Präsentation mit IV-Präsident Kapsch und den CEO's Herlitschka, Oswald, Engelbrechtsmüller-Strauß
- Mitterlehner will Umfeld für Leitbetriebe und verbundene KMU schrittweise verbessern
Wien (bmwfw) - Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat am 09.10. gemeinsam mit IV-Präsident Georg
Kapsch und den Vorstandsvorsitzenden führender Unternehmen die Arbeitsgruppen-Vorschläge für die
"Standortstrategie Leitbetriebe" vorgestellt. "Wir müssen unsere Kräfte bündeln und
neue Prioritäten setzen. Leitbetriebe sichern Wachstum und Beschäftigung und sind in ihrer Wertschöpfungskette
eng mit jeweils bis zu 1.000 KMU vernetzt. Sie decken die gesamte Wirtschaft ab, stehen aber in einem intensiven
internationalen Wettbewerb. Daher müssen wir das Umfeld für Leitbetriebe schrittweise verbessern sowie
an Tempo und Innovationskraft gewinnen", sagte Mitterlehner. 40 CEOs haben über 100 Vorschläge ausgearbeitet.
Deren Bandbreite reicht von der Wissens-, Forschungs- und Innovationsbasis über faire internationale Wettbewerbsbedingungen,
etwa bei Klima- und Energiefragen, bis hin zur Finanzierung, dem Steuersystem und der Fachkräfte-Verfügbarkeit.
"Die neue Strategie soll klare Spielregeln für eine verlässliche Standortpolitik etablieren, zum
Beispiel indem auf rückwirkende Rechtsvorschriften und eine Übererfüllung von EU-Richtlinien künftig
verzichtet wird", betont Mitterlehner. "Konzernzentralen und Vorstandsetagen planen regelmäßig
zehn bis 15 Jahre voraus. Umso mehr sind wir gefordert, langfristig planbare Rahmenbedingungen zu sichern und zu
schaffen. Von der Kraft der Wirtschaft und der Industrie hängen Arbeitsplätze und die Erfolge aller anderen
Systeme ab", erläutert Mitterlehner. "Die Strategie soll auch gelebt werden. Im nächsten Schritt
erfordern die Vorschläge aber eine politische und inhaltliche Prüfung und Diskussion, die wir einleiten
und durch ein Monitoring verfolgen werden", sagt Mitterlehner. "Zur Unterstützung werden wir auch
ein neues Standortboard einrichten, dessen Mitglieder aktuelle Chancen und Risiken für den Standort bewerten",
kündigt Mitterlehner an.
Im Regierungsprogramm ist die "Formulierung und Umsetzung einer umfassenden Standortstrategie für (internationale)
Leitbetriebe in Österreich" festgeschrieben, was im Juni per Ministerratsbeschluss bekräftigt wurde.
"Einige Strategie-Vorschläge, wie etwa zur De-Regulierung und Entbürokratisierung, setzen wir bereits
um, in anderen Bereichen gibt es noch viel zu tun. Das wollen wir jetzt partnerschaftlich weiterentwickeln",
so Mitterlehner. Umgekehrt könne nicht erwartet werden, dass alle Vorschläge sofort 1:1 übernommen
werden können, auch weil mehrere angesprochene Regelungen von EU-Richtlinien abhängen.
Georg Kapsch: "Standortstrategie Leitbetriebe" zum Kernprojekt der Bundesregierung machen
"Leitbetriebe sind die Kernsubstanz der österreichischen Volkswirtschaft und agieren im Verbund mit
tausenden KMU. Wir können nur gemeinsam erfolgreich sein", betonte der Präsident der Industriellenvereinigung
(IV), Georg Kapsch. "Allein 33 ausgewählte weltmarkführende Leitbetriebe - jeden Tag im immer härter
werdenden internationalen Wettbewerb - stehen direkt und indirekt für über 200.000 Jobs und eine Wertschöpfung
von knapp 15 Milliarden Euro", sagte Kapsch. Die Verankerung der Strategie im Regierungsprogramm sei ein erster
wichtiger Schritt und ein grundsätzliches Bekenntnis der Politik zur Industrie gewesen. Gemeinsam mit Mitterlehner
würden nun die ersten Weichen gestellt. "Doch erst die tatsächliche und rasche Umsetzung der Standortstrategie
wird über ihren Erfolg entscheiden. Die Industrie setzt daher auf die Aufwertung zu einem Kernprojekt der
Bundesregierung", so der IV-Präsident.
Folgende Maßnahmenbündel seien vordringlich: Die weitere Entlastung bei den Arbeitszusatzkosten für
Arbeitnehmer sowie für Unternehmen sei am dringlichsten. "Auch Rechts- und damit Planungssicherheit ist
essentiell und sollte als eine der Spielregeln für verlässliche Industriepolitik außer Streit gestellt
werden", so Kapsch. Zudem gelte es, die Industrie- und Leitbetriebe-Politik auf nationaler wie auf EU-Ebene
zu stärken. Insbesondere die Einrichtung eines Standortboards Leitbetriebe als Beratungsorgan würde sich
positiv auf die Standortattraktivität und somit auf Leitbetriebe und ihre Wertschöpfungsketten auswirken.
Zur Verbesserung der Planbarkeit für die Unternehmen sollte ein langfristiger Rechtsentwicklungsplan im Steuerrecht
eingeführt werden. Zudem sei ein Verzicht auf rückwirkende Eingriffe in Rechtsvorschriften oder auch
budgetär bedingte, kurzfristige Maßnahmen bei der Unternehmensbesteuerung erforderlich.
Sabine Herlitschka: Wissens-, Forschungs- und Innovationsbasis stärken
"Innovation entscheidet über Österreichs Wohlstand, daher brauchen wir die besten Rahmenbedingungen
für innovative Leitbetriebe, Hochschulen und Forschungsorganisationen. Verbesserungen sind dringend nötig,
ein 7-Punkte Programm fasst die wichtigsten Schwerpunkte zusammen. Höchste Priorität hat die konsequente
Umsetzung der 2011 von der Bundesregierung beschlossenen FTI-Strategie inklusive Sicherstellung der dafür
erforderlichen Finanzierung", sagt Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende der Infineon Technologies Austria
AG und Leiterin des Themenfelds Wissens-, Forschungs- und Innovationsbasis.
Die im Themenfeld ausgearbeiteten Empfehlungen umfassen darüber hinaus die Erhöhung, langfristige Sicherung
und den effektiveren Einsatz von F&E-Mitteln gemäß FTI-Strategie. Ein langfristiges Absichern der
Forschungsprämie, sowie die Kooperation mit exzellenten Hochschulen. Besondere Bedeutung kommt der umfassenden
Förderung von MINT-Bildung und -Ausbildung zu. Industrie 4.0 soll als wichtiges Zukunftsprojekt zur Standortsicherung
etabliert werden. Das Innovationssystem muss insgesamt leistungsfähiger werden durch entsprechende Rahmenbedingungen
wie wettbewerbsfähige Lohnkosten, Qualität der Kommunikations- und Energieinfrastruktur bis hin zur besseren
Nutzung der Innovationspotenziale der öffentlichen Beschaffung. Österreich soll auch die Chancen der
Internationalisierung proaktiv nutzen, zum Beispiel durch eine starke Einbettung in internationale Innovationsnetzwerke,
Attraktivität für ausländische Arbeitskräfte und Studierende und offensive Vermarktung im Ausland.
Peter Oswald zum Thema Klima, Energie, Umwelt & Ressourcen
"Offener Dialog, zahlreiche Ideen, fünf Hauptforderungen mit umsetzbaren Maßnahmen" -
so lässt sich das Ergebnis unserer Arbeitsgruppe zusammenfassen", betont Peter J. Oswald, CEO Mondi Europe
& International sowie Leiter des Themenfeldes Klima, Energie, Umwelt & Ressourcen. "Das Klima- und
Energiepaket 2030 sollten wir nutzen, um fairere Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Daher betreffen zwei unserer
fünf Hauptforderungen diesen Bereich: 1. EU-Klimaziele sollten unter Berücksichtigung der Ziele anderer
Staaten festgelegt werden. Das erfordert eine klare Positionierung von Österreich bei der anstehenden Festlegung
der EU-Klimaziele. Dadurch kann ein internationales Abkommen mit vergleichbaren Zielen erreicht werden. 2. Es darf
zu keiner weiteren Belastung aus dem EU-Emissionshandel kommen. Dafür könnten maßgeschneiderte
CO2-Regime für die Stromproduktion und die energieintensive Industrie erarbeitet werden. Eine weitere Forderung
zielt auf die verstärkte Energieforschung und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz:
Die Versteigerungserlöse im ETS sollten zweckgebunden und für neue Umwelttechnologien in energieintensiven
Industrien genutzt werden. Eine Revision der derzeitigen Richtlinie für die Umweltförderung im Inland
soll die vollständige Förderfähigkeit von ETS-Anlage wiederherstellen. Mit Blick auf Erneuerbare
Energien schlagen wir eine marktkonforme Reform des Ökostromgesetzes vor, damit einerseits die Ökostrom-
und Rohstoffkosten für Unternehmen reduziert und die Fördergelder in neue Technologien investiert werden.
Bei der Biomasse gilt es die stoffliche Verwertung des wertvollen Rohstoffes Holz vor der thermischen zu forcieren
- also veredeln vor verbrennen."
Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß zum Themenfeld Skills und internationalen Spitzenkräfte
"Österreich verfügt - vor allem durch Lehrlingsausbildung und BHS (insbesondere HTL) - über
einen Fachkräftepool im Einklang mit seiner spezifischen Wirtschaftsstruktur. Dennoch gibt es Herausforderungen,
die angegangen werden müssen - wie etwa fehlende Grundkompetenzen bei Pflichtschulabgängern, hohe Drop-Out
Raten nach der 9. Schulstufe oder mangelnde Leistungsdifferenzierung an den Schulen", betont Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß,
Geschäftsführerin Fronius International GmbH. "Es gelingt Österreich trotz attraktivem Ausbildungssystem
und hohem Lebensstandard nicht in ausreichendem Ausmaß, ausgebildete Fach- und Spitzenkräfte zu halten.
Mit der Reform der Gewerbeordnung, Schaffung eines einheitlichen Anerkennungsgesetzes für Berufsabschlüsse
und eines effizienten, unbürokratischen Anerkennungsverfahrens, sowie eines attraktiven und international
kompatiblen Steuersystems, kann eine "Willkommenskultur" etabliert werden. Damit einher geht auch die
Attraktivierung der Rot-Weiß-Rot Karte. Zu guter Letzt gilt es auch ein attraktives unternehmerisches Umfeld
zu schaffen. Der Volatilität der Märkte stehen unflexible Regelungen gegenüber. Durch hohe Lohn(neben)kosten
hat Österreich im Vergleich mit den Nachbarstaatenstark an Wettbewerbsvorteilen eingebüßt. Über
mehr Flexibilität und weniger Bürokratie lässt sich der Handlungsspielraum von Unternehmen stark
erweitern."
Über die Standortstrategie Leitbetriebe
Die Bundesregierung hat die Erarbeitung der Standortstrategie Leitbetriebe auch im Regierungsprogramm festgeschrieben.
Auf Initiative des Wirtschaftsministeriums und auf Basis eines Ministerratsvortrags wurde die Erarbeitung im Juni
2014 gestartet. Zahlreiche CEOs von Leitbetrieben - begleitet von Experten und Vertretern aus der Wissenschaft
- haben in den vergangenen drei Monaten ihre Vorschläge eingebracht, die jetzt geprüft und weiter diskutiert
werden.
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