Abgeordnete drängen auf Hilfe für die bedrohte Bevölkerung
Wien (pk) – Österreich steht auf Seiten jener, die gegen den IS-Terror kämpfen. Außenminister
Sebastian Kurz bekräftigte in der Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses am 09-10- das Bekenntnis
Wiens zur Teilnahme an der diesbezüglichen internationalen Allianz und betonte mit Nachdruck, man dürfe
angesichts der dramatischen Lage in Kobane nicht wegschauen. Unterstützung erhielt er durch einen einstimmig
angenommenen Entschließungsantrag, in dem die Abgeordneten dazu aufrufen, alles zu unternehmen, um eine humanitäre
Katastrophe zu vermeiden und die Versorgung und Selbstverteidigung der Menschen in der bedrohten Stadt zu ermöglichen.
Der bewaffnete Konflikt in Syrien war Gegenstand einer Aktuellen Aussprache mit den Abgeordneten, stand aber auch
im Mittelpunkt der Außenpolitischen Berichte der Jahre 2012 und 2013, die mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP,
Grünen, Team Stronach und NEOS zur Kenntnis genommen wurden. Im Rahmen der weiteren Tagesordnung bestand jeweils
Konsens über den Rücktritt Österreichs vom Gemeinsamen Rohstofffonds sowie über einen Entschließungsantrag
der Grünen, der die Forderung nach österreichischem Engagement für den in Saudi-Arabien inhaftierten
Blogger Raif Badawi enthält.
Konflikt an syrisch-türkischer Grenze: Österreich darf nicht wegschauen
Vor dem Hintergrund der dramatischen Lage an der syrisch-türkischen Grenze, insbesondere in der Stadt
Kobane, dürfe Österreich nicht wegschauen. Dies war Grundtenor sämtlicher Debattenbeiträge
im Rahmen der aktuellen Aussprache, wobei Ausschussobmann Josef Cap (S) seinen Appell mit Kritik an der Haltung
der Türkei verknüpfte und zudem mit Verwunderung die Bestrebungen der EU registrierte, die Beitrittsverhandlungen
mit Ankara auf weitere Kapitel auszudehnen. Dies sei angesichts der aktuellen Situation äußerst unsensibel,
bemerkte er und gab überdies zu bedenken, im Falle eines türkischen EU-Beitritts würde die EU eine
Außengrenze mit dem Krisenherd Syrien haben. Für die Volkspartei begrüßte Reinhold Lopatka
die Teilnahme Österreichs an der internationalen Allianz gegen den IS-Terror, meinte aber ebenso wie Team
Stronach-Mandatarin Jessi Lintl, man dürfe die humanitäre Situation nicht außer Acht lassen. Wichtig
sei hier vor allem eine gemeinsame europäische Position, stand für den Außenpolitischen Sprecher
der ÖVP fest, der zudem die Rolle der sozialen Medien bei der Verbreitung von IS-Propaganda thematisierte.
Die humanitäre Lage, insbesondere das Schicksal der von Vergewaltigung bedrohten Frauen, war auch Anliegen
von Gisela Wurm (S). Tanja Windbüchler-Souschill teilte die Sorgen der SPÖ-Frauensprecherin und forderte
die Schaffung eines humanitären Korridors an der syrisch-türkischen Grenze. Rainer Eugen Bösch (F)
wiederum warnte vor den Auswirkungen einer Flüchtlingswelle auf Europa und meinte, die Hilfe sollte vor Ort
stattfinden.
Mit frommen Worten werde man den Konflikt nicht lösen, warf FPÖ-Abgeordneter Andreas Karlsböck ein
und sprach von der Notwendigkeit eines Eingriffs in soziale Netzwerke, um einer Expansion von IS via Internet entgegenzuwirken.
Sein Fraktionskollege Johannes Hübner wiederum drängte auf eine globale Initiative zur Befriedung der
Region.
Parallelen zwischen der aktuellen Situation in Kobane und der Lage in Srebrenica im Jahr 1995 sah Peter Pilz, der
namens der Grünen dazu aufrief, den Kurden ein Mindestmaß an Selbstverteidigung zu ermöglichen.
Er forderte eine Öffnung der türkisch-syrischen Grenze bei Kobane und die Zulassung der Lieferung von
panzerbrechenden Waffen an die kurdischen Verteidiger. Dramatische Worte fand Aygül Berivan Aslan (G), die
auf ein Eingreifen "so rasch wie möglich" drängte. Die Kurden in Kobane hätten keine Zeit,
es drohe ein Völkermord, schlug sie Alarm. Konkret trat die Grün-Abgeordnete, die an ihre kurdischen
Wurzeln erinnerte, für die Bildung eines Korridors ein, was auch ihre Fraktionskollegin Tanja Windbüchler-Souschill
unterstützte. Die Grünen sparten in der Debatte ebenfalls nicht mit Kritik an der Haltung der Türkei,
wobei Pilz Ankara vorwarf, bewusst auf ein Wiederaufflammen des Kriegs gegen die PKK zuzusteuern. Windbüchler-Souschill
wiederum sah die Türkei gefordert, sich nun zu entscheiden, auf welcher Seite sie stehen will.
Taten der internationalen Staatengemeinschaft sind nach Ansicht von Christoph Vavrik angesagt. Der Außenpolitische
Sprecher der NEOS äußerte aber schwere Bedenken gegen Forderungen an die Türkei, PKK-Kämpfer
nach Syrien ziehen zu lassen, und warnte, dies würde einen gefährlichen Präzedenzfall bilden.
Kurz begrüßt Luftschläge gegen IS als notwendige Option
Die internationale Gemeinschaft dürfe nicht wegschauen, war auch für Außenminister Sebastian Kurz
klar, der Österreichs Teilnahme an der politischen Allianz gegen den IS-Terror unterstützte. Wir überschreiten
damit nicht die Grenzen unserer Neutralität, sondern schöpfen sie vielmehr aus, betonte er. Neben der
humanitären Hilfe sei angesichts der Dramatik der Lage aber auch militärische Hilfe notwendig, Waffenlieferungen
und Luftschläge seien in diesem Fall die richtige Option. Militärische Beiträge anderer Staaten
hielt Kurz für wesentlich, wobei er ausdrücklich die Teilnahme islamischer Staaten an der internationalen
Allianz begrüßte. Die Kurden müssten sich verteidigen können und sollten dabei auch unterstützt
werden, unterstrich der Minister. Die Kritik an der türkischen Haltung teilte Kurz, wandte sich aber gegen
Aufforderungen an Ankara, seine Grenzen für alle zu öffnen, die in den Kampf strömen wollen, "auch
wenn sie auf der richtigen Seite kämpfen".
Sechs-Parteien-Antrag ruft zu Hilfe für die Menschen in Kobane auf
Rückenwind erhielt Kurz durch einen von allen sechs Fraktionen angenommenen Entschließungsantrag zur
Lage in Kobane. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, im Rahmen der UNO, der EU und anderer internationaler
Organisationen sowie in ihren bilateralen Kontakten mit den Staaten der Region auf die Dringlichkeit der Unterstützung
der Zivilbevölkerung in den Kurdengebieten, insbesondere in der Stadt Kobane, sowie auf den notwendigen Schutz
der betroffenen Minderheiten wie Kurden, Jesiden und Christen hinzuweisen und sich dafür einzusetzen, dass
zur Vermeidung einer humanitären Katastrophe die Versorgung und die Selbstverteidigung der Stadt Kobane ermöglicht
werden.
Ukraine: FPÖ kritisiert Österreichs Teilnahme an EU-Sanktionen
Was die Lage in der Ukraine – ein weiterer Schwerpunkt der Debatte – betrifft, stützten sich die Abgeordneten
auch auf den Außenpolitischen Bericht 2013 (III-106 d.B.), der vor allem das Bestreben Österreichs nach
einer Deeskalierung unterstreicht. Außenminister Kurz sah sich mit schweren Vorwürfen der Freiheitlichen
konfrontiert, die mit scharfen Worten Österreichs Teilnahme an den EU-Sanktionen gegen Russland kritisierten.
Die Regierung verstoße gegen Österreichs Wirtschaftsinteressen, gab Roman Haider (F) zu bedenken und
warnte vor allem vor negativen Auswirkungen der Sanktionen auf den Tourismus. Der Ukraine sollte klargemacht werden,
dass eine militärische Lösung keine Option sei, unterstrich sein Fraktionskollege Johannes Hübner
und rief dazu auf, alles zu tun, um einen Wirtschaftskrieg zu verhindern. Andreas Karlsböck wiederum sprach
sich dafür aus, den Kontakt mit Russland trotz der Krise weiter aufrechtzuhalten.
Für ein österreichisches Engagement zur friedlichen Beilegung des Konflikts zwischen Russland und der
Ukraine machte sich auch Josef Cap seitens der SPÖ stark, während Jessi Lintl vom Team Stronach Kosten
und Nutzen der Sanktionen hinterfragte. Die außenpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten, Christine Muttonen,
schließlich beleuchtete die österreichische Beteiligung an der OSZE-Mission zur Überwachung des
Waffenstillstands in der Ostukraine.
Kurz: Österreich unterstützt politische Lösung
Außenminister Kurz bekräftigte Österreichs Bestreben, auf eine politische Lösung des Konflikts
hinzuwirken und meinte zudem, die Ukraine brauche Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher Ebene sowohl mit der EU als
auch mit Russland. Die Verhandlung eines Assoziierungsabkommens zwischen Kiev und Moskau sei da ein Schritt in
die richtige Richtung. Den derzeit zwar brüchigen Waffenstillstand begrüßte Kurz als einzige Chance
für die Weiterführung der Verhandlungen. Hoffnungen setzte er zudem auch auf das geplante Treffen zwischen
Poroschenko und Putin.
Der Außenpolitische Bericht 2013 wurde ebenso wie der Bericht aus dem Jahr 2012 (III-105 d.B.) mit den Stimmen
von SPÖ, ÖVP, Grünen, Team Stronach und NEOS zur Kenntnis genommen.
Österreich tritt vom Gemeinsamen Rohstofffonds zurück
Mit dem Rücktritt vom Gemeinsamen Rohstofffonds (GF) bezweckt Österreich die Rückholung nicht sinnvoll
genützter Mittel. Ein von den Abgeordneten einstimmig verabschiedetes Bundesgesetz (208 d.B.) ermöglicht
in diesem Sinn die gänzliche Rückführung der österreichischen Leistungen – rund 1,538 Mio.
€ - an das 1. Fenster des Fonds. Begründet wird der Rücktritt vor allem mit dem geringen quantitativen
Operationsvolumen des Fonds. Auch die aktuell diskutierte Reform lasse keine positive Antwort auf die Frage nach
Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit des GF zu. Es erscheine daher nicht gerechtfertigt, die bisherigen
Beiträge weiterhin brach liegen zu lassen bzw. neue Beiträge zu leisten.
Konsens über Grünen-Antrag zugunsten des saudischen Bloggers Raif Badawi
Die Grünen wiederum machten in einem Entschließungsantrag (594/A(E)) auf den Fall des saudischen Bloggers
Raif Badawi aufmerksam, der wegen "Beleidigung des Islam" und Betreiben einer liberalen Website in Saudi-Arabien
zu zehn Jahren Haft, 1.000 Peitschenhieben und der Zahlung von einer Million Riad verurteilt wurde. Raif Badawi
habe in seinem Blog die Ansicht vertreten, dass Muslime, Juden, Christen und Atheisten gleichwertig seien, und
sich nichts anderes zu Schulden kommen lassen, als öffentlich seine Grund- und Freiheitsrechte auszuüben,
stellte Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill fest und forderte Außenminister Kurz auf, gemeinsam
mit den EU-Mitgliedstaaten gegenüber Saudi-Arabien für den Nichtvollzug der Strafe, die sofortige Freilassung
sowie eine Amnestie Raif Badawis einzutreten.
Dem Anliegen der Grünen traten sämtliche Fraktionen bei, sodass der Antrag einstimmig angenommen wurde.
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