Mitterlehner, Brandstetter, Mikl-Leitner bekräftigen: Miteinander der Kulturen aber null
Toleranz gegenüber Extremisten - Jihadistische Symbole sollen verboten werden
Wien (bmwfw) - "Der Konflikt in Syrien und die Aktivitäten der Kämpfer des Islamischen Staates haben
durch die neuerliche Enthauptung einer Geisel in Syrien einen neuen Höhepunkt erreicht. Durch den Zustrom
ausländischer Unterstützer ist eine gefährliche europäische Dimension erreicht worden. Gerade
in den vergangenen Monaten wurden auch in Österreich immer öfter junge Menschen über Homepages und
soziale Netzwerke radikalisiert und rekrutiert. Als Politiker ist es unsere Pflicht, auf diese zunehmende Radikalisierung
zu reagieren und entsprechende Maßnahmen zu setzen", so Vizekanzler und Wissenschaftsminister Reinhold
Mitterlehner bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizminister
Wolfgang Brandstetter. Gemeinsam haben die ÖVP-Minister ein Maßnahmenpaket geschnürt, um der zunehmenden
Radikalisierung durch Jihadisten zu begegnen und die Ausreise von potentiellen "foreign fighters" - also
gewaltbereiten Unterstützern, die nach Syrien oder in andere Kriegsgebiete gehen - aus Österreich zu
erschweren. Mitterlehner: "Wir gehen auf drei Ebenen gegen die Radikalisierungstendenzen vor: mittels Prävention
und Sensibilisierung, Beratung und interkulturellem Dialog sowie der Nachbesserung bei vorhandenen Instrumenten
im Vollzug."
"Unsere Hochschulen sind Multiplikatoren der Gesellschaft. Daher werden wir im nächsten Universitätsbudget
drei Millionen Euro reservieren, um gezielt innovative Projekte zu fördern die den interreligiösen Dialog
und den Austausch zwischen den Kulturen vorantreiben sollen", so Wissenschaftsminister Mitterlehner. Seitens
des Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftsministeriums (BMWFW) wird es in der kommenden Leistungsvereinbarungsperiode
eine spezielle Widmung für entsprechende Wissenschaftsprojekte geben. Erste inhaltliche Anhaltspunkte werden
bereits im Oktober vom BMWFW an alle Universitäten verschickt. Es gibt an den österreichischen Forschungsinstitutionen
bereits zahlreiche entsprechende Bildungsangebote, die als Beispiel für künftige Projekte dienen können.
So betreibt etwa die Universität Wien, gemeinsam mit der Uni Innsbruck das Masterstudium "Islamische
Religionspädagogik (IRP)", wo deutschsprachige islamische Religionslehrerinnen und -lehrer für öffentliche
Schulen ausgebildet werden und an der Akademie der Wissenschaften laufen aktuell mehrere Forschungsprojekte, die
sich etwa mit Konfliktforschung oder dem Islam in der heutigen Zeit beschäftigen.
"Gegen Jihadisten kann es nur eine Null-Toleranz-Politik geben!", betont Johanna Mikl-Leitner die klare
Botschaft des Innenministeriums. Wie bereits vor wenigen Wochen angekündigt wird der Staatsschutz für
den Kampf gegen die Jihadisten personell aufgerüstet. 20 zusätzliche Spezialisten sollen eingesetzt werden:
Elf verstärken das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, weitere neun die einzelnen
Landesämter für Verfassungsschutz. Zusätzlich seien gesetzliche Maßnahmen erforderlich, um
den Jihadisten noch konsequenter entgegentreten zu können, stellt Mikl-Leitner klar. Sie spricht sich für
drei Novellierungen aus: "Wir wollen an der Schraube des Abzeichengesetzes drehen. IS-Symbole auf T-Shirts
und Fahnen haben in unserer Gesellschaft nichts zu suchen. Deshalb wollen wir die IS-Symbole verbieten." Zweitens
arbeitet das Innenministerium daran, den Entziehungstatbestand der österreichischen Staatsbürgerschaft
auch auf Kämpfer außerhalb eines offiziellen Militärdienstes auszuweiten. Als dritte Maßnahme
will die Innenministerin das Grenzkontrollgesetz adaptieren. "Auslandsreisen von Minderjährigen außerhalb
der EU sollen nur mehr mit Zustimmung eines Obsorgeberechtigten erlaubt sein – zum Schutz der Kinder."
"Wenn es um Jihadismus geht, kämpfen wir gegen schwerste Kriminalität an. Dem Bereich der Prävention
kommt dabei große Bedeutung zu. Damit junge Menschen nicht radikalisiert werden, braucht es einen engen Schulterschluss
der Gesellschaft." Damit sei gemeint, Schüler und Lehrer zu sensibilisieren und auch die Islamische Glaubensgemeinschaft
in die Pflicht zu nehmen, da sie ganz nahe an der Community ist. Wichtig sei auch eine Prävention im Internet
und in sozialen Medien, so Mikl-Leitner. "Viele Jugendliche werden über das Internet radikalisiert. Entscheidend
ist, in Richtung Selbstverpflichtung gegen Hetze zu gehen und mit Internetanbietern und Anbietern von sozialen
Medien Kontakt aufzunehmen und Selbstverpflichtung einzufordern." Als drittes Instrument richtet das Innenministerium
die Deradikalisierungshotline ein.
Justizminister Wolfgang Brandstetter hält fest, dass das Bundesamt für Verfassung und Terrorismusbekämpfung
bereits hervorragende Arbeit leistet und auch das österreichische Strafrecht – was die Unterstützung
terroristischer Vereinigungen betrifft – modern und schlagkräftig sei und sogar Vorbildcharakter für
andere Rechtsordnungen haben kann. "In Österreich zieht die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung
eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren nach sich, ebenso steht die Terrorismusfinanzierung und -ausbildung unter
Strafe. Hintermänner und Drahtzieher können mit Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren belangt werden."
Eine Verschärfung brauche es aber beim Tatbestand der Verhetzung. Wir brauchen hier eine stärkere Fokussierung
des Tatbestandes auf den Bereich der "hate crimes". Um den Aufruf zu Hass und Gewalt gegen bestimmte
Gruppen besser erfassen zu können, möchte der Justizminister eine Änderung beim Kriterium der breiten
Öffentlichkeit, die etwa 150 Personen umfasst, auf das Kriterium einer größeren Zahl von Menschen,
die zehn Personen umfasst. Möglich wäre auch eine Ausweitung der Befugnisse der Polizei, wobei man in
Fällen von Terrorismus und Schwerstkriminalität über eine Art von Fortsetzung der Vorratsdatenspeicherung
mit Richtervorbehalt nachdenken solle. Denn für den Justizminister ist klar: "Wer in Österreich
Hass und Gewalt sät, wird Gefängnis ernten." Weiters sei effektive Präventionsarbeit erforderlich.
"Wir müssen frühzeitig verhindern, dass Jugendliche in die Fänge islamistischer oder anderer
Extremisten geraten. Hier müssen wir noch bessere Wege finden, wie wir Hass und Hetze begegnen können,
und dazu benötigen wir einen gesamtgesellschaftlichen Schulterschluss." Gemeinsam mit dem Innenministerium
und dem Integrationsministerium lädt er zusammen mit Bundesminister Sebastian Kurz deshalb Experten am 14.
Oktober zum "Gipfel gegen Hass und Hetze", bei dem diese Themen beraten werden.
"Wir wollen ein friedliches und weltoffenes Miteinander in unserer Gesellschaft und kein Auseinanderdividieren
der Kulturen. Es gibt viele Muslime, die das genau so sehen wie wir. Das ist keine Frage der Religion, sondern
wie man sie auslebt", sagen die ÖVP-Minister abschließend unisono.
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