Voll a zache Hockn

 

erstellt am
20. 10. 14
10.00 MEZ

GermanistInnen der Uni Graz erforschen österreichische Jugendsprachen
Graz (universität) - „Oida, des is jo urgeil!“ Solche Sätze hört man von Teenagern in Ostösterreich vermutlich recht häufig. In Tirol oder Vorarlberg lassen sich bei ihren AltersgenossInnen wieder andere Besonderheiten beobachten. GermanistInnen der Karl-Franzens-Universität Graz untersuchen nun erstmals in einem groß angelegten Vorhaben die Eigenheiten und Mechanismen österreichischer Jugendsprachen. Sie konzentrieren sich dabei weniger auf das schnelllebige Vokabular als auf grammatikalische Eigenheiten – wie etwa die Vorsilbe „ur-“ zur Verstärkung.

„Bislang gibt es sehr viele Klischees und Vorurteile, aber praktisch keine Forschungen zu diesem Thema für Österreich“, erklärt Projektleiter Univ.-Prof. Dr. Arne Ziegler. „Wir möchten die Öffentlichkeit – und vor allem LehrerInnen – für diese Varianten des Deutschen sensibilisieren.“ Dazu hat er mit seinen MitarbeiterInnen jeweils Freizeitkommunikation von Jugendlichen und von Erwachsenen in den neun Landeshauptstädten sowie in neun ländlichen Gebieten aufgezeichnet, um typische Gesprächsproben zu bekommen.

Erste Analysen haben bereits verblüffende Ergebnisse zutage gefördert: „Erkenntnisse aus dem Schweizer oder deutschen Raum, wo es bereits Forschungen zur Jugendsprache gibt, lassen sich auf Österreich nicht vorbehaltlos übertragen“, so Ziegler. Phrasen wie „Gehen wir Stadtpark“ werden beispielsweise in Deutschland in ethnisch gemischten Jugendgruppen verwendet und wurden als Phänomen des Sprachkontakts eingestuft. In einigen österreichischen Regionen hingegen sind solche Richtungsangaben ohne Vorwort auch von Erwachsenen verwendeter Bestandteil des Dialekts. Regionale Varianten sind in den ländlichen Gegenden Österreichs generell sehr präsent. In Städten hingegen – vor allem in Wien – lässt sich in ersten Stichproben ein Einfluss von Migrationssprachen feststellen, der teilweise den Dialekt ersetzt.

Ziegler und sein Team sind gerade dabei, das aufgezeichnete Tonmaterial zu verschriftlichen und mit Anmerkungen zu versehen, um die Daten dann im Detail auswerten zu können. Ein Produkt der Forschungen sollen unter anderem didaktische Unterlagen für den Deutschunterricht sein. „Bis dato gibt es kein authentisches mündliches Material, was gerade in Österreich und Süddeutschland für Fremdsprachige ein Problem ist. Die Leute verstehen die regionalen Varianten nicht, weil sie einen anderen Standard erlernt haben“, so der Germanist.

Das vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanzierte Großprojekt, in dessen Rahmen erstmals das Gebiet eines ganzen Staates jugendsprachlich analysiert wird, ist 2013 gestartet. Das Forschungsvorhaben wurde bereits in Berkeley und Brisbane präsentiert und stieß auf enormes Interesse. 2016 wird nun ein großer internationaler Kongress zur Jugendsprachforschung in Graz stattfinden, bis dahin sollen auch die Endergebnisse für den urbanen Raum vorliegen. Das Projekt ist Teil des gesamtuniversitären Forschungsschwerpunkts „Kultur- und Deutungsgeschichte Europas“.

 

 

 

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