Nocker-Schwarzenbacher: Russland-Krise im Tourismus angekommen – Schlechtes Wetter bringt ernüchterndes
Ergebnis
Wien (pwk) - Die Statistik Austria präsentierte am 29.09. die aktuellen
Zahlen für die bisherige Sommersaison 2014 (Mai bis August). Die Obfrau der Bundessparte Tourismus und
Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Petra Nocker-Schwarzenbacher, relativiert aber
die positiven Überschriften der Statistiker. Zwar konnte in der Sommerperiode Mai-August ein leichtes Plus
von 0,8 Prozent auf 50,02 Mio. Nächtigungen im Vergleich zu demselben Zeitraum des Vorjahres erzielt werden,
jedoch sei das Minus in den nächtigungsstärksten Sommermonaten Juli und August, insbesondere aufgrund
des schlechten Juliergebnisses, mit -1,2 Prozent (gegenüber Juli–August 2013) damit nicht wegzudiskutieren.
Auch das bisherige Kalenderjahr (Jänner-August) liefert eine negative Bilanz. So wurden in der Periode Jänner
bis August 2014 mit 99,55 Mio. Übernachtungen um 1,3 Prozent weniger Nächtigungen gezählt, als in
der gleichen Vorjahresperiode. Sowohl ausländische (-1,5 Prozent, 73,61 Mio.) als auch inländische Gäste
(-0,6 Prozent; 25,94 Mio.) nächtigten weniger oft in Österreich.
Fehlender Ausflugstourismus führt zu Umsatzminus
„Diese Ergebnisse sind leider ernüchternd“, kommentiert Nocker-Schwarzenbacher, das Ergebnis. Angesichts der
Wetterkapriolen hat es vor allem die Regionen und Betriebe getroffen, die von der Wetter-Situation besonders abhängig
sind. So ist vor allem der Ausflugstourismus in einigen Regionen nahezu eingebrochen. „Baden, Radfahren und Campen
waren in diesem Sommer leider nicht allzu oft möglich“, so die Sprecherin von 90.000 Tourismusbetrieben, was
sich auch in den einzelnen Bundesländer-Ergebnissen widerspiegle: „Die Umsatzrückgänge einzelner
Betriebe waren schmerzlich bis kaum verkraftbar.“
Gute Buchungslage verhinderte größeren Einbruch
Warum die Nächtigungszahlen in Summe relativ stabil geblieben sind, erklärt die WKO-Tourismusobfrau so:
„Dass es in manchen Regionen nicht zu einem größeren Einbruch gekommen ist, haben wir insbesondere der
guten Buchungslage aus dem Vorjahr zu verdanken. Wer aufgrund des schönen Sommers 2013 bereits wieder für
2014 gebucht hatte, ist gekommen. Aber wenn man sich das Buchungsverhalten unserer Gäste ansieht, sieht man
deutlich, dass Kurzfristigkeit und Wetterabhängigkeit eine immer größere Rolle spielen. Für
unsere Betriebe stellt dies eine enorme Belastung dar, da es die Planbarkeit erschwert und in Folge die Kosten
in den Betrieben steigen. So müssen die Betriebe immer häufiger größere Summen in die kurzfristige
Werbung für die direkte Akquisition der Gäste investieren, damit die Zimmer nicht leer stehen.“
Der Trend des Auseinanderklaffens der Ankunfts- und der Übernachtungsergebnisse hat sich wie erwartet fortgesetzt.
Seit 1995 sank die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Nächten in Österreich von 4,8 auf 3,6 Nächte
pro Aufenthalt. „Dies stellt unsere Branche in der Planung und beim Einsatz unserer Mitarbeiter vor große
Herausforderungen und wird die Notwendigkeit für flexible Modelle auch bei den Arbeitszeiten erhöhen,
ob wir das wollen oder nicht“, so Nocker-Schwarzenbacher.
Rückgang russischer Gäste im Tourismus voll angekommen
Erwartungsgemäß hat die aktuelle Vertrauenskrise in Bezug auf unsere russischen Gäste auch den
heimischen Tourismus erreicht. Nicht nur Landwirtschaft und Industrie sind von der „Russland-Krise“ betroffen,
sondern auch die Tourismuswirtschaft. „Das statistische Minus von 8,2 Prozent bei den Nächtigungen russischer
Gäste von Mai bis August drückt keineswegs die tatsächliche Tragweite aus. Nachdem die Nächtigungen
nicht gleichermaßen auf Österreich verteilt sind, kann auch der Verlust nicht auf ganz Österreich
verteilt werden“, erläutert Tourismusobfrau Nocker-Schwarzenbacher. Die Nächtigungs-Rückgänge
in Wien, Salzburg, Graz sind zweistellig. Laut Tax Free Weltmarktführer Global Blue sank der Umsatz russischer
Touristen in Wien im ersten Halbjahr 2014 bereits um -16,8 Prozent. Deshalb sei es notwendig, dass alle österreichischen
Vertretungen in Russland die guten bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und der Russischen Föderation
aufrechterhalten. „Unsere Gäste aus Russland und auch aus der Ukraine sind uns wie bisher sehr herzlich willkommen.
Politische Probleme müssen auf politischer Ebene gelöst werden, aber sicher nicht auf dem Rücken
des Tourismus“, so Nocker-Schwarzenbacher, die in diesem Zusammenhang positiv betont, dass die Österreich
Werbung in Moskau ihre Aktivitäten in vollem Umfang aufrecht erhält.
Positiv: Tourismus-Exportquote im Sommer erstmals bei 70 Prozent
Die internationalen Nächtigungen bilanzieren in der bisherigen Sommersaison mit 34,97 Mio. Nächtigungen
zu 15,05 Mio. Inländer-Nächtigungen: „Damit haben wir in diesem Sommer bei den Nächtigungen erstmals
eine Exportquote von 70 Prozent erreicht“, freut sich Nocker-Schwarzenbacher. Im Winterhalbjahr liegt der Anteil
internationaler Nächtigungen bereits bei rd. 77 Prozent. Der Tourismus ist damit ein wesentlicher Exportfaktor.
Laut Leistungsbilanz der Österreichischen Nationalbank (OeNB) erzielte der Tourismus 2013 einen Leistungsbilanz-Überschuss
von 8,5 Mrd. Euro, das sind 2,7 Prozent des BIP. „Als Exportbranche ist es uns dementsprechend ein großes
Anliegen, von den aktuellen Exportunterstützungen der Bundesregierung und der Wirtschaftskammer erfasst zu
werden. Jede Initiative für unsere Incoming- und Hotel-Betriebe, entsprechende Kontakte zu Reiseveranstaltern
und Reisebüros auf anderen Auslandsmärkten aufzubauen, um Ausfälle möglichst kompensieren zu
können, ist notwendig und hilfreich“, so Nocker-Schwarzenbacher. Dazu abschließend: „Insgesamt brauchen
wir mehr Wachstum, um das Ziel von 140 Millionen Nächtigungen bis 2018, wie im Regierungsprogramm verankert,
zu erreichen. Denn: Wir wollen es ja nicht nur erreichen, sondern übertreffen!
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