Abgeordnete unterziehen drei Oppositionsanträge einer Ersten Lesung
Wien (pk) – Zum Abschluss seiner Sitzung vom 24.09. unterzog der Nationalrat drei Oppositionsanträge
einer Ersten Lesung. Zur Diskussion standen die Forderung der NEOS, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
zu öffnen, ein Antrag der Grünen zur Stärkung des Betriebsrats in Theaterbetrieben sowie ein Antrag
der Grünen auf Einräumung eines Rederechts der Europaabgeordneten bei allen EU-Debatten im Nationalrat.
Zur Umsetzung der letztgenannten Forderung ist eine Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats notwendig,
dafür könnte es, zumindest was die Grundintention des Antrags betrifft, durchaus eine Mehrheit geben,
wie die heutige Debatte zeigte. Auch in Bezug auf die geforderte Änderung des Eheparagraphen im Allgemeinen
Bürgerlichen Gesetzbuch zeigten die Koalitionsparteien Diskussionsbereitschaft.
Begründet wird die Forderung der Grünen nach einem Rederecht der österreichischen Abgeordneten zum
Europäischen Parlament bei EU-Debatten im Nationalrat damit, dass viele BürgerInnen die Entscheidungsfindung
auf EU-Ebene als intransparent und nicht nachvollziehbar empfinden. Durch eine intensivere Einbindung der Europaabgeordneten
in den innenpolitischen Diskussionsprozess könnte diesem Umstand entgegengewirkt werden, hoffen Klubobfrau
Eva Glawischnig-Piesczek und ihre FraktionskollegInnen. Dem vorliegenden Antrag zufolge soll für Europaabgeordnete
die gleiche Redeordnung wie für Nationalratsabgeordnete gelten, zudem erachten es die Grünen für
notwendig, den Arbeitsplan des Nationalrats mit den Sitzungsterminen des Europäischen Parlaments abzustimmen,
um Terminüberschneidungen zu vermeiden.
Abgeordneter Dieter Brosz (G) wies in der Debatte darauf hin, dass die Diskussion über ein Rederecht für
Europaabgeordnete im Plenum des Nationalrats bereits seit einiger Zeit laufe. In der Vergangenheit hätten
sich die Grünen mit ihrer Forderung nicht durchsetzen können, mittlerweile sei aber offenbar Bewegung
in die Sache gekommen. Die von den beiden Klubobleuten der Koalitionsparteien vorgelegten Vorschläge gehen
Brosz zwar zu wenig weit, er hofft aber auf eine Verhandlungslösung.
Seitens der SPÖ äußerte sich Abgeordneter Hannes Weninger gegenüber einem Rederecht von Europaabgeordneten
in den Fachausschüssen und im Plenum des Nationalrats aufgeschlossen. Man müsse deutlich darstellen,
dass Europapolitik ein integraler Bestandteil der österreichischen Innenpolitik sei, sagte er. Weninger ist
zuversichtlich, dass es zu einer gemeinsamen Lösung kommen wird.
ÖVP-Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager sprach sich dafür aus, über die genaue Ausgestaltung
des Rederechts von Europaabgeordneten im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats zu diskutieren und verwies
in diesem Zusammenhang auf das 7-Punkte-Paket der Regierungsparteien. Im Übrigen bestehe auch die Möglichkeit,
sich innerhalb des eigenen Klubs mit den Europaabgeordneten auszutauschen, wie dies die ÖVP rege tue, machte
er geltend.
Ausdrücklich begrüßt wurde der vorliegende Antrag von NEOS-Klubchef Matthias Strolz. Er freue sich,
dass auch SPÖ und ÖVP das Anliegen grundsätzlich unterstützten, meinte er. Europapolitik sei
Innenpolitik, es gehe nicht nur um eine symbolische Geste.
Als einziger Redner lehnte FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann den Vorstoß der Grünen ab. Abgeordneten
einer anderen parlamentarischen Kammer ein Rederecht im Plenum des Nationalrats zu gewähren, ist für
ihn systemwidrig. Anstatt eines Rederechts plädierte Darmann für eine "Zuhörpflicht" der
Europaabgeordneten, um österreichische Anliegen und Initiativen in Brüssel entsprechend vertreten zu
können. Vorstellen kann sich der Abgeordnete die Einbindung der Europaabgeordneten in die Fachausschüsse
des Nationalrats.
Der Antrag wurde nach der Debatte dem Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats zugewiesen.
NEOS für Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
Um ihre Forderung nach einer Öffnung der Zivilehe für gleichgeschlechtliche Paare zu unterstreichen,
haben die NEOS eine Novellierung des §44 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) beantragt (
498/A). Die geltende Definition der Ehe stamme aus dem Jahr 1811 und sei schon allein deshalb nicht mehr zeitgemäß,
argumentieren Abgeordneter Nikolaus Scherak und seine FraktionskollegInnen.
In der heutigen Debatte machte Scherak geltend, dass homosexuelle Menschen nach wie vor in vielen Bereichen diskriminiert
würden, wie regelmäßige Urteile von Höchstgerichten belegen. Als Beispiel nannte er, dass
das Recht auf eine Samenspende für lesbische Paare, die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche PartnerInnen
und das Recht auf einen Familiennamen vor Gericht erstritten hätten werden müssen.
Positiv zum Antrag äußerte sich Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S). Sie könne der Initiative viel
abgewinnen, §44 ABGB sei tatsächlich nicht mehr zeitgemäß und diskriminierend, nicht nur für
gleichgeschlechtliche Paare, sondern auch für Paare, die keine Kinder zeugen könnten oder wollten. Die
SPÖ werde beim Koalitionspartner ÖVP unermüdlich Überzeugungsarbeit leisten, um konsequent
alle Formen von Diskriminierung zu beseitigen, versicherte Grossmann.
Gesprächsbereitschaft signalisierte auch ÖVP-Abgeordneter Bernd Schönegger. "Wir verschließen
uns der Debatte nicht", bekräftigte er. Eine Ungleichbehandlung von Menschen ohne sachliche Rechtfertigung
dürfe in der österreichischen Rechtsordnung keinen Platz haben. Für Schönegger ist aber fraglich,
ob im gegenständlichen Fall tatsächlich eine Diskriminierung vorliegt oder ob der Antrag der NEOS lediglich
ideologisch motiviert ist.
Für Abgeordneten Philipp Schrangl (F) ist hingegen klar: Es sei sachlich gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber
seinerzeit festgelegt hat, dass aus einer Ehe wenn möglich Kinder entspringen sollen. Ein Staat müsse
danach trachten, das Staatsvolk zu erhalten und zu vermehren, argumentierte er. Das habe nichts damit zu tun, dass
Liebe und Sexualität Privatsache seien. Schrangl sprach sich in diesem Sinn dafür aus, die Ehe weiterhin
getrenntgeschlechtlichen Paaren vorzubehalten, und zeigte sich davon überzeugt, dass der Großteil der
Bevölkerung in dieser Frage hinter der FPÖ steht.
Abgeordneter Albert Steinhauser (G) sprach sich demgegenüber für einen modernen und zeitgemäßen
Rechtsrahmen für die Ehe aus. Es sei schön, wenn PartnerInnen Verantwortung füreinander übernehmen
wollten, jeder solle sich für das Institut der Ehe entscheiden können, unabhängig vom Geschlecht,
betonte er. Das habe sogar der konservative britische Premier David Cameron verstanden, der gleichfalls für
eine Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare eintrete.
Der Antrag wurde von Zweitem Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf dem Justizausschuss zugewiesen.
Grüne wollen Betriebsrat in Theaterbetrieben stärken
Mit einem von den Grünen eingebrachten Antrag auf Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes und des Bundestheaterorganisationsgesetzes
wird sich nun der Sozialausschuss befassen. Geht es nach Abgeordnetem Wolfgang Zinggl, sollen Betriebsräte
von Theaterunternehmen künftig zwei VertreterInnen in den jeweiligen Aufsichtsrat entsenden können. Für
ihn ist es nicht einsichtig, warum es derzeit kein entsprechendes Mitwirkungsrecht des Betriebsrats gibt und nur
für die Bundestheater eine Ausnahme verankert ist. Er habe bei seinen Recherchen auch nicht herausfinden können,
warum diese Regelung seinerzeit getroffen worden sei, erklärte Zinggl heute.
Verwundert über die Bestimmung äußerte sich auch Abgeordnete Elisabeth Hakel (S). Die SPÖ
werde den Antrag jedenfalls zum Anlass nehmen, um mit ExpertInnen und Theaterbetrieben Kontakt aufzunehmen, mit
dem Ziel, eine Lösung zu finden, sicherte sie zu.
Deutlich kritischer stand ÖVP-Abgeordneter Johann Höfinger dem Anliegen der Grünen gegenüber.
In der vorliegenden Form sei der Antrag nicht praktikabel, hielt er fest. Schließlich gebe es verschiedenste
Rechtsformen von Theaterunternehmen, darunter auch mobile und saisonale Betriebe. Zwei bis drei Mal im Jahr einen
neuen Betriebsrat zu wählen, erscheint ihm nicht sinnvoll zu sein.
Seitens der FPÖ unterstützte Abgeordneter Rupert Doppler die Forderung nach einer Stärkung der Betriebsräte
in Theaterbetrieben. Der Betriebsrat sei ein zentrales Bindeglied zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft,
gab er zu bedenken.
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