Wien (universität) - ChemikerInnen erforschen Verderb von Lebensmitteln Annette Rompel und ihr Team vom
Institut für Biophysikalische Chemie der Universität Wien erforschen die "Bräunungsreaktion"
beim Verderb von Champignons. Die ForscherInnen konnten nachweisen, dass das dafür zuständige Enzym bereits
gebildet wird, wenn der Pilz noch gar nicht verdorben ist. Die Studie erscheint aktuell online in den renommierten
Fachjournalen Phytochemistry und Acta Crystallographica.
Das Verständnis der Wirkungsweise des Pigmentierung-Enzyms Tyrosinase ist sowohl von medizinischem, als
auch technologischem Interesse. Das Kupfer enthaltende Enzym gilt bei Tieren und Menschen als unentbehrlich für
den Schutz vor UV-Strahlung und liefert zugleich auch Informationen zur Verhinderung des Verderbs von Lebensmitteln.
Champignons sind dabei aufgrund ihrer niedrigen Kosten und der guten Verfügbarkeit eine wertvolle Quelle für
die WissenschafterInnen. Vor allem wegen ihres hohen Enzymgehaltes werden die Pilze für Untersuchungen an
der Tyrosinase geschätzt. Die Champignons dienen daher auch als Modellorganismus zur Untersuchung von Bräunungsreaktionen.
Bildung in inaktiver Vorstufe
Seit 2012 ist bekannt, dass sechs verschiedene Tyrosinasen (PPO1 bis 6) im Champignon existieren, von denen
zwei in größeren Mengen vorkommen (PPO3 und PPO4). Das für die Bräunungsreaktion verantwortliche
Enzym wird dabei in sogenannten Eukaryoten (Lebewesen, die einen Zellkern besitzen) in einer inaktiven Vorstufe
des Entwicklungsprozesses gebildet. Diese Vorstufe wird dann durch eine Spaltung aktiviert. Dabei wird der das
aktive Zentrum abdeckende Teil des Enzyms entfernt und die Substrate (Tyrosin und andere Monophenole) können
umgesetzt werden.
Neuer Isolierungsweg und eine außergewöhnliche Reagenz führten zum Erfolg
Keiner der bis dahin in der Literatur bekannten Isolierungswege konnte für PPO4 erfolgreich angewendet werden.
Im Institut für Biophysikalische Chemie wurde nun eine Methode entwickelt, die es erstmals erlaubt, die latente
Tyrosinase aus deren natürlicher Quelle zu isolieren. Die Enzym-Charakterisierung fand in enger Zusammenarbeit
mit dem Massenspektrometriezentrum der Universität Wien der Fakultät für Chemie unter der Leitung
von Andreas Rizzi statt. Nachdem genügend große Mengen von reinem PPO4 extrahiert werden konnten, gelang
es den WissenschafterInnen, Kristallisationsbedingungen zu finden und zu optimieren, unter denen das Protein Einkristalle
bildet. Dieses gelang nur unter dem Einsatz eines relativ außergewöhnlichen Co-Kristallisation Reagenz,
einem Polyoxometallat des Anderson-Typs.
Wesentlich für Medizin und Biotechnologie
Der Dissertant Stephan Mauracher hat das Projekt im Rahmen des Initiativkollegs "Functional Molecules"
der Universität Wien bearbeitet. "Es ist gelungen, das Enzym in ausreichender Menge zu reinigen und zu
charakterisieren. Ulrich Kortz von der Jacobs University Bremen hat das Polyoxometallat synthetisiert und als Additiv
für die Proteinkristallisation vorgeschlagen. Das Forschungsvorhaben wurde sodann als FWF Einzelprojekt weiter
geführt. So gelang die Kristallisation und die drei-dimensionale Strukturlösung von PPO4", so Rompel
abschließend.
Publikation in Phytochemistry
S. G. Mauracher, C. Molitor, C. Michael, M. Kragl, A. Rizzi and A. Rompel
"High level protein-purification allows the unambiguous polypeptide determination of latent isoform PPO4 of
mushroom tyrosinase." Phytochemistry 99 (2014) 14-25.
Publikation in Acta Crystallographica Section F - Structural Biology and
Crystallization Communication
S. G. Mauracher, C. Molitor, R. Al-Oweini, U. Kortz and A. Rompel "Crystallization
and preliminary X-ray crystallographic analysis of latent isoform PPO4 mushroom (Agaricus bisporus) tyrosinase"
Acta Cryst. F70 (2014) 263-266.
Publikation in Acta Crystallographica Section D - Biological Crystallography
S. G. Mauracher, C. Molitor, R. Al-Oweini, U. Kortz and A Rompel: Latent
and active abPPO4 mushroom tyrosinase cocrystallized with hexatungstotellurate(VI) in a single crystal.
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