Jungbrunnen für Magnetbänder

 

erstellt am
07. 10. 14
10.00 MEZ

Neues Verfahren zur Rettung von Tondokumenten entwickelt – Phonogrammarchiv der ÖAW erhält Patent
Wien (öaw) - Archive bewahren Wissen. So weit so einfach. Einfach aber ist gar nichts. Denn das Bewahren über Generationen hinweg hängt maßgeblich von den Materialien ab, auf denen das Wissen gespeichert wird. Industriell gefertigtes Papier unterliegt Säurefraß, eisenhaltige Tinte lässt Buchstaben wegrosten, Temperatur- und Feuchtigkeits- schwankungen setzen selbst Pergament zu. Die Haltbarkeit von Magnetbändern, und damit von Ton- und Filmaufnahmen, ist noch kürzer. Erreichen Druckwerke aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert noch eine Lebensdauer von 70 bis 100 Jahren, beträgt jene von Magnetbändern rund 30 Jahre.

Eine Problematik, die dem Phonogrammarchiv der ÖAW höchst vertraut ist. 1899 gegründet, verfügt das damit älteste Schallarchiv weltweit über 71.000 Einzelaufnahmen mit einer Gesamtdauer von rund 12.500 Stunden. Ein prekärer Schatz. Jetzt wurde am Phongrammarchiv ein „Jungbrunnen“ für Magnetbänder entwickelt. Basierend auf der langjährigen Erfahrung mit der Übertragung und Digitalisierung historischer Tonträgern konnten in den letzten Jahren wertvolle Erkenntnisse zur Spielbarmachung schwer geschädigter bzw. als unspielbar geltender Magnetbänder gewonnen werden. Die vorerst experimentell gesammelten Daten wurden chemisch analysiert und verifiziert.

In Kooperation mit dem OFI, Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik, wurde nun ein Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, die durch Alterungsschäden hervorgerufene Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften von stark versprödeten und geschrumpften Acetatbändern (Magnettonbändern aus dem Ton- und Filmbereich) langfristig und vorteilhaft zu verbessern. Das Verfahren ermöglicht einerseits ein zerstörungsfreies Abspielen, andererseits werden chemische Alterungsprozesse (wie etwa das sogenannte Vinegar-Syndrom) in ihrem Fortschreiten gehemmt oder, je nach Schädigungsgrad, sogar gestoppt. Dabei wird das Material nicht nur kurzfristig aufgefrischt, sondern dauerhaft in seinen mechanischen Eigenschaften verjüngt.

Die Methode ist so ausgelegt, dass dem Material durch die Behandlung kein chemischer Schaden zugefügt und die weitere Lagerungsfähigkeit langanhaltend erhöht wird. Zusätzlich werden Chemikalien verwendet, die ohne besondere Gefahrenhinweise für Mensch und Umwelt verwendet werden können.

Die Behandlungsmethode wurde als erstes Patent der Philosophisch-historischen Klasse der ÖAW unter dem Titel „Verfahren zur Rekonditionierung von Datenträgern“ am 23.12.2010 beim Österreichischen Patentamt eingereicht. Die Erteilung erfolgte gemäß Veröffentlichung des Hinweises im Europäischen Patentblatt 14/40 am 1. Oktober 2014. An der Anwendung für Filmmaterial wird gearbeitet.

 

 

 

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