Experten diskutieren über die Zukunft des Elektrohandels:
Wien (pwk) - Unter dem Titel "Unsere Kunden von morgen" diskutierten am 19. und 20. September
2014 auf der FUTURA - Fachmesse der österreichischen Elektro- und Elektronikbranche - erstmals Experten über
Mittel und Wege, wie der Elektrohandel von verändertem Kundenverhalten profitieren kann. Der Freitag stand
ganz im Zeichen des Online-Handels, der Samstag rückte die Werte und Wünsche der Kunden in den Mittelpunkt.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Unternehmensberater Manfred Missbach.
"Der wichtigste Wert in der modernen Gesellschaft ist der Wunsch nach Beachtung, Anerkennung und Freundlichkeit",
fasste Motivforscherin Helene Karmasin zusammen. "Auch das Bedürfnis nach Dialog und Convenience nimmt
stark zu. Man möchte mit Leuten sprechen und der Einkauf muss schnell und einfach gehen." Der Handel
habe hier viele Möglichkeiten, sich zu positionieren, so Karmasin.
Mehr Emotion für Elektrogeräte
Nachholbedarf beim Fachhandel ortet die Motivforscherin vor allem im Einkaufserlebnis: "Man will dort einkaufen,
wo es modern, innovativ und clever ist. Elektro-Fachgeschäfte kommen dem Anspruch nach Design noch nicht nach."
Darüber hinaus würden Elektrogeräte zu sehr über Funktion und Technologie verkauft, es müsse
aber auch eine ganze Wertewelt vermittelt werden: "Man kauft nicht, was man braucht, sondern was man sich
wünscht - nicht einen E-Herd, sondern ein kulinarisches Erlebnis, gemütliche Abende mit der Familie,
die Bewunderung der Freunde für das tolle Essen."
"Die Produkte selbst sind nicht mehr das Unterscheidungsmerkmal, sondern die Begegnung mit dem Kunden. Wird
man begrüßt? Fühlt man sich willkommen? Interessiert sich der Verkäufer für mich?",
weist Service-Design-Expertin Elisabeth Sperk auf den Faktor Menschlichkeit hin. Kaufe ein Kunde ein Produkt im
Internet, sei er noch lange nicht verloren, sondern nur verborgt. Der Händler solle vielmehr die Chance nützen,
dadurch seine Schwächen und Stärken herauszufinden. "Eine Beschwerde etwa ist auch nichts anderes
als der Ruf nach Aufmerksamkeit und ein wertvolles Feedback", so Sperk.
Mit meinen Kunden kommunizieren
"Das Internet bringen wir nicht mehr weg", brachte es Brigitte Liebenberger, GfK Austria, auf den
Punkt. Genau das würde aber große Chancen für den stationären Handel eröffnen: "Der
Händler muss das Internet - und in Zukunft noch stärker Social Media - nützen, um mit seinen potenziellen
Kunden in Kontakt zu treten", mahnt Liebenberger. Auch eine gewissenhaft gepflegte Datenbank ermöglicht
eine zielgenaue Ansprache des Kunden.
Das Internet als Möglichkeit, sich als Experten zu präsentieren und vom Kunden gefunden zu werden, empfiehlt
auch Stefan Mödritscher, Geschäftsleitung der Morawa Buch und Medien GmbH, dem Elektrohandel dringend.
"Ein Drittel der Kunden unseres Webshops bestellt online zur Abholung im Geschäft. Eine einmalige Chance,
ihm vor Ort von unserer Beratungskompetenz zu überzeugen." Angst vor dem Online-Handel sei keine Option:
"Entweder man springt auf den Zug auf oder lässt es lieber ganz."
Kampf über den Preis ist nicht zu gewinnen
Professionelles Customer Relationship Marketing ist auch für Walter Krahl, Vertriebsleiter der Ruefa Reisebüros,
ein Erfolgsfaktor für den stationären Handel - egal welcher Branche. "Zuerst muss man wissen, wer
die eigenen Kunden sind und wen man erreichen möchte. Dann kann man diese sehr gezielt mit Angeboten via Newsletter
und Mailings ansprechen." Der Kampf über den Preis sei für den stationären Handel nicht zu
gewinnen, so Krahl, die Chancen lägen vielmehr im Kundenmarketing, emotionalen Shopdesign und kompetenten,
kundenfreundlichen Mitarbeitern.
Bernd Schäppi von der Austrian Energy Agency sieht eine große Chance für den Handel in der Beratung
zu Energiethemen. "Für 50 Prozent der Österreicher ist Umweltschutz prinzipiell wichtig, aber nur
wenn es leicht und unkompliziert ist. Ich sehe also für den Elektrohändler hier im Vergleich zum Internet
das große Potenzial, das komplexe Thema Energieeffizienz verständlich zu machen: was bedeutet das EU-Energieeffizienzlabel?
Oder wie wende ich meine sparsame Waschmaschine auch tatsächlich energieeffizient an?"
Fernsehen werde das wichtigste Medium bleiben, ist Wolfgang Elsäßer, Geschäftsführer Astra
Deutschland, überzeugt. Es werde zwar intelligenter, aber auch komplexer. Der beratende Fachhandel kann hier
seine Qualität beweisen und keine Produkte mehr verkaufen, sondern Lösungen, zum Beispiel die Vernetzung
der Geräte und die Installation ganzer Smart Home Lösungen.
Händler kann einfache Lösungen bieten
Der Preis wird nicht mehr im Mittelpunkt von Kundenentscheidungen stehen, ist Liebenberger auf Basis von Studien
überzeugt. "Der Kunde wird bequemer, er sucht nach einfachen Lösungen, nach Unterstützung im
Problemfall, nicht nach Geräten. Der Händler kann ihm all das bieten."
Die FUTURA ist seit 15 Jahren gemeinsames Projekt zahlreicher namhafter Unternehmen aus der Industrie und Mitgliedern
des FEEI -Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie. Sie ist die wichtigste Fachmesse der Elektrobranche.
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