Neues Verfahren zur Rettung von Tondokumenten entwickelt – Phonogrammarchiv der ÖAW erhält
Patent
Wien (öaw) - Archive bewahren Wissen. So weit so einfach. Einfach aber ist gar nichts. Denn das Bewahren
über Generationen hinweg hängt maßgeblich von den Materialien ab, auf denen das Wissen gespeichert
wird. Industriell gefertigtes Papier unterliegt Säurefraß, eisenhaltige Tinte lässt Buchstaben
wegrosten, Temperatur- und Feuchtigkeits- schwankungen setzen selbst Pergament zu. Die Haltbarkeit von Magnetbändern,
und damit von Ton- und Filmaufnahmen, ist noch kürzer. Erreichen Druckwerke aus dem 19. und frühen 20.
Jahrhundert noch eine Lebensdauer von 70 bis 100 Jahren, beträgt jene von Magnetbändern rund 30 Jahre.
Eine Problematik, die dem Phonogrammarchiv der ÖAW höchst vertraut ist. 1899 gegründet, verfügt
das damit älteste Schallarchiv weltweit über 71.000 Einzelaufnahmen mit einer Gesamtdauer von rund 12.500
Stunden. Ein prekärer Schatz. Jetzt wurde am Phongrammarchiv ein „Jungbrunnen“ für Magnetbänder
entwickelt. Basierend auf der langjährigen Erfahrung mit der Übertragung und Digitalisierung historischer
Tonträgern konnten in den letzten Jahren wertvolle Erkenntnisse zur Spielbarmachung schwer geschädigter
bzw. als unspielbar geltender Magnetbänder gewonnen werden. Die vorerst experimentell gesammelten Daten wurden
chemisch analysiert und verifiziert.
In Kooperation mit dem OFI, Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik, wurde nun ein
Verfahren entwickelt, das es ermöglicht, die durch Alterungsschäden hervorgerufene Verschlechterung der
mechanischen Eigenschaften von stark versprödeten und geschrumpften Acetatbändern (Magnettonbändern
aus dem Ton- und Filmbereich) langfristig und vorteilhaft zu verbessern. Das Verfahren ermöglicht einerseits
ein zerstörungsfreies Abspielen, andererseits werden chemische Alterungsprozesse (wie etwa das sogenannte
Vinegar-Syndrom) in ihrem Fortschreiten gehemmt oder, je nach Schädigungsgrad, sogar gestoppt. Dabei wird
das Material nicht nur kurzfristig aufgefrischt, sondern dauerhaft in seinen mechanischen Eigenschaften verjüngt.
Die Methode ist so ausgelegt, dass dem Material durch die Behandlung kein chemischer Schaden zugefügt und
die weitere Lagerungsfähigkeit langanhaltend erhöht wird. Zusätzlich werden Chemikalien verwendet,
die ohne besondere Gefahrenhinweise für Mensch und Umwelt verwendet werden können.
Die Behandlungsmethode wurde als erstes Patent der Philosophisch-historischen Klasse der ÖAW unter dem Titel
„Verfahren zur Rekonditionierung von Datenträgern“ am 23.12.2010 beim Österreichischen Patentamt eingereicht.
Die Erteilung erfolgte gemäß Veröffentlichung des Hinweises im Europäischen Patentblatt 14/40
am 1. Oktober 2014. An der Anwendung für Filmmaterial wird gearbeitet.
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