Im Gesamtjahr wird Industrieproduktion um maximal 2 Prozent wachsen – Die Industrieproduktion
wuchs bis Juli noch um 2,6 Prozent, hat aber schon vor Monaten viel an Tempo verloren
Wien (bank austria) - Nach dem schwierigen Jahr 2013 hat sich Österreichs Wirtschaft Anfang 2014 kurzfristig
auf breiter Front erholt. Aber schon zur Jahresmitte sind die Zuwächse in den meisten Sektoren wieder verschwunden.
„Aktuelle Konjunkturumfragen im Herbst 2014 bestätigten den Trend, den die Daten im Juli und August ankündigten:
Aus den Reihen der industriellen Schwergewichte kommen nur mehr von der Fahrzeugerzeugung und der Elektroindustrie
nennenswerte Wachstumsimpulse, die Nahrungsmittel- und Getränkeerzeugung wächst stabil aber auf tiefem
Niveau, während die Konjunktureinschätzungen der Metallwarenhersteller wie der Maschinenbauer pessimistischer
geworden sind. Die Bauwirtschaft kann sich noch auf Zuwächse im Tiefbau stützen, im Hochbau sind aber
bereits Produktionseinbußen zu verzeichnen. Letztendlich überwiegt seit Herbstbeginn der Pessimismus
im Handel, im Fremdenverkehr und bei den meisten wirtschaftsnahen Dienstleistungssparten – mit Ausnahme der IT-Branche“,
fasst Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der Bank Austria den aktuellen Branchenüberblick zusammen.
Nur leichter Industrieaufschwung zu erwarten
Österreichs Industrie kann sich 2014 vom Produktionsminus des Vorjahres in Höhe von 0,6 Prozent erholen.
Bis Juli ist die Produktion noch um durchschnittlich 2,6 Prozent gestiegen. Allerdings kühlte der starke Aufschwung
der Industriekonjunktur zu Jahresbeginn im zweiten Quartal wieder ab und hat sich seitdem nicht wieder erholt.
Bis Jahresende 2014 sind zwar weitere Rückschläge aber kein schwerer Konjunktureinbruch zu erwarten,
wie die Ergebnisse der Unternehmensbefragungen und wie die Entwicklung des Konjunkturindikators der Bank Austria
zeigen. Im Gesamtjahr 2014 wird die Industrieproduktion daher bestenfalls um 2 Prozent zulegen.
Stärkere Impulse kommen noch von der Fahrzeugerzeugung und der Elektroindustrie. Diese beiden Industrieschwergewichte
tragen 22 Prozent zur Sektorwertschöpfung bei. Bank Austria Ökonom Günter Wolf erwartet, dass „die
heimische Fahrzeugerzeugung ihre Position an der Wachstumsspitze der österreichischen Industrie 2014 nicht
abgeben wird. Der Anteil optimistischer Produktionserwartungen war auch noch im September überdurchschnittlich
hoch.“ Mit einem Produktionszuwachs von durchschnittlich 8 Prozent bis Juli beweist die Branche auch dieses Jahr
einmal mehr ihre Konkurrenzfähigkeit und Ausnahmestellung im Industrievergleich,. Auch in der Elektroindustrie
hat sich im September der Konjunkturoptimismus noch verstärkt. Ausschlaggebend dürften anhaltende Exporterfolge
mit Elektrotechnik aus Österreich sein und vermutlich auch höhere Infrastrukturinvestitionen im Inland.
Österreichs Maschinenbauer werden ihren leichten Wachstumsvorsprung zum Industriedurchschnitt bis Ende 2014
voraussichtlich beibehalten. Allerdings fehlen der Branche zunehmend die Aufträge von den Investitionsgütermärkten.
Dazu Wolf: „Die schwache Investitionsnachfrage, die sich aufgrund herrschenden Konjunkturunsicherheit 2014 voraussichtlich
nicht mehr erholt, ist eine erhebliche Belastung für die heimischen Maschinenbauer. Der Großteil der
Unternehmen ist in den Produktionserwartungen im September dennoch optimistisch geblieben, was wiederum den Schluss
zulässt, dass die Branche keinen nachhaltigen Rückschlag erleiden wird.“
Eine weitere zentrale Industriebranche, die Nahrungsmittel- und Getränkeerzeugung, erzielte bis Juli 2014
ein Produktionswachstum von durchschnittlich 2 Prozent. Im weiteren Jahresverlauf kann mit einer ähnlich stabilen
Branchenentwicklung gerechnet werden, wie der leicht gestiegene Optimismus der Unternehmen im September und der
relativ hohe Beschäftigungszuwachs im dritten Quartal von 1,7 Prozent zeigten. Damit avanciert die Nahrungsmittel-
und Getränkeindustrie zu einer Stütze der Industrie, obwohl sie in wachstumsstarken Industriejahren –
strukturell bedingt – nie die hohen Zuwachsraten der Investitionsgüterhersteller erreicht.
Baukonjunktur bekommt Risse
Nach dem dynamischen Jahresbeginn 2014 verlor die Baukonjunktur in den letzten Monaten rasch an Schwung, vor
allem die Baunebengewerbe im Hochbau. Der Sparte fehlen nicht nur die Aufträge von den Unternehmen im Wirtschaftsbau
sondern zunehmend auch neue Wohnbauaufträge. Rückläufige Neubaubewilligungen im ersten Halbjahr,
bereits erkennbare Einsparungen bei öffentlichen Projekten und bei den Bauförderungen kündigen eine
Abkühlung im Wohnbau an. Im Lauf von 2014 hat sich der Tiefbau zunehmend als Konjunkturstütze erwiesen,
insbesondere mit hohen Zuwächsen im Straßen- und Tunnelbau.
Der Beschäftigungsanstieg im Hochbau ist schon im ersten Quartal 2014 zum Erliegen gekommen. Seit dem zweiten
Quartal sinkt die Spartenbeschäftigung, von Jänner bis Juli um durchschnittlich 2 Prozent. Die unzureichende
Kapazitätsauslastung der relativ arbeitsintensiven Hochbausparten konnte durch Neueinstellungen im Tiefbau
nicht mehr ausgeglichen werden. „Die Ergebnisse der Konjunkturbefragungen im September zeigen eine Verflachung
des Abwärtstrends in der Bauwirtschaft, lassen aber keine rasche Erholung erwarten“, betont Wolf. „In Summe
wird die Branche das Produktionsminus von 0,8 Prozent vom Vorjahr ausgleichen können, aber voraussichtlich
auch nicht stärker als 2 Prozent real zulegen“.
Handel im Minus – Erholung bis Ende 2014 unwahrscheinlich
Das Handelsjahr 2014 verläuft wie im Vorjahr negativ: Nach einem positiven ersten Quartal wurde der Großhandel
und Teile des Fahrzeughandels durch die zunehmend schwächere Industrieperformance gebremst und die Einzelhandelsumsätze
sind durch das schwindende Konsumentenvertrauen unter Druck geraten. Bis Juli 2014 ist der gesamte Handelsumsatz
preisbereinigt um 1,3 Prozent gesunken.
Den Fahrzeughandel belastet das fehlende Konjunkturvertrauen sowohl bei den Konsumenten als auch bei den Unternehmen
schwer, da der Neukauf von Kfz in jedem Fall eine „Ermessenausgabe“ ist, die relativ einfach aufgeschoben werden
kann. Nach dem kräftigen Umsatzplus im ersten Quartal 2014, als Folge von Vorziehkäufen im Vorfeld der
Nova-Erhöhung im März, sind der Absatz und die Umsätze im Autohandel deutlich gesunken. Die Sparte
wird 2014 voraussichtlich das dritte negative Wirtschaftsjahr in Folge verbuchen.
Der Großhandel leidet aufgrund seiner Industrienähe 2014 unter der schwachen Außenhandels- und
Industrieperformance und verbucht seit über zwei Quartalen Umsatzrückgänge,sowohl in nominellen
als auch in realen Werten. Aufgrund der weiteren Abkühlung der Industriekonjunktur in den letzten Monaten
gibt es auch keine Chance mehr für eine Erholung des Großhandels noch vor Jahresende.
Die Einzelhandelskonjunktur bleibt verhalten, wobei nominelle Umsatzgewinne bis Juli preisbereinigt wieder verloren
gingen. Reallohneinbußen und anhaltend schlechte Arbeitsmarktdaten dämpfen die Konsumlaune der Bevölkerung.
Auch wenn sich im September die Erwartungen der Einzelhändler hinsichtlich der Geschäftstätigkeit
in den nächsten Monaten geringfügig verbesserten, kann mit keinem Wachstumsschub gerechnet werden, womit
der Umsatzzuwachs im Jahresdurchschnitt preisbereinigt unter 1 Prozent bleibt.
Dienstleistungsbranchen verlieren an Zugkraft
Im ersten Halbjahr 2014 hat sich die wirtschaftliche Lage fast aller Dienstleistungsbereiche verschlechtert, das
Umsatzwachstum blieb nominell unter 1 Prozent. Die zunehmend pessimistische Stimmung der Unternehmen in den letzten
Monaten zeigte, dass sich die Dienstleistungskonjunktur weiter abgekühlt hat, ein stärkerer Abschwung
ist bis Jahresende dennoch nicht zu befürchten. „Im vierten Quartal 2014 sollte sich der Dienstleistungssektor
stabilisieren. Die Geschäftserwartungen der Unternehmen für die nächsten Monate sind im September
in einigen zentralen Bereichen, im Landverkehr und bei IT-Diensten beispielsweise, sogar etwas optimistischer geworden.
Außerdem bestätigt der stetige Beschäftigungszuwachs in den ersten drei Quartalen im Großteil
der Dienstleistungsbranchen eine anhaltend positive Geschäftsentwicklung. Der Sektor wird 2014 in Summe auf
jeden Fall mit einem Plus beenden“, analysiert Wolf.
Die stärksten Umsatzeinbußen verbuchten im ersten Halbjahr 2014 die Telekomanbieter. Infolge des hohen
Konkurrenz- und Preisdrucks schrumpft der Spartenumsatz nominell das sechste Jahr in Folge. Darüber hinaus
berichten die Arbeitskräftevermittler einen überdurchschnittlich hohen Umsatzrückgang. Die anteilsmäßig
größte Sparte Sonstiger Wirtschaftsdienste leidet im laufenden Jahr besonders unter den Auslastungsschwierigkeiten
der Industrie, einem ihrer wichtigsten Kunden. Außerdem sind in den ersten sechs Monaten 2014 die Verlagsumsätze
deutlich gesunken. Letztendlich kann in keiner der drei Sparten noch im laufenden Jahr mit einer Konjunkturerholung
gerechnet werden, im Gegenteil, der Anteil pessimistischer Stimmen im September ist bei den Arbeitskräftevermittlern
und Verlagen sogar gestiegen.
Die Sparte Beherbergung und Gastronomie erwies sich im ersten Halbjahr 2014 wie in den letzten Jahren als wichtige
Wachstumsstütze des Dienstleistungssektors. Allerdings haben sich die Geschäftserwartungen der Beherbergungsbetriebe
Anfang Herbst deutlich eingetrübt und kündigen eine Abkühlung der Tourismuskonjunktur an. Wetterbedingt
dürfte die Tourismusnachfrage schon im September gesunken sein. In das Bild passen die Beschäftigungseinbußen
bei den Reisebüros im dritten Quartal.
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