Österreich mit hoher, aber stagnierender Wettbewerbsfähigkeit
Brüssel (ec) - Laut zweier am 11.09. von der EU-Kommission veröffentlichter Berichte zur Wettbewerbsfähigkeit
der Industrie, müssen die EU und die Mitgliedstaaten in einigen Bereichen dringend handeln: Investitionen;
Zugang zu Finanzmitteln; öffentliche Verwaltung; Zugang zu ausländischen Märkten; Innovationen sowie
Energiepreise. Österreich hat demnach eine solide Wettbewerbsbasis, die aber stagniert. Den Berichten zufolge
hat die österreichische Industrie vor allem Probleme bei der Besetzung von Stellen mit geeigneten Fachkräften
sowie einer nach wie vor zu hohen Verwaltungslast für Unternehmen. Dieser "Government Effectiveness Index"
ging in Österreich im Vergleich zum Bericht 2008 deutlich zurück. In der EU können die Niederlande,
Deutschland, Dänemark und Irland ihre hohe Wettbewerbsfähigkeit weiter auszubauen, während Slowenien,
Bulgarien, Kroatien, Malta und Zypern deutlich stagnieren. Ein Großteil der mittelosteuropäischen EU-Länder
sowie Spanien und Griechenland können den Berichten zu Folge ihre moderate Wettbewerbsbasis nach der Finanzkrise
wieder ausbauen.
Das verarbeitende Gewerbe der EU besitzt eine Reihe von Wettbewerbsvorteilen, die auch im derzeit schwierigen
wirtschaftlichen Umfeld genutzt werden sollten, um das Wirtschaftswachstum voranzubringen. Zu diesem Schluss kommen
zwei Berichte über die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, die die Kommission heute veröffentlicht
hat. Damit das Wachstum jedoch nicht zum Stillstand kommt, müssen die EU und die Mitgliedstaaten in einigen
Bereichen dringend handeln: Investitionen; Zugang zu Finanzmitteln; öffentliche Verwaltung; Zugang zu ausländischen
Märkten; Innovationen sowie Energiepreise.
Ferdinando Nelli Feroci, EU-Kommissar für Industrie und Unternehmertum, erklärte hierzu: „Ich erkenne
die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie an. Es gibt
jedoch noch viel zu tun. Wenn wir den Mangel an Investitionen, die Schwierigkeiten beim Zugang zu Finanzmitteln,
die hohen Energiepreise und die fehlende Effizienz der öffentlichen Verwaltung angehen, haben unsere Unternehmen,
vor allem die kleinen und mittleren Firmen, bessere Chancen auf dem Weltmarkt.“
Starke Unterschiede bei der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zwischen den Mitgliedstaaten
Bei der Betrachtung, wie die Lage in den Mitgliedstaaten jetzt ist und wie sie sich entwickelt, zeigen sich vier
Gruppen:
Mitgliedstaaten mit hoher und weiter zunehmender Wettbewerbsfähigkeit: Niederlande, Deutschland, Dänemark
und Irland.
Mitgliedstaaten mit hoher, jedoch stagnierender oder rückläufiger Wettbewerbsfähigkeit: Belgien,
das Vereinigte Königreich, Österreich, Frankreich, Italien, Luxemburg, Schweden und Finnland.
Mitgliedstaaten mit moderater, jedoch zunehmender Wettbewerbsfähigkeit: Estland, Litauen, Spanien, Lettland,
die Tschechische Republik, Ungarn, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei und Griechenland.
Mitgliedstaaten mit moderater und stagnierender oder rückläufiger Wettbewerbsfähigkeit: Slowenien,
Bulgarien, Kroatien, Malta und Zypern.
Die EU hat Wettbewerbsvorteile ...
Alles in allem bestehen die Wettbewerbsvorteile der EU im verarbeitenden Gewerbe nach wie vor: hochqualifizierte
Arbeitskräfte, ein hoher inländischer Wertschöpfungsanteil an den Exportgütern und komparative
Vorteile durch komplexe und hochwertige Produkte. Zudem haben die Mitgliedstaaten seit Beginn der Krise 2008 zahlreiche
Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit umgesetzt.
... doch einige Bereiche sind nicht außer Acht zu lassen
Die Analyse der Daten der beiden Berichte zeigt, dass in folgenden Bereichen zu prüfen ist, ob die Politik
handeln muss:
Branchenübergreifend sind mehr Investitionen nötig, damit die europäische Industrie ihre Wettbewerbsfähigkeit
erhalten kann.
Kleine und junge Firmen tun sich schwerer als andere Unternehmen, Bankkredite zu erhalten, selbst wenn ihre finanziellen
Ergebnisse genauso gut sind.
Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch effizientere Innovationen und die kommerzielle Nutzung von Forschungsergebnissen
sowie die Verfügbarkeit hochqualifizierter Arbeitskräfte gefördert.
Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit müssen die Kosten und Unwägbarkeiten für Unternehmen
beim Umgang mit der öffentlichen Verwaltung reduziert werden. Je effizienter die Verwaltung ist, desto höher
ist die Zahl der schnell wachsenden Firmen, insbesondere da sie höhere Umsätze verbuchen. Aufwendige
und kostspielige Steuervorschriften, Korruption und ineffektive Rechtssysteme schaden dem Wachstum der Unternehmen
am meisten. Die meisten Mitgliedstaaten müssen außerdem stärker berücksichtigen, welche Auswirkungen
Vorschriften und Bestimmungen in anderen Bereichen auf die Wettbewerbsfähigkeit haben.
KMU brauchen Hilfe bei der Internationalisierung ihrer Tätigkeit. Kleinere und jüngere Unternehmen profitieren
derzeit seltener vom Vordringen auf ausländische Märkte. Politische Maßnahmen zur Verbesserung
des Geschäftsumfelds (Zugang zu Kapital, Qualifizierung zur Förderung von Innovationen und Maßnahmen
zur Produktivitätssteigerung) sind wichtig, um kleinen Firmen bei der Ausweitung ihrer Exporte zu helfen.
Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch die Strom- und Gaspreise beeinträchtigt, die in der EU höher
sind als in einer Reihe anderer Volkswirtschaften. Die negativen Auswirkungen der gestiegenen Preise konnten durch
Verbesserungen bei der Energieeffizienz nicht vollständig ausgeglichen werden. Daher sind effiziente Strommärkte
und eine Diversifizierung der Energiequellen erforderlich, damit die Energieversorgung zu erschwinglichen Preisen
sichergestellt ist.
Nächste Schritte
Die Ergebnisse des Berichts werden für evidenzbasierte politische Maßnahmen auf EU-Ebene und auf nationaler
Ebene herangezogen. Sie fließen in die Debatte des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ am 25. und 26. September
2014 ein und auch in die Empfehlungen für haushalts- und strukturpolitische Reformen, die die Kommission im
Rahmen des Europäischen Semesters an die Mitgliedstaaten ausspricht.
Hintergrund
Die Berichte über die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie werden jährlich erstellt, damit evidenzbasierte
Indikatoren für die Politikgestaltung der EU sowie der einzelnen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen.
Der europäische Wettbewerbsfähigkeitsbericht „Helping Firms Grow (Das Wachstum der Unternehmen unterstützen)“
von 2014 enthält eine quantitative Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie und bietet empirisch
belegte Antworten auf wichtige Fragen der industriepolitischen Debatte. In dem Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit
der Mitgliedstaaten für 2014 („Die Reindustrialisierung Europas“) wird die Umsetzung der Industriepolitik
auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene auf der Grundlage von Indikatoren und nach Ländern aufgeschlüsselt
bewertet.
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