20 Jahre AMS

 

erstellt am
19. 09. 14
10.00 MEZ

Von der Arbeitslosen-Verwaltung zum "Skill-Matching"
Arbeitssuchende sollen künftig ihren Job nicht mehr nach Berufen, sondern nach ihren Fähigkeiten finden
Wien (ams/apa) - Am 17.09. feierte das Arbeitsmarktservice (AMS) sein 20-jähriges Bestehen. Aus dem Verwaltungsapparat ist eine Servicegesellschaft geworden, die künftig die Internet-Eigenrecherche deutlich ausbaut. Unter dem Titel "Skill-Matching" werden derzeit 14.000 Berufe auf 700 reduziert, für die es künftig Befähigungslisten gibt, mit denen die Suchenden den passenden Job finden sollen.

Geplanter Start für das "Skill-Matching" ist Mitte 2016. Die AMS-Berater sollen dann mehr in den Hintergrund treten und sich um jene Arbeitslosen kümmern, die trotz der Online-Eigenrecherche in den Datenbanken des AMS nicht fündig geworden sind. Mithilfe der Befähigungslisten sollen die Suchenden besser erkennen, welche Fähigkeiten ihnen für die angestrebten Jobs noch fehlen bzw. in welchen verwandten Berufen sie mit ihrem Können ebenfalls gefragt sind. Diese Befähigungslisten sollen jährlich durch die Beobachtung der Stelleninserate an den Bedarf der Wirtschaft angepasst werden.

Das AMS passt sich damit der stetig steigenden Dynamisierung des Arbeitsmarktes an, so AMS-Vorstand Herbert Buchinger im Gespräch mit der APA. Der lebenslange Job bei einem Arbeitgeber werde immer seltener, die Phasen kurzer Arbeitslosigkeit hingegen üblich. Eine Folge daraus ist, dass Arbeitslosigkeit nicht mehr als Katastrophe gesehen werde, sondern als Bestandteil des Berufslebens.

Große Veränderungen ortet Buchinger bei der Lehre. Früher sei ein Großteil der Jugendlichen in die Lehre und nicht in weiterbildende Schulen gegangen. Das habe sich gedreht - und von denen, die nicht weiter die Schulbank drücken, seien viele ohne Schulabschluss. Dazu käme, dass die Ausbildungsbetriebe weniger bereit seien, Erziehungsaufgaben wie Grüßen und pünktlich sein übernehmen zu wollen. Allerdings würden bereits ein Jahr nach Start der Schulungsmaßnahmen durch das AMS mehr als die Hälfte dieser schwierig vermittelbaren Jugendlichen am Arbeitsmarkt unterkommen. Buchinger wünscht sich eine bessere Durchlässigkeit beim Umstieg von der Lehre auf eine Fachhochschule.

Umbrüche gebe es auch bei der Beschäftigung von Ausländern. Schlecht qualifizierte Arbeitnehmer aus den Balkanstaaten würden durch gut ausgebildete Personen aus Osteuropa verdrängt. Hier würden sich Fehler in der Integrationspolitik der vergangenen Jahrzehnte rächen. Dass manche Gastarbeiter auch nach Jahrzehnten schlecht deutsch sprechen liege daran, dass sich ausländische Arbeitgeber Arbeiter aus ihrem Sprachkreis gesucht hätten - und dann der Bautrupp eben nur in der Muttersprache miteinander kommunizierte.

Bei arbeitslosen älteren Personen sei zu bemerken, dass es nicht nur die schlecht qualifizierten schwer hätten, sondern auch die top ausgebildeten Arbeitslosen. Buchinger führt dies darauf zurück, dass sich die Betriebe lieber Jungakademiker suchen, die sie für viele Jahre ans Unternehmen binden könnten, während sich bei älteren Arbeitslosen bereits die Pensionierung abzeichne. Dazu käme die Lohnkurve - ein über 50-jähriger verdiene nun mal im Schnitt das doppelte eines unter 25-jährigen.

Wobei das Problem Altersarbeitslosigkeit lange gar nicht als solches gesehen wurde. Bis Mitte der 90er-Jahre war es von der Politik sogar gewünscht, Ältere aus dem Arbeitsprozess zu nehmen um freie Arbeitsplätze zu schaffen. Von der verstaatlichten Industrie wurden damals Frühpensionierungen als Arbeitsmarktpolitik eingesetzt. Heute sei das zum Teil noch im Bankenbereich so - allerdings würden hier die Banken die Kosten selber tragen und nicht auf die Allgemeinheit abwälzen.

Auf Kritik an sinnlosen Schulungsmaßnahmen habe das AMS reagiert, hier würden die Berater nun besser geschult. Wie überhaupt die Ausbildung der AMS-Mitarbeiter stark professionalisiert wurde, betont Buchinger. Früher seien sie von älteren Kollegen nebenbei eingeschult worden, nun mache jeder Berater eine 42-wöchige Ausbildung in der AMS-Akademie in Linz. Nur noch 800 der 5.500 Berater seien beamtet. Der Arbeitsplatz AMS scheint jedenfalls sehr attraktiv zu sein - auf eine freie Beraterstelle kommen 50 Bewerber, so Buchinger.

Er räumte auch mit ein paar Mythen rund um Arbeitslosengeld und Notstandshilfe auf - etwa dass Personen mit Vermögen kein oder weniger Geld bekommen würden. Das Arbeitslosengeld richtet sich rein nach dem Erwerbseinkommen. Bei der Notstandshilfe werde auch das Vermögenseinkommen miteinbezogen, sofern es denn nennenswert ist, so Buchinger. Vereinfacht gesagt: Wer neben seiner Wohnung noch ein Gartenhäuschen hat braucht keinerlei Einschränkungen zu fürchten. Wer allerdings fünf Zinshäuser vermietet hat wird das beim Notstandsgeld merken. Um Arbeitslosengeld zu bekommen muss man in den letzten zwei Jahren 52 Wochen in Beschäftigung gewesen sein (bei unter 25-jährigen sind es 26 Wochen). Also nach Österreich zu kommen und sich gleich in die soziale Hängematte zu legen, wie manches Vorurteil lautet, spielt es nicht.

Reich wird man vom Arbeitslosengeld ohnehin nicht. Es beträgt 56 Prozent des letzten Jahres-Nettoeinkommens. Ausbezahlt wird es im Schnitt sechs Monate lang (abhängig vom Alter und den Beitragsjahren), dann muss der Jobsuchende Notstandshilfe beantragen.


 

Kickl: 20 Jahre AMS - es gibt nichts zu feiern
"Mit Sonntagsreden und Propaganda-Plattitüden lassen wir uns nicht mehr abspeisen."
Wien (fpd) - "Die höchste Arbeitslosigkeit in der zweiten Republik, leere Kassen beim AMS: Es gibt nichts zu feiern nach 20 Jahren Arbeitsmarktservice", kritisiert FPÖ-Sozialsprecher NAbg. Herbert Kickl. "Mit Sonntagsreden und Propaganda-Plattitüden lassen wir uns nicht mehr abspeisen. Im nächsten Sozialausschuss im Parlament sollen sich die Proporzzwillinge des AMS, Kopf und Buchinger, einer offenen Diskussion stellen. Sozialminister Hundstorfer muss seine beiden Vorstände laden", fordert Kickl.

Im Winter drohe die Arbeitslosigkeit die 500.000er-Schwelle zu überschreiten - und das obwohl immer mehr Arbeitslose in Kursen versteckt würden. Das AMS habe ein Finanzierungsproblem, es drohe die Erhöhung der Beiträge in die Arbeitslosenversicherung. Gleichzeitig würden nach wie vor Millionen in einem völlig intransparenten Schulungssystem versickern, dessen Sinnhaftigkeit immer mehr Betroffene in Frage stellen würden. "'Weil nicht sein kann, was nicht sein darf': All das negieren sowohl die AMS-Vorstände als auch Sozialminister Hundstorfer hartnäckig", so Kickl.

"Die bisherige Arbeitsmarktpolitik ist eine Geschichte des Versagens. Schlüssige Konzepte für die Zukunft sind nicht in Sicht. Seit Rudolf Hundstorfer das Sozialressort übernommen hat, befinden wir uns in einer Endlosspirale steigender Arbeitslosigkeit. Es ist Zeit für Antworten", fordert Kickl.


 

Leitl: Erfolgsstory aktiver Arbeitsmarktpolitik fortsetzen
Geteilte Verantwortung im Arbeitsmarktservice zwischen Sozialpartnern und Regierung macht Österreich zum internationalen Vorbild
Wien (pwk) - "Die 1994 vollzogene Ausgliederung des Arbeitsmarktservice aus der Bundesverwaltung war eine gute Entscheidung und der Beginn einer Erfolgsstory. Die Überlegung, dass eine wirkungsvolle Arbeitsmarktpolitik der Abstimmung zwischen Regierung, Arbeitnehmern und Arbeitgebern bedarf, erwies sich als goldrichtig und macht Österreichs AMS zu einem 'Best Practice' in Europa," betonte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl anlässlich der Feier "20 Jahre AMS" im Haus der Wirtschaft in Wien. Zu den zahlreichen Gratulanten zählten unter anderem Finanzminister Hans Jörg Schelling, Sozialminister Rudolf Hundstorfer, sowie die Minister a.D. Martin Bartenstein, Erwin Buchinger und Franz Hums.

Fachkräftemangel als Herausforderung der Zukunft
Gemeinsam mit dem AMS-Management, Arbeitsmarktexperten und weiteren Vertretern aus Wirtschaft und Politik ließ man die Entwicklung des AMS in den letzten 20 Jahren Revue passieren und beleuchtete Zukunftsperspektiven vor dem Hintergrund einer angespannten Arbeitsmarktlage in ganz Europa. Leitl wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es eine große Herausforderung für Österreich sein werde, den derzeitigen Spitzenplatz im EU-Arbeitsmarktranking auch in Zukunft zu halten. Dafür seien Wachstumsimpulse und aktives Gegensteuern notwendig. Ein zentrales Thema dabei sei der schärfer werdende Fachkräftemangel.

Einen Lösungsweg, um dem immer größer werdenden Missmatch am Arbeitsmarkt zu begegnen, sieht Leitl in einer noch stärkeren Zusammenarbeit des AMS mit den Unternehmen: "Der richtige Mix zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung erweist sich auch in der betrieblichen Lehrausbildung als erfolgreich." Die theoretischen Weiterbildungen im AMS sollten mehr als bisher durch praktische Ausbildungsteile in den Betrieben ersetzt und damit aufgewertet werden.

Schritt in die Selbständigkeit als neuer Erfolgsweg
Besonderen Dank sprach der WKÖ-Präsident dem AMS-Management für seine Innovationen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik aus, speziell aber für Programme zur Förderung der Selbständigkeit: "Das eröffnet Menschen in einer schwierigen persönlichen Situation einen neuen Erfolgsweg." Allein im vergangenen Jahr schafften rund 5.000 Personen mit Begleitung des AMS diesen Umstieg ins Unternehmertum.

 

 

 

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