Von der Arbeitslosen-Verwaltung zum "Skill-Matching"
Arbeitssuchende sollen künftig ihren Job nicht mehr nach Berufen, sondern nach ihren
Fähigkeiten finden
Wien (ams/apa) - Am 17.09. feierte das Arbeitsmarktservice (AMS) sein 20-jähriges Bestehen. Aus dem
Verwaltungsapparat ist eine Servicegesellschaft geworden, die künftig die Internet-Eigenrecherche deutlich
ausbaut. Unter dem Titel "Skill-Matching" werden derzeit 14.000 Berufe auf 700 reduziert, für die
es künftig Befähigungslisten gibt, mit denen die Suchenden den passenden Job finden sollen.
Geplanter Start für das "Skill-Matching" ist Mitte 2016. Die AMS-Berater sollen dann mehr in den
Hintergrund treten und sich um jene Arbeitslosen kümmern, die trotz der Online-Eigenrecherche in den Datenbanken
des AMS nicht fündig geworden sind. Mithilfe der Befähigungslisten sollen die Suchenden besser erkennen,
welche Fähigkeiten ihnen für die angestrebten Jobs noch fehlen bzw. in welchen verwandten Berufen sie
mit ihrem Können ebenfalls gefragt sind. Diese Befähigungslisten sollen jährlich durch die Beobachtung
der Stelleninserate an den Bedarf der Wirtschaft angepasst werden.
Das AMS passt sich damit der stetig steigenden Dynamisierung des Arbeitsmarktes an, so AMS-Vorstand Herbert Buchinger
im Gespräch mit der APA. Der lebenslange Job bei einem Arbeitgeber werde immer seltener, die Phasen kurzer
Arbeitslosigkeit hingegen üblich. Eine Folge daraus ist, dass Arbeitslosigkeit nicht mehr als Katastrophe
gesehen werde, sondern als Bestandteil des Berufslebens.
Große Veränderungen ortet Buchinger bei der Lehre. Früher sei ein Großteil der Jugendlichen
in die Lehre und nicht in weiterbildende Schulen gegangen. Das habe sich gedreht - und von denen, die nicht weiter
die Schulbank drücken, seien viele ohne Schulabschluss. Dazu käme, dass die Ausbildungsbetriebe weniger
bereit seien, Erziehungsaufgaben wie Grüßen und pünktlich sein übernehmen zu wollen. Allerdings
würden bereits ein Jahr nach Start der Schulungsmaßnahmen durch das AMS mehr als die Hälfte dieser
schwierig vermittelbaren Jugendlichen am Arbeitsmarkt unterkommen. Buchinger wünscht sich eine bessere Durchlässigkeit
beim Umstieg von der Lehre auf eine Fachhochschule.
Umbrüche gebe es auch bei der Beschäftigung von Ausländern. Schlecht qualifizierte Arbeitnehmer
aus den Balkanstaaten würden durch gut ausgebildete Personen aus Osteuropa verdrängt. Hier würden
sich Fehler in der Integrationspolitik der vergangenen Jahrzehnte rächen. Dass manche Gastarbeiter auch nach
Jahrzehnten schlecht deutsch sprechen liege daran, dass sich ausländische Arbeitgeber Arbeiter aus ihrem Sprachkreis
gesucht hätten - und dann der Bautrupp eben nur in der Muttersprache miteinander kommunizierte.
Bei arbeitslosen älteren Personen sei zu bemerken, dass es nicht nur die schlecht qualifizierten schwer hätten,
sondern auch die top ausgebildeten Arbeitslosen. Buchinger führt dies darauf zurück, dass sich die Betriebe
lieber Jungakademiker suchen, die sie für viele Jahre ans Unternehmen binden könnten, während sich
bei älteren Arbeitslosen bereits die Pensionierung abzeichne. Dazu käme die Lohnkurve - ein über
50-jähriger verdiene nun mal im Schnitt das doppelte eines unter 25-jährigen.
Wobei das Problem Altersarbeitslosigkeit lange gar nicht als solches gesehen wurde. Bis Mitte der 90er-Jahre war
es von der Politik sogar gewünscht, Ältere aus dem Arbeitsprozess zu nehmen um freie Arbeitsplätze
zu schaffen. Von der verstaatlichten Industrie wurden damals Frühpensionierungen als Arbeitsmarktpolitik eingesetzt.
Heute sei das zum Teil noch im Bankenbereich so - allerdings würden hier die Banken die Kosten selber tragen
und nicht auf die Allgemeinheit abwälzen.
Auf Kritik an sinnlosen Schulungsmaßnahmen habe das AMS reagiert, hier würden die Berater nun besser
geschult. Wie überhaupt die Ausbildung der AMS-Mitarbeiter stark professionalisiert wurde, betont Buchinger.
Früher seien sie von älteren Kollegen nebenbei eingeschult worden, nun mache jeder Berater eine 42-wöchige
Ausbildung in der AMS-Akademie in Linz. Nur noch 800 der 5.500 Berater seien beamtet. Der Arbeitsplatz AMS scheint
jedenfalls sehr attraktiv zu sein - auf eine freie Beraterstelle kommen 50 Bewerber, so Buchinger.
Er räumte auch mit ein paar Mythen rund um Arbeitslosengeld und Notstandshilfe auf - etwa dass Personen mit
Vermögen kein oder weniger Geld bekommen würden. Das Arbeitslosengeld richtet sich rein nach dem Erwerbseinkommen.
Bei der Notstandshilfe werde auch das Vermögenseinkommen miteinbezogen, sofern es denn nennenswert ist, so
Buchinger. Vereinfacht gesagt: Wer neben seiner Wohnung noch ein Gartenhäuschen hat braucht keinerlei Einschränkungen
zu fürchten. Wer allerdings fünf Zinshäuser vermietet hat wird das beim Notstandsgeld merken. Um
Arbeitslosengeld zu bekommen muss man in den letzten zwei Jahren 52 Wochen in Beschäftigung gewesen sein (bei
unter 25-jährigen sind es 26 Wochen). Also nach Österreich zu kommen und sich gleich in die soziale Hängematte
zu legen, wie manches Vorurteil lautet, spielt es nicht.
Reich wird man vom Arbeitslosengeld ohnehin nicht. Es beträgt 56 Prozent des letzten Jahres-Nettoeinkommens.
Ausbezahlt wird es im Schnitt sechs Monate lang (abhängig vom Alter und den Beitragsjahren), dann muss der
Jobsuchende Notstandshilfe beantragen.
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Kickl: 20 Jahre AMS - es gibt nichts zu feiern
"Mit Sonntagsreden und Propaganda-Plattitüden lassen wir uns nicht mehr abspeisen."
Wien (fpd) - "Die höchste Arbeitslosigkeit in der zweiten Republik, leere Kassen beim AMS: Es
gibt nichts zu feiern nach 20 Jahren Arbeitsmarktservice", kritisiert FPÖ-Sozialsprecher NAbg. Herbert
Kickl. "Mit Sonntagsreden und Propaganda-Plattitüden lassen wir uns nicht mehr abspeisen. Im nächsten
Sozialausschuss im Parlament sollen sich die Proporzzwillinge des AMS, Kopf und Buchinger, einer offenen Diskussion
stellen. Sozialminister Hundstorfer muss seine beiden Vorstände laden", fordert Kickl.
Im Winter drohe die Arbeitslosigkeit die 500.000er-Schwelle zu überschreiten - und das obwohl immer mehr Arbeitslose
in Kursen versteckt würden. Das AMS habe ein Finanzierungsproblem, es drohe die Erhöhung der Beiträge
in die Arbeitslosenversicherung. Gleichzeitig würden nach wie vor Millionen in einem völlig intransparenten
Schulungssystem versickern, dessen Sinnhaftigkeit immer mehr Betroffene in Frage stellen würden. "'Weil
nicht sein kann, was nicht sein darf': All das negieren sowohl die AMS-Vorstände als auch Sozialminister Hundstorfer
hartnäckig", so Kickl.
"Die bisherige Arbeitsmarktpolitik ist eine Geschichte des Versagens. Schlüssige Konzepte für die
Zukunft sind nicht in Sicht. Seit Rudolf Hundstorfer das Sozialressort übernommen hat, befinden wir uns in
einer Endlosspirale steigender Arbeitslosigkeit. Es ist Zeit für Antworten", fordert Kickl.
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Leitl: Erfolgsstory aktiver Arbeitsmarktpolitik fortsetzen
Geteilte Verantwortung im Arbeitsmarktservice zwischen Sozialpartnern und Regierung macht
Österreich zum internationalen Vorbild
Wien (pwk) - "Die 1994 vollzogene Ausgliederung des Arbeitsmarktservice aus der Bundesverwaltung war
eine gute Entscheidung und der Beginn einer Erfolgsstory. Die Überlegung, dass eine wirkungsvolle Arbeitsmarktpolitik
der Abstimmung zwischen Regierung, Arbeitnehmern und Arbeitgebern bedarf, erwies sich als goldrichtig und macht
Österreichs AMS zu einem 'Best Practice' in Europa," betonte Wirtschaftskammerpräsident Christoph
Leitl anlässlich der Feier "20 Jahre AMS" im Haus der Wirtschaft in Wien. Zu den zahlreichen Gratulanten
zählten unter anderem Finanzminister Hans Jörg Schelling, Sozialminister Rudolf Hundstorfer, sowie die
Minister a.D. Martin Bartenstein, Erwin Buchinger und Franz Hums.
Fachkräftemangel als Herausforderung der Zukunft
Gemeinsam mit dem AMS-Management, Arbeitsmarktexperten und weiteren Vertretern aus Wirtschaft und Politik ließ
man die Entwicklung des AMS in den letzten 20 Jahren Revue passieren und beleuchtete Zukunftsperspektiven vor dem
Hintergrund einer angespannten Arbeitsmarktlage in ganz Europa. Leitl wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass
es eine große Herausforderung für Österreich sein werde, den derzeitigen Spitzenplatz im EU-Arbeitsmarktranking
auch in Zukunft zu halten. Dafür seien Wachstumsimpulse und aktives Gegensteuern notwendig. Ein zentrales
Thema dabei sei der schärfer werdende Fachkräftemangel.
Einen Lösungsweg, um dem immer größer werdenden Missmatch am Arbeitsmarkt zu begegnen, sieht Leitl
in einer noch stärkeren Zusammenarbeit des AMS mit den Unternehmen: "Der richtige Mix zwischen theoretischer
und praktischer Ausbildung erweist sich auch in der betrieblichen Lehrausbildung als erfolgreich." Die theoretischen
Weiterbildungen im AMS sollten mehr als bisher durch praktische Ausbildungsteile in den Betrieben ersetzt und damit
aufgewertet werden.
Schritt in die Selbständigkeit als neuer Erfolgsweg
Besonderen Dank sprach der WKÖ-Präsident dem AMS-Management für seine Innovationen in der aktiven
Arbeitsmarktpolitik aus, speziell aber für Programme zur Förderung der Selbständigkeit: "Das
eröffnet Menschen in einer schwierigen persönlichen Situation einen neuen Erfolgsweg." Allein im
vergangenen Jahr schafften rund 5.000 Personen mit Begleitung des AMS diesen Umstieg ins Unternehmertum.
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