MAK setzt mit dieser Ausstellung einen letzten Höhepunkt im Jubiläumsjahr
zu seinem 150. Geburtstag – Von 17. Dezember 2014 bis 19. April 2015
Wien (mak) - Mit der Ausstellung "Wege der Moderne. Josef Hoffmann, Adolf Loos und die Folgen"
setzt das MAK einen letzten Höhepunkt im Jubiläumsjahr zu seinem 150. Geburtstag. Ausgehend von den legendären
Werken von Josef Hoffmann (1870-1956) und Adolf Loos (1870-1933) erzählt die Schau in eindrucksvoller Weise
die Entwicklung der Wiener Moderne zur Weltmarke. Mit Radikalität, Konsequenz und pointierter Schärfe
erarbeiteten Hoffmann und Loos, die einflussreichsten Gestalter in Wien um 1900, zwei für die damalige Zeit
spektakuläre, völlig konträre Alternativen für die Modernität in Kunst, Architektur und
Design. "Wege der Moderne" widmet sich nicht nur den Denkweisen und Schlüsselwerken der beiden Visionäre,
sondern auch der Vorgeschichte ihrer Ideen und deren Weiterleben in Werken von international bekannten Architektur-
und Designschaffenden bis heute.
Der Industrialisierungs- und Demokratisierungsprozess in Wien um 1900 bot den Rahmen für die Ideen von Hoffmann
und Loos, die mit einem "schöpferischen" und einem "ökonomischen" Weg zwei erfolgreiche
Ansätze für die zunehmend bedeutende, individuelle Identität der KonsumentInnen boten. Hoffmann
interpretierte Architektur und Design als künstlerische Projekte, Loos dagegen verstand Kunst als einen autonomen
Bereich, der nichts mit der Herstellung alltäglicher Bauten und Gebrauchsgegenstände zu tun hat. Hoffmann
wollte moderne Kunst liefern, Loos moderne Kultur schaffen.
Josef Hoffmann glaubte an die Kraft des Ästhetischen und generierte künstlerisch komplett durchkomponierte,
handwerklich gefertigte Umwelten in Architektur und Gebrauchsgegenständen. Adolf Loos hingegen fühlte
sich evolutionären und emanzipatorischen Prinzipien verpflichtet und sah die Aufgabe von Architektur und Design
darin, einen nachhaltigen und unaufdringlichen Hintergrund für die Entfaltung von Individualität herzustellen.
Bewährte Typen von Gebrauchsgegenständen und Architektur, die keiner künstlerischen Neugestaltung
bedürfen, waren dafür aus seiner Sicht am besten geeignet. Ihren Erfolg verdankten Hoffmann und Loos
dem künstlerisch-intellektuellen Milieu der Großstadtkultur Wiens um 1900 und einer kongenialen Synergie:
Kulturell aufgeschlossene und wirtschaftlich potente, neue Gesellschaftsschichten trafen auf eine junge, avantgardistische
und international gut vernetzte KünstlerInnenschaft.
Die Oeuvres von Hoffmann und Loos avancierten in diesem Umfeld zu einflussreichen Beiträgen zur international
heftig geführten Debatte über die "richtige" Ausrichtung der modernen Bewegung. Die Wiener
Secession lud prominente englische, französische, deutsche und belgische KünstlerInnen zu ihren Ausstellungen
ein, Hoffmann errichtete mit dem "Palais Stoclet" (1905-1911) in Brüssel gemeinsam mit der Wiener
Werkstätte eines der Hauptwerke der internationalen Art-Nouveau-Bewegung. Adolf Loos lebte drei Jahre lang
in den USA und brachte von dort ein völlig neues Bild moderner Kultur nach Wien, das er in polemischen Zeitungsartikeln
verbreitete und im berühmten "Looshaus" (1910-1911) am Michaelerplatz demonstrierte. Seine brillanten
Schriften werden noch heute als "Altes Testament" der Moderne gelesen und geschätzt.
Ausstellungskonzept
Die Ausstellung "Wege der Moderne. Josef Hoffmann, Adolf Loos und die Folgen" zeigt in fünf Kapiteln,
wie es am Weg zur Entfaltung des Individuums zu diesen erfolgreichen modernen Zivilisationstheorien und Lebensweisen
kam und wie sie bis in die Gegenwart weiterwirken.
Mit einer Auswahl von Schlüsselwerken an Bauten, Einrichtungen, Gebrauchsgegenständen und Schriften wird
eingangs dargestellt, auf welchen Leistungen ihrer Vorgänger, darunter Theophil Hansen und Otto Wagner, die
Künstler der von Josef Hoffmann mitbegründeten Wiener Secession und ihr Antipode Adolf Loos aufbauten.
Im Fokus stehen hier die Reaktionen von ArchitektInnen auf die von der Industrialisierung ausgelöste Krise
des Kunstgewerbes und die Entwicklung einer genuin modernen Formensprache.
Das zentrale Kapitel in der großen MAK-Ausstellungshalle ist dem Höhepunkt der Wiener Moderne in den
Jahren zwischen der Gründung der Secession 1897 und der Vollendung der Hauptwerke um 1910 gewidmet. Ausgehend
von durchaus noch ähnlichen frühen Lösungsansätzen von Hoffmann und Loos werden in Rekonstruktionen
und Modellen ihre schon bald gegensätzlichen Interpretationen wichtiger Bauaufgaben einander gegenübergestellt.
Dazu gehören Einzelmöbel ebenso wie das moderne Stadthaus in Form des Wohn- und Geschäftshauses
"Looshaus" (Wien, 1910-1911) sowie das vom Großindustriellen Adolphe Stoclet in Auftrag gegebene
und von Hoffmann erbaute Wohnpalais "Palais Stoclet" (Brüssel, 1905-1911).
Erstmals werden in diesem Ausstellungsbereich Rekonstruktionen zweier fast gleichzeitig entstandener Innenräume
verglichen. Sie präsentieren beispielhaft die unterschiedlichen Grundhaltungen der Antipoden: Im Schlafzimmer
der von Josef Hoffmann gestalteten Wohnung Salzer (Wien, 1902) sind alle Objekte in einem strengen Quadrat-Ornamentsystem
geordnet. Im Schlafzimmer in Loos' eigener Wohnung (Wien, 1903) schafft dagegen die dominant haptische Ästhetik
von Wandvorhängen und Teppichen, die nicht von ihm gestaltet wurden, eine intime Atmosphäre.
Zwei weitere Abschnitte von "Wege der Moderne" beleuchten das inspiratorische Potenzial von Josef Hoffmanns
ästhetizistischer Haltung und Adolf Loos' evolutionär-emanzipatorischer Strategie. Eine neue ArchitektInnengeneration
ließ schon ab 1910 weitere Wege der Moderne entstehen, die auf Hoffmann und Loos aufbauten. Sie entwickelte
entweder lebensnahe Synthesen aus deren Ansätzen oder setzte radikal auf die industrielle und kollektivistische
Karte. Die konträren Positionen von Secession und Adolf Loos werden durch Rekonstruktionen des opulenten "Boudoir
d'une grande Vedette", Hoffmanns Beitrag 1937 auf der Weltausstellung in Paris, und Margarete Schütte-Lihotzkys
"Wohnung einer berufstätigen Frau" (München, 1929) illustriert. Die neuen, human und sozial
geprägten Synthesen verdeutlichen Arbeiten von Oskar Strnad und Josef Frank. Die international orientierte
österreichische Avantgarde ist mit Ernst Plischke und dem Wiener Büro Singer & Dicker vertreten.
Das letzte Kapitel der Ausstellung zeigt das Fortwirken der Denkweisen von Hoffmann und Loos nach 1945. Einem Abschnitt
über die Wiederentdeckung der beiden Pioniere der Moderne in den 1960er Jahren folgt eine Demonstration der
Verselbständigung und Verfügbarkeit von Formen und Ideen der Wiener Moderne in der nunmehr etablierten
Konsumgesellschaft. Die Postmoderne der 1970er und 1980er Jahre experimentierte intensiv damit - dies belegen unter
anderem Werke von Hans Hollein und Hermann Czech. Die gegenwärtige Architekturproduktion setzt hingegen wieder
vermehrt auf den ökonomisch-emanzipatorischen Weg der Moderne, wie in aktuellen Ready-made-Konzepten etwa
von Lacaton & Vassal (Paris), von Loos geprägten Raumplan-Strategien von Werner Neuwirth (Wien) und Selbstbefähigungsprojekten
unter anderem von Anna Heringer (Laufen, DE) deutlich sichtbar wird.
Zur Ausstellung erscheint im Birkhäuser-Verlag ein 300 Seiten starker, reich illustrierter Katalog in deutscher
und englischer Sprache mit zahlreichen Beiträgen international renommierter ExpertInnen aus Europa und den
USA.
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