Wien (vetmeduni) - Listerien sind extrem genügsame Bakterien. In geringen Mengen finden sie sich fast überall,
auch in Erde und Wasser. Um ihre Verbreitung besser zu verstehen, untersuchten WissenschafterInnen vom Institut
für Milchhygiene an der Vetmeduni Vienna verschiedene Erd- und Wasserproben in Österreich. Das Ergebnis:
Nach Überschwemmungen kann man vermehrt Listerien in der Erde und in Wasserproben nachweisen. Außerdem
fanden die Forschenden antibiotikaresistente Listerienstämme in der Erde. Die Daten veröffentlichten
die Forschenden im Fachjournal Applied Environmental Microbiology.
In der Literatur werden Listerien als sogenannte ubiquitäre Keime, das sind Bakterien, die so gut wie überall
vorkommen, bezeichnet. Problematisch für Mensch und Tier werden Listerien aber erst dann, wenn sie in lebensmittelproduzierende
Betriebe gelangen, sich dort vermehren und in hohen Konzentrationen in die Nahrungskette gelangen. Für Menschen
und Tiere mit schwachem Immunsystem kann eine Infektion mit Listeria monocytogenes sogar tödlich verlaufen.
Listerien im Boden oder Wasser ungefährlich
„Listerien im Erdboden oder Wasser stellen so gut wie keine Gefahr für den Menschen dar“, erklärt
Studienleiterin Beatrix Stessl. „Die Mengen sind zu gering. Uns ging es in der Studie vor allem darum, zu erheben,
wo Listerien vorkommen und welche Spezies und Genotypen es dort gibt. „Mit diesen Informationen können wir
die Verbreitungsmechanismen dieser Keime besser nachvollziehen“, erklärt Martin Wagner, Leiter des Instituts
für Milchhygiene.
Hochwasser begünstigt Listerienbelastung
Erstautorin Kristina Linke und ihre KollegInnen untersuchten über einen Zeitraum von 2007 bis 2009 fast 500
Erd- und 70 Wasserproben aus drei österreichischen Regionen: Ostalpen, Nationalpark Donauauen und Neusiedlersee.
Bei den untersuchten Regionen handelt es sich um nicht landwirtschaftlich genutzte Flächen. 30 Prozent aller
Proben enthielten Listerien. Davon waren sechs Prozent mit Listeria monocytogenes kontaminiert. Nur diese Spezies
ist sowohl für Mensch als auch Tiere potenziell gefährlich. Vor allem in Gegenden nahe dem Fluss Schwarza
und Donau wurde diese Art nachgewiesen. In besonders hohen Mengen kam der Keim in Erd- und Wasserproben im September
des Jahres 2007 vor. Damals gab es ein umfangreiches Hochwasser in dieser Region.
In den meisten Regionen fanden die Forschenden lediglich für den Menschen ungefährliche Listerien.
Die potentiell für Tiere gefährliche Spezies Listeria ivanovii kam vor allem in Bergregionen vor, dort
wo vermutlich Wildtiere den Keim ausscheiden. Die nicht krankheitserregende Spezies Listeria seeligeri war in der
Region um den Neusiedlersee am häufigsten isolierbar und ist vermutlich auf die Wasservogelpopulation in dieser
Gegend zurückzuführen.
In besonders hoch gelegenen Bergregionen wiesen die ForscherInnen keine Listerien nach. Die höhere Keimbelastung
in niedrigeren Regionen erklären die ExpertInnen mit der Nähe zu landwirtschaftlichen Betrieben und städtischem
Raum.
Antibiotikaresistente Listerien im Boden
Obwohl Listerien auf Lebensmitteln eher selten als antibiotikaresistent gelten, fanden Stessl und ihr Team
einige Listerienstämme in Erdproben, denen die Behandlung mit Antibiotika nichts anhaben konnte. Die Bakterien
haben also Resistenzen entwickelt. Mögliche Ursachen sieht Stessl wie folgt: „In Erdböden gibt es Mikroorganismen,
vor allem Pilze, die natürlicherweise Antibiotika produzieren. Listerien, die im Boden ständig diesen
Substanzen ausgesetzt sind, entwickeln wahrscheinlich auch Resistenzen. Die Entstehung besonders hochresistenter
Listerienstämme führen wir aber eher auf die Nähe zu landwirtschaftlichen Nutzflächen und urbanem
Umfeld zurück.“
Über die Veterinärmedizinische Universität Wie
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen,
akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Augenmerk gilt der Tiergesundheit und der Lebensmittelsicherheit.
Im Forschungsinteresse stehen die Gesundheit von Tier und Mensch sowie Themen der Tierhaltung und des Tierschutzes.
Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.200 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus
in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen.
Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören
ebenfalls zur Vetmeduni Vienna.
Der Artikel „Reservoirs of Listeria species in three environmental ecosystems”
von Kristina Linke, Irene Rückerl, Katharina Brugger, Renata Karpiskova, Julia Walland, Sonja Muri-Klinger,
Alexander Tichy, Martin Wagner und Beatrix Stessl wurde im Journal Applied and Environmental Microbiology veröffentlicht.
doi: 10.1128/AEM.01018-14 http://aem.asm.org/content/80/18/5583.long
|