EU-Ausschuss sieht noch großen Änderungsbedarf beim Entwurf zum Tierzuchtrecht
Wien (pk) - Die Bemühungen der EU um eine verbesserte unionsweite Abfallpolitik werden zwar grundsätzlich
begrüßt, dennoch sehen die Mitglieder des EU-Ausschusses des Bundesrats den vorliegenden diesbezüglichen
Richtlinienvorschlag sehr kritisch. Aus diesem Grund wurde am 18.09. eine Subsidiaritätsrüge beschlossen,
in der die Bundesrätinnen und Bundesräte feststellen, das Vorhaben sei mit dem Subsidiaritätsprinzip
und mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar. Auch die Landtage von Wien und Niederösterreich
haben massive Bedenken gegen die EU-Intentionen geäußert und ebenfalls ablehnende Stellungnahmen ihrer
EU-Ausschüsse übermittelt.
Höhere Ziele im EU-Abfallrecht derzeit nicht sinnvoll
Vor allem halten es die Bundesrätinnen und Bundesräte nicht für sinnvoll, die derzeit festgelegten
Ziele weiter hinauf zu setzen, wenn zwei Drittel der Mitgliedstaaten diese noch immer verfehlen. Der unterschiedliche
Stand in der Abfallwirtschaft behindere einen fairen Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten, hält die Stellungnahme
fest, vorrangiges Ziel müsse es daher sein, eine vollständige Umsetzung und Erfüllung der bisherigen
Regelungen sicherzustellen. Im Ausschuss wurde auch die optimistische volkswirtschaftliche Darstellung in Zweifel
gezogen, zumal in Österreich durch die derzeitige Recyclingquote im Bereich des Haushaltsabfalls zwar Arbeitsplätze
entstanden sind, die Kosten für die Abfallwirtschaft sich seit 1995 jedoch mehr verdreifacht haben.
Kritisch sehen die LändervertreterInnen ferner die gleichzeitige Änderung von vier zusammenhängenden
Parametern, nämlich die Definitionen, die Recyclingziele, die Deponieverbote und Deponiequote sowie die Berechnungsmethoden.
Die Auswirkungen seien nicht nachvollziehbar, da sowohl die Bezugsbasis wie auch die Berechnungsmethode geändert
werden sollen. Es gebe keine Abschätzung, wie sich die neuen Definitionen und die neue Berechnung auf die
jetzigen Recyclingziele und die derzeitige Erfüllung in den Mitgliedsstaaten auswirkt, wird argumentiert.
Die Ausschussmitglieder sprechen sich daher dafür aus, die Recyclingziele realistisch zu setzen und die Basis
für die Berechnung dieser Ziele klar zu definieren und zu vereinheitlichen. Die Ziele müssten für
alle Mitgliedsstaaten in der vorgegebenen Zeit umsetzbar sein, so die begründete Stellungnahme (Subsidiaritätsrüge),
die Reduktion der Deponiemenge sei mit realistischen Zielen festzulegen und zu einer aussagekräftigen Basis
in Bezug zu stellen.
Die Beschlussfassung der begründeten Stellungnahme erfolgte mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ.
Die Ablehnung der Grünen sei nicht auf inhaltliche Gründe zurückzuführen, wie Marco Schreuder
(G/W) seine Haltung erläuterte, sondern, weil er keine ausreichende Gelegenheit hatte, den kurz vorher vorgelegten
Antrag genau zu prüfen. Dass es in diesem Bereich einen hohen Handlungsbedarf gibt, stehe außer Zweifel,
betonte Schreuder.
Umweltressort und Wirtschaftskammer lehnen Vorschlag ebenfalls ab
Der Ausschuss teilt damit auch die Bedenken des Umweltressorts. Dessen Vertreterin unterstrich insbesondere die
Notwendigkeit, alle Mitgliedstaaten auf ein einheitliches realistisches Niveau heranzuführen, wobei der Schwerpunkt
auf ein qualitativ hochwertiges Recycling gelegt werden sollte. Die erweiterte Herstellerverantwortung geht für
sie zu weit, auch die große Zahl der delegierten Rechtsakte hält sie für ein Problem.
Die Wirtschaftskammer machte geltend, dass das Abfallrecht für die Betriebe viel Bürokratie und Kosten
verursache und dass der von der EU vorgelegte Vorschlag an zu vielen Schrauben auf einmal drehe. Der Interessensvertretung
geht die Herstellerverantwortung ebenfalls zu weit. Man könne auch nicht alles recyceln was recycelbar ist,
meinte der Vertreter der Kammer und forderte allgemein ein ausbalanciertes Maß im Abfallrecht ein.
Die Ziele der EU-Kommission
Der Grund für die Initiative der Kommission, die Ressourceneffizienz zu erhöhen und damit auch Impulse
zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft zu setzen, liegt in der Tatsache, dass zurzeit beträchtliche
Mengen potentieller Sekundärrohstoffe verlorengehen, die sich in Abfallströmen befinden. So fielen im
Jahr 2011 in der EU insgesamt rund 2,5 Milliarden Tonnen Abfälle an. Von den in der Union angefallenen Siedlungsabfällen
wurde beispielsweise nur ein begrenzter Anteil (40 %) recycelt, der Rest wurde in Deponien verbracht (37 %) oder
verbrannt (23 %), während etwa 500 Millionen Tonnen davon auf andere Weise hätten recycelt oder wiederverwendet
werden können, heißt es in der Begründung des Richtlinienentwurfs. Die Weiterentwicklung der Abfallpolitik
könne beträchtliche Vorteile durch nachhaltiges Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu
verhältnismäßig geringen Kosten mit sich bringen und gleichzeitig zur Verbesserung der Umwelt beitragen.
Außerdem gibt es große Unterschiede bei der Abfallbewirtschaftung innerhalb der EU-Mitgliedsländer.
Der Kommission geht es daher darum, Abfälle weitaus mehr als bisher zu vermeiden und eine umfassende Strategie
zur Bekämpfung unnötiger Lebensmittelabfälle zu gewährleisten. Das Aufkommen von Lebensmittelabfällen
soll bis 2025 um 30 % verringert werden. Für Verpackungsabfälle wird eine Wiederverwertung bis 2030 von
80% angestrebt. Zusätzlich sieht der Vorschlag sukzessive Deponierungsverbote für recyclingfähige
Materialien vor, die energetische Verwertung soll auf nicht recycelbare Materialien und die Deponierung auf nicht
verwertbare Abfälle begrenzt werden. Die Experten des Umweltministeriums machen jedoch darauf aufmerksam,
dass derzeit noch völlig unklar ist, welche Abfälle vom Verbot umfasst sind, außerdem sei die vorgesehene
Mengenbegrenzung nicht nachvollziehbar.
Ferner sollen die Begriffsdefinitionen angeglichen und die Berichtspflichten vereinfacht werden. Österreich
nimmt insbesondere Anstoß an so manchen Begriffsdefinitionen, da sie als ungeeignet empfunden werden. Das
Ministerium nennt beispielsweise die Definitionen für "Siedlungsabfälle", "Verfüllung"
oder "kleine Betriebe".
Abfallvermeidung sollte im Vordergrund stehen
In der Diskussion bekräftigten die Ausschussmitglieder, die in der begründeten Stellungnahme festgehaltenen
Kritikpunkte. So meinten etwa Sonja Zwazl (V/N), Franz Perhab (V/St) und Stefan Schennach (S/W) hinsichtlich der
bestehenden Kluft unter den Mitgliedsstaaten was die Erreichung der bereits jetzt geltenden Anforderungen betrifft,
die Schere würde weiter aufgehen, sollten die Ziele zum jetzigen Zeitpunkt angehoben werden. Erste Voraussetzung
für die Erhöhung wäre, dass alle Mitgliedstaaten die Durchschnittswerte erfüllen, sagte Perhab.
Für Zwazl besteht die Notwendigkeit, anderen Staaten etwa durch einen verbesserten Technologietransfer unter
die Arme zu greifen. Hier werde von Österreich bereits viel unternommen, erfuhr sie aus dem Ministerium.
Zwazl gab auch zu bedenken, dass man die Verantwortung nicht nur auf die Wirtschaft, abwälzen könne,
sondern hier auch die Bürgerinnen und Bürger ihren Teil dazu beitragen müssten. Dem stimmten Monika
Mühlwerth (F/W), Stefan Schennach (S/W) und Marco Schreuder (G/W) durchaus zu, sie meinten jedoch, dass man
vor allem bei der Müllvermeidung ansetzen müsse und dass hier die Wirtschaft aufgefordert sei, über
die Verpackungspraktiken nachzudenken. Die MandatarInnen hinterfragten auch die Regelungen zum Ablaufdatum von
Lebensmitteln und riefen zu mehr Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung auf. Lebensmittel seien kostbar und
die heutzutage weggeworfene Menge an nicht verdorbenen Lebensmitteln sei äußerst bedenklich. Die Expertin
des Umweltressorts informierte in diesem Zusammenhang die Ausschussmitglieder, dass gemeinsam mit dem in dieser
Frage federführenden Gesundheitsressort Änderungen bei der Regelung des Ablaufdatums geplant seien.
Schennach thematisierte zudem das Pfandsystem und führte Deutschland als positives Beispiel an. "Deponieren
heißt, die Wertschöpfung aus dem Müll nicht zu erkennen", fasste er zusammen. Er sei daher
grundsätzlich froh, dass sich die EU über die Abfallproblematik Gedanken macht, die genaue Ausgestaltung
sei jedoch national und regional zu betrachten.
Skepsis gegenüber Neuerungen im EU-Tierzuchtrecht – Mitteilung an Kommission geplant
Auf ebenfalls kritische Resonanz fiel der Vorschlag zum EU-Tierzuchtrecht. Die geplante Zusammenführung der
derzeit etwas zersplitterten Rechtsgrundlagen in einer Verordnung, die dann in den Mitgliedstaaten direkt gilt,
wurde zwar positiv bewertet, die inhaltliche Ausgestaltung des Entwurfs stieß jedoch auf Ablehnung. Einmal
mehr wandten sich die Bundesrätinnen und Bundesräte gegen die vorgesehen Fülle an delegierten Rechtsakten,
wodurch Änderungen ohne die Mitwirkung der Mitgliedsstaaten möglich wären. Ausschussvorsitzender
Edgar Mayer (V/V) nahm in diesem Zusammenhang sogar das Wort "unerträglich" in den Mund, Stefan
Schennach (S/W) sprach von einem "Exzess". Man kam daher im Ausschuss überein, für die nächste
Sitzung eine Mitteilung an die Kommission vorzubereiten, die auf der Stellungnahme der Bundesländer aufbaut
und sich auf die wesentlichen Kritikpunkte konzentriert. Man war sich einig, dass auch in diesem Fall das Prinzip
der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit verletzt wird.
Geht es nach der Kommission, sollen alle tierzuchtrechtlichen Bestimmungen für Rinder, Schweine, Pferde, Schafe
und Ziegen zusammengefasst werden. Der Entwurf bündelt daher auf weite Strecken schon bisher geltende Rechtsbestimmungen,
Neuregelungen gibt es hinsichtlich der Rechte und Pflichten von Zuchtorganisationen und Züchtern und der grenzüberschreitenden
Tätigkeiten von Zuchtorganisationen. Diese Vorschläge werden ebenso kritisiert wie die Kontrollbestimmungen,
die sowohl vom Landwirtschaftsressort als auch von den Ausschussmitgliedern als zu detailliert und damit überschießend
empfunden werden.
Auch das Fehlen einer juristischen Definition des Begriffs "Rasse" und das Ungleichgewicht zwischen Rechten
und Pflichten der Züchter und jenen der Zuchtorganisationen sieht man innerstaatlich noch als ein großes
Manko. Das wurde auch von Martin Preineder (V/N) unterstrichen. Er machte auch darauf aufmerksam, dass die Leistungsmerkmale
für manche österreichische Rinderrassen nicht anwendbar sind. Seitens des Landwirtschaftsressorts wurde
darauf hingewiesen, dass es für gefährdete Rassen erleichterte Bedingungen geben soll. In Österreich
würden diese seit 1995 sehr erfolgreich gefördert.
Sowohl Preineder als auch der Vertreter der Landwirtschaftskammer warfen ein, dass die Initiative der EU auch deshalb
problematisch sei, da sie zu sehr in die Zuständigkeiten der Länder greife und sich darin die föderale
österreichische Rechtsstruktur nicht wieder finde.
Die von Monika Mühlwerth (F/W) und Stefan Schennach (S/W) aufgeworfene Frage, inwieweit der Handel mit Zuchttieren
durch die Handelsabkommen mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP) berührt werden, konnte zum jetzigen Zeitpunkt
nicht beantwortet werden.
|