Blickpunkt Balkan: Suche nach Zukunftsperspektiven

 

erstellt am
30. 09. 14
10.00 MEZ

Spannende Podiumsdiskussion mit LH Kaiser, Christian Wehrschütz, Alma Hannig, Helmut Konrad und Wolfgang Petritsch
Klagenfurt (lpd) - Welche Zukunftsperspektiven hat der Balkanraum im gesamteuropäischen Kontext? Dieser Frage widmete sich am 29.09. eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Vom Pulverfass zu einer Chance für Europa“, zu der das Volksgruppenbüro des Landes Kärnten eingeladen hatte.

Unter der Leitung von ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz diskutierten Landeshauptmann Peter Kaiser, Universitätsprofessor Helmut Konrad, Botschafter a.D. Wolfgang Petritsch und Historikerin Alma Hannig (Uni Bonn). Ziel der Veranstaltung war es, einen historisch-politischen Bogen vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gegenwart zu spannen. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion folgte die Vernissage der Fotoausstellung im Verwaltungszentrum des Landes Kärnten unter dem Motto „Auf der Suche nach Atlantis – Bosnien und Herzegowina 1888 – 2008“.

Der Landeshauptmann fragte, ob und inwieweit Europa die Chance für den Balkan nützen wolle oder ob man nur in der Position des Abwartens verbleibe. Er machte deutlich, dass es notwendig sei, Allianzen zu schmieden und die regionale Außenpolitik zu forcieren, wie dies auch Kärnten mache. Kärnten bemühe sich, grenzüberschreitende Projekte, Begegnungen und Partnerschaften voranzubringen. Es sei interregional sehr aktiv durch die Euregio, durch die Alpen-Adria-Allianz, im EU-Ausschuss der Regionen sowie durch Kooperation mit EU-Regionalkommissar Johannes Hahn.

Weiters machte Kaiser deutlich, dass es Investitionen in die Bildung brauche, um die Menschen zusammenzuführen. Dies unterstrich auch Botschafter Petritsch. Es gehe um Sicherheit und auch um Bekämpfung der Armut. Die Amerikaner hätten den Krieg in Bosnien gestoppt, nun brauche es eine neue Grundlage, ein neues „Dayton“ für den Aufbau eines demokratischen europäischen Staates, wobei die Besonderheiten der Länder und Völker stärker berücksichtigt sein müssten. Österreich habe sich damals durch die Aufnahme vieler Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina ausgezeichnet, so Petritsch. Er orte zu wenig Interesse seitens der EU am Staatsbildungsprozess. Die EU-Mitgliedsstatten sollten zur Stabilisierung am Balkan stehen und nicht die Konflikte wuchern lassen. Einig war man sich aber, dass die europäische Perspektive die einzige zukunftsweisende sei. Der Balkan und auch die Ukraine müssten europäische Perspektiven bekommen, unterstrich Wehrschütz. Bildungsmöglichkeiten sowie Investitionen vor Ort seien notwendig.

Professor Konrad betonte auch den Wert von Partnerschaften. Es seien vor Ort sowie auch in Österreich und in der EU die jeweiligen Hausaufgaben zu machen. Konrad erläuterte auch, dass in Österreich der Erste Weltkrieg ins „kulturelle Gedächtnis“ übergegangen sei, was durch einen langen Heilungsprozess möglich geworden sei. In den Ländern am Balkan gebe es ganz unterschiedliche Erinnerungskulturen, erklärten Wehrschütz und Konrad. Wie sehr die Folgen des Ersten Weltkrieges und der Balkankriege nachwirkten, führte Wehrschütz aus. Auch würden die hohen Opferzahlen etwa der Bosnier, Serben oder Slowenen vielfach unbekannt sein.

Historikerin Hannig stellte fest, dass ihren Forschungen zufolge die Donaumonarchie den Ersten Weltkrieg jedenfalls nicht gesucht habe, sondern durch die Umstände zum Kriege gezwungen worden sei. Österreich sei im Blick auf die Zukunft das Vermittlerland schlechthin, es besitze mehr Wissen und habe viel engere Kontakte zum Balkan als etwa Deutschland, so Hannig.

Unter den vielen Zuhörern befanden sich auch Bundesratspräsidentin Ana Blatnik, Militärkommandant Walter Gitschthaler, LAD Dieter Platzer und LAD-Stv. Markus Matschek, Alt-Landeshauptmann Bundesrat Gerhard Dörfler, Spitzendiplomat Valentin Inzko, Bgm. Erich Kessler, Marjan Sturm, Heinz Stritzl und Universitätsprofessor Stefan Karner (von der Konsensgruppe), Sloweniens Generalkonsulin Dragica Urtelj, Johann Gallo, Udo Puschnig sowie viele Gäste aus Rumänien und aus der Ukraine. Durch das Programm führte Peter Karpf.

Im Anschluss an die Podiums- und Publikumsdiskussion folgte die Vernissage der Fotoausstellung im Verwaltungsgebäude, zu der Wolfgang Platzer die vielen Gäste begrüßte. Landeshauptmann Kaiser dankte für das große Interesse und nahm die Eröffnung vor. Er gratulierte dem Gestalter Max Aufischer, Kulturvermittler aus Graz.

Aufischer informierte über die Fotoausstellung, bei der Fotos bzw. Reproduktionen aus Bosnien-Herzegowina aus dem 19. Jahrhundert, die Raimund Stillfried gemacht hatte, den Fotos von Aufischer mit denselben Motiven gegenübergestellt werden. Er wolle Interesse wecken und Einblicke in den Balkan geben, so Aufischer.

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Die Nachrichten-Rubrik "Österreich, Europa und die Welt"
widmet Ihnen der
Auslandsösterreicher-Weltbund

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at