges Engagement in Oldenburg, danach in Kiel. Seine wesentliche künstlerische
Prägung erfuhr Wilke durch Gustaf Gründgens, der ihn 1951 für vier Jahre in sein Ensemble nach Düsseldorf
und danach ans Schauspielhaus Hamburg holte. Wilkes große Rolle in dieser Zeit war der Max Piccolomini in
"Wallensteins Tod" mit Gründgens in der Hauptrolle. Nach Auftritten in Shakespeares "Hamlet"
in Passau sowie am Theater in der Josefstadt, wo er an der Seite von Oskar Werner zu sehen war, wurde er 1956 Ensemblemitglied
des Wiener Burgtheaters. Er stand dort mit Theatergrößen wie Susanne von Almassy, Paula Wessely, Raoul
Aslan oder Werner Krauß auf der Bühne.
Dann kam es zu einem Karriereknick: Ende 1958 erkrankte Wilke an Lungentuberkulose, deren Ausheilung sich über
drei Jahre hinzog. Obwohl sein Vertrag am Burgtheater verlängert wurde, erhielt er nach seiner Genesung keine
großen Rollen. Von April 1963 bis Jänner 1964 wurde er für eine große Südamerika-Tournee
beurlaubt, die er mit seiner wichtigsten schauspielerischen Partnerin und späteren Ehefrau Katharina Kutschera
bestritt.
Ab Mitte der 1960er Jahre forcierte Wilke sein Engagement bei Festspielen und fungierte erstmals für zwei
Jahre als Intendant der Andernacher Burgspiele. In den folgenden viereinhalb Jahrzehnten hatte er die Intendanz
der Stockerauer Festspiele (1971-1997), der Perchtoldsdorfer Sommerspiele (1981-1996) sowie des Laxenburger Kultursommers
(1980-2011) inne.
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