Diskussion über Ziele und Maßnahmen für eine zukunftsorientierte Bildungsreform
Wien (ak) - Um Vorschläge der Sozialpartner und der Industriellenvereinigung für weitere Schritte
in der Bildungsreform ging es am 23.09. bei einem Treffen der Bildungsministerin mit den Präsidenten von ÖGB,
Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer und Landwirtschaftskammer und dem Generalsekretär der Industriellenvereinigung.
Zur Debatte stand, wie alle SchülerInnen am Ende der Schulpflicht grundlegende Bildungsziele erreichen können.
Um die Zahl der so genannten RisikoschülerInnen zu senken, wurden Maßnahmen von der Frühförderung
bis hin zu einer Neudefinition der Schulpflicht diskutiert.
ÖGB-Präsident Erich Foglar: Zweites verpflichtendes Kindergartenjahr
„Man kann bei der Bildungsförderung gar nicht früh genug ansetzen“, sagte ÖGB-Präsident
Erich Foglar, „deshalb fordert der ÖGB, dass ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr eingeführt
wird. Wir wollen Chancengleichheit für alle Kinder schaffen – unabhängig vom finanziellen Hintergrund
der Eltern.“ Dafür wären laut Foglar bessere Kooperationen zwischen den Kinderbildungseinrichtungen und
den Volksschulen notwendig, aber auch eine Reform des neunten Pflichtschuljahres.
WKÖ-Präsident Christoph Leitl: Jugendliche bei der Entscheidung über weiteren Lebensweg unterstützen
„Unsere Jugendlichen stehen im Alter von 14 Jahren vor der Wahl zwischen über 400 verschiedenen Ausbildungswegen
– 200 Lehrberufen, 200 Arten berufsbildender mittlerer und höherer Schulen oder der AHS-Oberstufe. Für
diese wegweisende Lebensentscheidung müssen wir ihnen das notwendige Rüstzeug mitgeben“, betonte WKÖ-Präsident
Christoph Leitl. Analog zur NMS solle daher Berufsorientierung auch in den AHS-Unterstufen als eigener Unterrichtsgegenstand
eingerichtet werden. Weiters soll ein Talentecheck mit persönlichen Feedbackgesprächen darüber hinaus
alle Jugendlichen über ihre persönlichen Fähigkeiten und Stärken informieren.
Bezugnehmend auf den Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR), wies Leitl darauf hin, dass dessen Umsetzung zur Erhöhung
der Durchlässigkeit und internationalen Vergleichbarkeit österreichischer Bildungsabschlüsse unerlässlich
sei: „Davon profitieren Beschäftigte und Unternehmen in gleicher Weise. Die notwendigen Vorarbeiten sind abgeschlossen,
die Initiative zur Umsetzung liegt nun beim Gesetzgeber.“
AK Präsident Rudi Kaske: „Niemanden zurücklassen“
Bereits am Ende der Volksschule kann ein Fünftel der Kinder nur schwer lesen – dieser Anteil der so genannten
RisikoschülerInnen ändert sich bis zum Ende der Schulpflicht nicht. Auf diese Ergebnisse internationaler
Tests wies AK Präsident Rudi Kaske hin: „Da brauchen wir schon mehr Frühförderung. Das zweite verpflichtende
Gratiskindergartenjahr, wie es die Bundesregierung versprochen hat, muss rasch kommen.“
In der Pflichtschule seien Maßnahmen nötig, „damit wir niemanden zurücklassen“, so Kaske. Er verwies
auf den Vorschlag der Sozialpartner, Schulpflicht nicht mehr als „Absitzen von neun Jahren Schule“ zu verstehen.
Stattdessen soll es „Bildungspflicht der Schule“ sein, dass alle SchülerInnen Mindeststandards erreichen können.
Dabei ist dem AK Präsidenten eine soziale Schulfinanzierung wichtig – Schulen sollen umso mehr Mittel erhalten,
je mehr benachteiligte SchülerInnen sie haben. Und beim laufenden Ausbau der Ganztagsschulen sollen die Unterrichts-und
die Betreuungsqualität im Vordergrund stehen, verlangt Kaske.
LK-Präsident Hermann Schultes: Moderne Lernmethoden für attraktive Berufsausbildung am Land
„Für den Agrarbereich ist es ein zentrales Anliegen, dass eine mehrberufliche Ausbildung in den Agrarschulen
sichergestellt ist und die Abschlüsse zwischen Gewerbe und Landwirtschaft gegenseitig anerkannt werden. Dies
würde die Berufsausbildung noch attraktiver machen“, so der Präsident der LK Österreich, Hermann
Schultes.
Ebenso wichtig sei es, so Schultes, dass die bäuerliche Jugend Berufsbildungsabschlüsse im 2. Bildungsweg
nachholen kann. Schultes wörtlich: „Bildung ist der Schlüssel für lebendige ländliche Regionen.
Dabei gilt es nicht nur technische Hürden zu beseitigen, Stichwort Breitbandausbau, die Lehrgänge müssen
auch leicht erreichbar und kostengünstig sein. Die Instrumente dazu sind e-learning, modulares Lernen mit
Schwerpunktausbildungen, Lehren in Lernfeldern und viele andere. Schließlich muss das Bildungsangebot selbst
lebensnah mit einem engen Bezug zur Wirklichkeit erwachsener Menschen gestaltet sein.“
IV-Generalsekretär Christoph Neumayer: Qualitativ hochwertige Elementarbildung als Basis für erfolgreiche
Bildungswege
„Aus Sicht der Industriellenvereinigung muss dort angesetzt werden, wo Bildung institutionell beginnt: in den Kindergärten“,
so Christoph Neumayer im Anschluss an den Sozialpartnergipfel. „Diese benötigen zur Erfüllung ihrer zentralen
Bildungsaufgaben hochwertige und qualitätsvolle Rahmenbedingungen. Dazu gehören eine adäquate Ausbildung
der Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen aber auch dem Alter der Kinder entsprechende Betreuungsverhältnisse“,
erläuterte Neumayer genauer. „Und schließlich ist über den Kindergarten hinaus – in die Schule
übergehend – ein durchgängiges Sprachbildungs- und Förderkonzept dringend erforderlich. Im Schulbereich
selbst ist es jedenfalls entscheidend, das schulische Ganztagesangebot weiter auszubauen“, so Neumayer abschließend.
|