Prostatakarzinom: Junges österreichisches Team erforscht neue Wege im Kampf gegen „Männerkrankheit
Nummer 1“
Innsbruck (scinews) - „Vielseitig, geschickt, erfinderisch, kommunikativ“, so beschreibt die Molekularbiologin
Julia Höfer Zellen des Prostatakarzinoms. Die Nachwuchsforscherin (32) an der Medizinischen Universität
Innsbruck ist den raffinierten Strategien von Krebszellen auf der Spur. Diese Feinarbeit im Labor zielt auf lange
Sicht darauf ab, neue Wege im Kampf gegen den Krebs der Vorsteherdrüse (Prostata) zu eröffnen. An dieser
„Männerkrankheit Nummer 1“ sterben alleine in Österreich pro Jahr 1200 Betroffene.
Prostatakrebs ist bisher nur im Frühstadium sehr gut zu behandeln. In dieser Phase kann der Tumor durch eine
Herausnahme der Prostata oftmals komplett entfernt werden. Sobald der Krebs jedoch die Organgrenzen überschreitet,
sind die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt. Es kommt nach kurzer Zeit zu Therapieresistenzen. „Grund dafür
ist die Raffinesse von Tumorzellen. Diese passen sich über vielschichtige Signalwege an die durch eine Hormon-
oder Chemotherapie veränderten Gegebenheiten im Körper an. Anschließend wachsen sie ungebremst
weiter. Wenn wir daher jene Signalketten besser verstehen, die in unkontrolliertes Wachstum münden, sind dies
potenzielle Angriffspunkte für eine effizientere Behandlung“, erklärt Höfer.
Neue therapeutische Ziele
Die Wissenschaftlerin vom Team um Ao. Univ.-Prof. Dr. Zoran Culig an der Innsbrucker Universitätsklinik für
Urologie (Direktor: Prof. Wolfgang Johannes Horninger) stößt bei ihrer Feinarbeit im Mikrokosmos von
Krebs auch auf Überraschendes“. Bestimmte Botenstoffe im Körper - so genannte „Zytokine“ - und Wachstumsfaktoren
vermitteln über verschiedene Signalkaskaden ihre wachstumsfördernde Wirkung. In gesunden Zellen werden
diese durch „endogene Inhibitoren“ gehemmt. Solche Inhibitoren sind z. B. SOCS (Suppressor of Cytokine Signaling)
und PIAS (Protein Inhibitor of Activated STAT). Diese Inhibitoren sorgen für die korrekte Regulation des Zellwachstums.
„Man müsste also annehmen, dass eine hohe Expression solcher Proteine gut für den Patienten ist, sprich
unkontrolliertes Wuchern verhindert,“ sagt Höfer. Die Forscherin wies allerdings das Gegenteil nach.
Die Expression zweier Vertreter dieser Proteinfamilien - PIAS1 und SOCS2 - nimmt im Prostatakrebsgewebe mit steigender
Malignität signifikant zu. Die Zellen wachsen dadurch schneller. Die Gründe dafür: PIAS1 hemmt bei
dieser Erkrankung auch die Aktivität eines Wächters des Zellzyklus, des Tumorsuppressors „p21“, fördert
somit unkontrolliertes Zellwachstum. SOCS2 wirkt auf andere Weise onkogen, also krebsfördernd: In Prostatakrebszellen
ist der Androgenrezeptor-Signalweg besonders aktiv. Höfer konnte zeigen, dass die Expression von SOCS2 durch
männliche Hormone (Androgene) stark angeregt wird. „Auf einem solch hohen Niveau wirkt SOCS2 anschließend
nicht mehr inhibitorisch, sondern fördernd auf bestimmte Signalwege. Dies beschleunigt ebenso das Wachstum.
Regulieren wir SOCS2 oder PIAS1 in Prostatakrebszellen dagegen herunter, wird das Wachstum in vitro und in vivo
gestoppt. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung effizienterer Kombinationstherapien
bei Prostatakrebs“, betont die Nachwuchsforscherin.
Dr.in Julia Höfer publizierte ihre Ergebnisse bisher im „American Journal of Pathology“ sowie in „Endocrine
Related Cancer“. Sie wurde für ihre Forschungsarbeit mit dem Sanofi-Aventis-Preis sowie dem Innovationspreis
der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) ausgezeichnet. Gefördert wurde die junge Forscherin über
das Doktoratskolleg „Molekulare Zellbiologie und Onkologie (MCBO)“ in Innsbruck. Dazu erklärt die Rektorin
der Medizinischen Universität Innsbruck, o.Univ.-Prof.in Dr.in Helga Fritsch, „gezielte Nachwuchsförderung
hat einen hohen Stellenwert an der Medizinischen Universität Innsbruck. Gerade am Anfang einer wissenschaftlichen
Karriere, mit einem Erstprojekt, gibt es nur eine überschaubare Anzahl von Fördermöglichkeiten für
junge Forscherinnen und Forscher. Junge WissenschaftlerInnen sollten auf diesem Weg zur weiteren Forschungstätigkeit
allerdings motiviert werden. Für unseren Forschungsnachwuchs hat die Medizinische Universität Innsbruck
das spezielle MUI-Start Förderprogramm und einen Frauenförderpreis“.
Stichwort Prostatakrebs
Das Prostatakarzinom ist eine der häufigsten Krebserkrankungen der westlichen Welt mit entsprechenden Kosten
für das Gesundheitssystem und bisher nur im Frühstadium sehr gut behandelbar. Bei Prostatakrebs sind
grundsätzlich jene Mechanismen nicht im Detail bekannt, die zu Entartung, unkontrolliertem Wachstum und Streuung
der Zellen führen. Culigs Innsbrucker Gruppe erforscht als eine weniger in Mitteleuropa die Ursachen für
das Entstehen und Wachsen von Prostatakrebszellen und sorgte in den vergangenen Jahren kontinuierlich mit mehreren
international renommierten Beiträgen in der Scientific Community für Aufsehen.
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