Aussprache mit Schweizer Amtskollegen Ruedi Lustenberger
Wien (pk) - Der Präsident des Schweizer Nationalrats, Ruedi Lustenberger, der sich im Rahmen einer
dreitägigen offiziellen Visite in Österreich aufhält, stattete am Vormittag des 07.10. dem Hohen
Haus einen Besuch ab. Beim Arbeitsgespräch mit Nationalratspräsidentin Doris Bures wurde eine breite
Palette von Themen angesprochen, wobei es nicht nur um die Rolle neutraler Staaten in einem konfliktreichen internationalen
Umfeld ging, sondern auch um die Auswirkungen des Schweizer Volksentscheids gegen Masseneinwanderung, die Umsetzung
des bilateralen Abgeltungssteuerabkommens, aktuelle Verkehrsinfrastrukturprojekte sowie um die gemeinsamen Anstrengungen
zum Schutz des Alpenraums.
NR-Präsidentin Doris Bures hob die ausgezeichneten bilateralen Beziehungen hervor und war überzeugt davon,
dass beide Länder durch ihren neutralen Status eine Brückenbauerfunktion in der Welt einnehmen. Wie gut
dies der Schweiz vor kurzem wieder gelungen sei, konnte man etwa an der hervorragenden OSZE-Vorsitzführung
durch den Schweizer Bundespräsidenten Burkhalter sehen. Dessen Engagement war u.a. geprägt durch einen
weit gefassten Sicherheitsbegriff, der auch Menschenrechte, Demokratieentwicklung und Stabilität beinhaltet.
Als einen positiven Schritt bezeichnete Bures die Einigung in der EU über die Aufhebung des Bankgeheimnisses
für Ausländer und die geplante Einführung des automatischen Informationsaustausches über Zinserträge.
Es führe kein Weg daran vorbei, in diesem Bereich für mehr Transparenz zu sorgen, da sonst der soziale
Zusammenhalt in Europa gefährdet wäre. Schließlich ging die Präsidentin noch auf den Bau des
Brenner-Basis-Tunnels sowie die EU-Verkehrspolitik ein, die auf eine noch stärkere Verlagerung des Güterverkehrs
auf die Schiene sowie auf mehr Kostenbewusstsein setzen müsse.
Lustenberger war ebenso wie seine Amtskollegin überzeugt, dass neutrale Staaten eine immer wichtigere Bedeutung
in der internationalen Politik haben. Gerade der Ukraine-Konflikt sei eine sehr starke Belastung für Europa
und er hoffe daher, dass bald "der Menschen- vor dem Waffenverstand obsiegt". Was die angesprochene Annahme
der Initiative gegen Masseneinwanderung betrifft, so habe sich die Mehrheit der Schweizer trotz negativer Empfehlung
durch das Parlament dafür entschieden. Er werde sich im Ausland für die Entscheidung des Souveräns
nicht entschuldigen, meinte Lustenberger, er könne nur Erklärungen anbieten. Gründe dafür sah
er u.a. in der Tatsache, dass es Zweifel daran gebe, dass die Außengrenzen der EU ausreichend gesichert und
dass die Rückübernahmeabkommen gut funktionieren.
Da aber die Einführung von Kontingenten gegen die Personenfreizügigkeit der EU verstoßen würde,
wird die Umsetzung dieses Volksentscheids sicher schwierig, erklärte Susanne Leutenegger-Oberholzer, die Obfrau
der bilateralen parlamentarischen Gruppe Schweiz-Österreich. Dasselbe gelte für die angesprochenen Fragen
bezüglich des automatischen Informationsaustausches, wo noch offene Fragen geklärt werden müssen.
Deshalb sei umso wichtiger, sich mit Ländern, denen man in Freundschaft verbunden ist, offen auszutauschen
und gemeinsame Lösungen zu überlegen.
Anschließend an das Gespräch mit NR-Präsidentin Bures findet noch eine Unterredung mit Vertretern
der bilateralen parlamentarischen Gruppe Schweiz-Österreich statt. Weiters auf der Agenda stehen Treffen mit
dem zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf sowie Vizekanzler Reinhold Mitterlehner.
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