SPÖ und ÖVP einig über Demokratiepaket: Proporz ab 2015 abgeschafft, Rechte
der Opposition gestärkt, mehr Mitbestimmung für die Burgenländerinnen und Burgenländer
Eisenstadt (blms) - Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP haben sich auf Reform der Landesverfassung
geeinigt, dessen zentrales Thema die Abschaffung des Proporzes ab 2015 ist. Das gaben Landeshauptmann Hans Niessl
und Landeshauptmannstellvertreter Mag. Franz Steindl am 16.09. im Technologiezentrum Güssing im Rahmen einer
gemeinsamen Pressekonferenz mit den beiden Klubobmännern Christian Illedits und Rudolf Strommer bekannt. Niessl
nennt die wichtigsten Ziele der Verfassungs- und Demokratiereform: „Mehr Demokratie, mehr Kontrolle und mehr Persönlichkeitsrecht.
Gemeinsam ist es gelungen, die modernste Landesverfassung Österreichs auf den Weg zu bringen. Gewinner sind
nicht die Parteien sondern die Burgenländerinnen und Burgenländer. Wir haben einen sehr modernen, zeitgemäßen
und demokratischen Weg eingeschlagen.“ Die Kernpunkte der Reform sind: Der Proporz wird ab 2015 abgeschafft, das
Persönlichkeitswahlrecht wird ebenso gestärkt wie die Kontroll- und Minderheitenrechte im Landtag - mit
der Konsequenz, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschuss zum Minderheitenrecht wird. Die Prüfkompetenz
des Landes-Rechnungshofes wird auf alle Gemeinden ausgedehnt. Die Änderungen sollen bis Ende des Jahres beschlossen
werden und Anfang 2015 in Kraft treten.
Mit der Verfassungsreform sei ein großer Wurf gelungen, ist Steindl überzeugt. „Das Gesamtpaket stimmt.
Der Landtag wird aufgewertet, die Oppositionsrechte und die direkte Demokratie werden gestärkt. Das bedeutet
mehr Wettbewerb, verhindert politische Blockaden und ermöglicht eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Die
Politik wird bunter und vielfältiger.“
Erfreut zeigen sich Niessl und Steindl vom konstruktiven Gesprächsklima bei den Verhandlungen zwischen den
Parteien. „Wer nicht konsensfähig ist, ist nicht demokratiefähig. Wir haben auch Ideen der Opposition
mit eingebunden“, ergänzt KO Christian Illedits. So sei der Vorschlag zur Einführung einer Karenz für
Landtagsabgeordnete unter Entfall der Bezüge im Pflegefall oder bei Schwangerschaft übernommen worden.
Vor allem Frauen solle damit der Weg in den Landtag erleichtert werden, erklärt Illedits.
Mehr direkte Demokratie, zweiter Wahltag
Änderungen wird es beim Persönlichkeitswahlrecht geben. „Derzeitige Hürde von 15 Prozent der
Parteistimmen, die bisher für ein Vorzugsstimmenmandat benötigt werden, wird abgeschafft. Jede Vorzugsstimme
zählt. Die Burgenländerinnen und Burgenländer bestimmen, wer direkt in den Landtag einzieht und
wer sie im Landtag vertritt“, so Niessl, der auch die Einführung eines zweiten Wahltages begrüßt.
Die Wählerinnen und Wähler werden bereits neun Tage vor der eigentlichen Wahl die Möglichkeit haben,
von ihrem demokratischen Recht Gebrauch zu machen. Niessl: „Wichtig ist, dass sie das persönliche, geheime
Wahlrecht ausüben können.“
U-Ausschüsse werden Minderheitsrecht
Die U-Ausschüsse werden Minderheitsrecht. Damit werden die Rechte der Minderheiten im Landtag „sehr stark
ausgebaut“, betont Niessl. Künftig reicht ein Viertel der Abgeordneten um einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Den Vorsitz übernimmt ein aktiver oder pensionierter Richter, die personelle Entscheidung liegt bei der Präsidiale“,
ergänzt Illedits.
„Wir haben viele Elemente eingebaut, die Klein- und Mittelparteien stärken. Das ist ein Qualitätsschub
für die Kontrolle“, so KO Rudolf Strommer. Überhaupt hätten die Regierungsparteien in dieser Legislaturperiode
„wie noch mit der Landesverfassung auseinandergesetzt. Wir haben viel diskutiert und schon bisher viel auf die
Reihe gebracht. Zum Beispiel das neue Landesrechnungshofgesetz oder Änderungen in der Geschäftsordnung
des Landtages“.
Regierung wird schlanker
Die Zahl der Regierungsmitglieder wird ab 2020 von derzeit sieben auf fünf gesenkt, 2015 gilt noch eine
Übergangslösung von fünf bis sieben Mitgliedern. Eine Variante, die von LH Niessl und LH-Stellvertreter
Steindl begrüßt wird. An der Anzahl der Abgeordneten wird nicht gerüttelt, diese bleibt bei 36.
Dadurch würden kleine Parteien begünstigt.
Länder: Proporz weitgehend abgeschafft
Damit reiht sich das Burgenland in die immer größer werdende Reihe der Bundesländer in Österreich,
welche in Zukunft auf den Proporz verzichten. Noch ist er im Burgenland Status Quo, mit der Konsequenz, dass den
im Landtag vertretenen Parteien dann automatisch ein Regierungssitz zusteht, wenn sie bei den Landtagswahlen eine
bestimmte Stärke erreicht haben. Mit der Einführung eines Mehrheitssystems tritt ab der Landtagswahl
2015 an die Stelle von automatischer Zuteilung von Regierungsämtern eine freie Koalitionsbildung.
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