TTIP: Investorenschutz bleibt weiter umstritten

 

erstellt am
09. 10. 14
10.00 MEZ

EU-Chefverhandler Garcia Bercero informiert österreichische Abgeordnete und BundesrätInnen
Wien (pk) – Die Investorenschutzklauseln sowie die Standards für Landwirtschaft und Umwelt dominieren nach wie vor die Diskussion über das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA. In einem Gespräch mit dem EU-Chefverhandler Ignacio Garcia Bercero deponierten österreichische Abgeordnete und BundesrätInnen am 08.10. einmal mehr ihre Skepsis in diesen beiden Bereichen und riefen dazu auf, die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen. Garcia Bercero begrüßte den Nachdenkprozess über den Investorenschutz als Folge der breiten öffentlichen Diskussion und versicherte im Übrigen, bei den Standards werde die EU keinerlei Kompromisse zulassen. Ein Freihandelsabkommen unter Ausklammerung des Bereichs Landwirtschaft hielt er allerdings für unvorstellbar.

Österreichische Skepsis gegen Investorenschutzbestimmungen
Freihandel sei grundsätzlich etwas Positives für die Volkswirtschaft, der Teufel liege aber oft im Detail, schickte der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf als Leiter des Gesprächs voraus. SPÖ-Abgeordneter Josef Cap untermauerte ebenso wie Werner Kogler von den Grünen die ablehnende Haltung Österreichs zu den Investorenschutzbestimmungen und erinnerte an die diesbezügliche Entschließung des Nationalrats. Es sei bedauernswert, dass die Rechtsstandards der 28 EU-Staaten durch das Abkommen mit den Standards jener Länder gleichgestellt werden, mit denen es zu Recht Investorenschutzklauseln gibt, stellte Cap fest und betonte, eine Angleichung der Standards würde für Österreich jedenfalls einen Abbau bedeuten, dies wäre nicht mehrheitsfähig. NEOS-Klubobmann Matthias Strolz plädierte für einen alternativen Weg beim Investorenschutz und stellte die Idee eines unabhängigen internationalen Gerichtshofs für Handelsfragen in den Raum. Freihandel auf Augenhöhe und unter fairen Bedingungen begrüßte er zudem als besten Hebel zur Schaffung von Wohlstand und zeigte sich darin einer Meinung mit ÖVP-Mandatarin Angelika Winzig, die TTIP vor allem aus Sicht des Exportlandes Österreich unterstützte und dazu aufrief, die Bedürfnisse der heimischen KMU beim Handel mit den USA besonders zu berücksichtigen.

Heimische Politik in Sorge wegen der Auswirkungen von TTIP auf die Landwirtschaft
Johannes Hübner (F) sah hingegen eine Gefahr für die klein- und mittelständische Wirtschaft und wies insbesondere auf die hohen Schadenersatzforderungen und Prozesskosten in den USA hin. Der Außenpolitische Sprecher der Freiheitlichen trat überdies dafür ein, die Landwirtschaft gänzlich aus TTIP auszuklammern. Dies forderte auch Matthias Strolz namens der NEOS, zumal, wie er sagte, Europa in diesem Bereich einen wesentlich nachhaltigeren Zugang habe als die USA. Vor möglichen negativen Auswirkungen vor allem auf dem Rindfleischsektor warnte Hermann Schultes von der Volkspartei, der sich aber gleichzeitig zuversichtlich bezüglich der Chancen der qualitativ hochstehenden heimischen Produkte auf den US-Märkten zeigte. Entscheidend sei deshalb die Kennzeichnung der Lebensmittel hinsichtlich Herkunft, Qualität und Produktionsweise, stand für ihn fest.

Sorgen über die Umwelt- und Klimapolitik äußerte auch Grün-Abgeordnete Christiane Brunner, während Petra Bayr als EZA-Sprecherin der SPÖ Bedenken vorbrachte, die Bestimmungen von TTIP könnten auch auf Drittstaaten Anwendung finden und dabei vor allem in Entwicklungsländern negative Folgen auslösen.

Garcia Bercero bestätigt Nachdenkprozess über Investorenschutz
TTIP sei noch nicht abgeschlossen, teilte Ignacio Garcia Bercero mit und kündigte an, man werde sich die Zeit nehmen, die man braucht, um für Europa "alles richtig zu machen". Das Thema Investorenschutz werde derzeit nicht behandelt, hier gebe es als Folge der regen öffentlichen Diskussion eine Verhandlungspause, um den Ausgang eines Konsultationsprozesses abzuwarten. Es werde jedenfalls zu einer politischen Entscheidung kommen, die die zukünftige EU-Kommission treffen muss. Die Tatsache, dass in Sachen Investorenschutz im CETA-Abkommen mit Kanada ein bestimmter Ansatz gewählt wurde, bedeute noch nicht, dass TTIP dem gleichen Ansatz folgt. Investorenschutzklauseln kommen nur dann in Frage, wenn die USA bestimmte Bedingungen akzeptiert, stellte Garcia Bercero klar. Der EU-Chefverhandler begrüßte aber grundsätzlich den Investorenschutz und erwartete sich insgesamt mehr Transparenz von diesbezüglichen Klauseln.

Landwirtschaft kann bei TTIP nicht ausgeklammert werden
Was die Landwirtschaft betrifft, gab er zu bedenken, diese sei ein Hauptinteresse der USA, ein Freihandelsabkommen unter Ausklammerung der Landwirtschaft sei deshalb nicht vorstellbar. Wenn es um die Lebensmittelsicherheit geht, werde die EU keine Kompromisse eingehen, versicherte Garcia Bercero. Hormonverbote im Fleisch oder Einschränkungen für gentechnisch veränderte Produkte, wie sie in EU-Staaten bestehen, werden von TTIP nicht berührt. Auch die Gewinnung von Schiefergas habe nichts mit TTIP zu tun. Genehmigungen von Fracking bleiben in der Zuständigkeit der einzelnen Staaten, unterstrich Garcia Bercero der Grün-Mandatarin Christiane Brunner gegenüber.

Österreichs Parlament kann sich bis zur Unterzeichnung noch einbringen
Zu den Themen Transparenz und Mitbestimmung, die von Werner Kogler (G), aber auch von FPÖ-Bundesrat Hans-Jörg Jenewein angesprochenen wurden, bemerkte der EU-Politiker, Aufgabe des Europäischen Parlaments sei es nicht, direkt zu verhandeln, sondern vielmehr, die Verhandler zu überwachen. Das Europäische Parlament erhalte jedenfalls dieselben Informationen wie die Mitgliedstaaten. Die Involvierung der nationalen Parlamente bei der Ratifizierung von TTIP bezeichnete Garcia Bercero dabei als durchaus wahrscheinlich. Das österreichische Parlament könne bis zur Unterzeichnung noch Fragen einbringen, versicherte er.

 

 

 

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