Wieser und Zwazl präsentieren Sozialpartnerstudie zum Image der Lehre
St. Pölten (wknö) - Niederösterreichs Eltern und Lehrer sehen die Lehre viel skeptischer
als eine schulische Ausbildung und unterschätzen nach wie vor die Möglichkeiten, die mit einer Lehre
verbunden sind. Zu diesem Schluss kommt eine von den Sozialpartnern Niederösterreichische Arbeiterkammer (AKNÖ)
und Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) in Auftrag gegebene IFES-Studie „Image der Lehre“, die
nun von WKNÖ-Präsidentin Sonja Zwazl und AKNÖ-Präsident Markus Wieser präsentiert wurde.
Die NÖ Sozialpartner wollen mit gezielten Info-Aktivitäten dagegenhalten.
Als Datengrundlage dienten standardisierte telefonische Befragungen in der Zielgruppe der Lehrlinge (n=400), der
Lehrbetriebe (n=400), niederösterreichischer Eltern mit zumindest einem schulpflichtigen Kind (n=350) und
der Lehrkräfte an niederösterreichischen Volksschulen, neuen Mittelschulen, allgemeinbildenden höheren
Schulen, sowie berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (n = 314). Die Befragung fand im Zeitraum November
2013 bis Februar 2014 statt.
Lehrlinge wünschen sich mehr Berufsorientierung in der Schule
Zu den Ergebnissen: 98 Prozent der befragten Lehrlinge stimmen der Aussage, die Lehre würde ihnen Spaß
machen, voll (76%) oder eher (22%) zu. Ähnlich hoch ist die Einschätzung, für den späteren
Beruf gut vorbereitet zu werden.
Kritik kommt seitens der Lehrlinge allerdings an der fehlenden schulischen Berufsorientierung. Ein gutes Fünftel
der befragten Lehrlinge fühlt sich seitens der Schule nicht bzw. nicht ausreichend auf die Lehre vorbereitet.
Andererseits wird gerade das Thema „rechtzeitige Berufsorientierung vor der Lehre“ von der Zielgruppe als wesentlicher
Bestandteil für eine richtige und gute Berufswahl wahrgenommen.
„Man kann die Bedeutung der schulischen Berufsorientierung gar nicht hoch genug einschätzen. Es ist daher
wichtig, dass diese bereits frühzeitig beginnt und die SchülerInnen bis zum Schulabschluss begleitet“,
so AKNÖ-Präsident Markus Wieser und WKNÖ-Präsidentin Sonja Zwazl.
Das erklärte Ziel der Sozialpartner liegt in einer möglichst frühen und verstärkten Berufsorientierung
an allen Schultypen. Diesbezügliche Gespräche mit dem Bundesministerium für Bildung und Frauen sind
gegenwärtig im Laufen.
Eltern bevorzugen schulische Ausbildung
Skeptischer als die niederösterreichischen Lehrlinge beurteilen die befragten Eltern die Berufsaussichten
nach einer Lehrausbildung. Während etwa Lehrlinge in ihrer Ausbildung zu 85 Prozent die Basis für eine
interessante Arbeit sehen, sind es bei den Eltern nur 32 Prozent. Gute Arbeitsplatzaussichten attestieren der Lehre
nur 33 Prozent der Eltern und bei den Lehrern sogar nur 27 Prozent. Umgekehrt unterstützen 72 Prozent der
Eltern die Aussage, dass die Lehre aufgewertet und mehr Jugendliche für die Lehre gewonnen werden sollten.
„Irgendwo ist zwar offenbar bereits ‚angekommen‘, dass die Lehre hervorragende berufliche Chancen eröffnet,
grundsätzlich hängen Eltern aber immer noch einem Bild nach, das allein in Matura und Uni Karriere und
Aufstieg sieht – obwohl es gerade Fachkräfte sind, die unsere Wirtschaft dringend braucht“, resümiert
Zwazl.
Selbst jene Eltern, deren Kinder in Lehrausbildung stehen, beurteilen die Möglichkeiten im Anschluss an die
Lehre zwiespältig: Demnach biete eine Lehre zwar bessere Aussichten auf einen Arbeitsplatz. Im Hinblick auf
die Arbeitsbedingungen, die beruflichen Karrierechancen und den zu erwartenden Verdienst hingegen, ist selbst aus
Sicht der Lehrlingseltern die Schule vorzuziehen.
AKNÖ-Präsident Markus Wieser: „Diese Sichtweise mag vor vielen Jahren zutreffend gewesen sein. Heute
ist die Situation anders. Fast 76% der LehrabsolventInnen sind 18 Monate nach Abschluss ihrer Ausbildung erwerbstätig,
5% in einer weiteren Ausbildung. Im Vergleich dazu liegt der Anteil der Erwerbstätigen unter BMS-AbsolventInnen
lediglich bei 55%. Beim Medianeinkommen liegen die LehrabsolventInnen 12 Monate nach Abschluss ihrer Ausbildung
mit € 1.900,- gleichauf mit AbsolventInnen der BHS und über dem Einkommen von AbsolventInnen berufsbildender
mittlerer Schulen (€ 1.500) bzw. allgemeinbildender höherer Schulen (€ 1.300).“
Auch LehrerInnen empfehlen weiterführende Schulen
Ähnliche Befragungsergebnisse wie bei den Eltern liefert die Studie in der Zielgruppe der Lehrkräfte.
Auch sie äußern hinsichtlich des Bildungsweges ihrer SchülerInnen ihre eindeutige Präferenz
für eine weiterführende Schule. 85% stimmen der Aussage zu, dass – bei entsprechenden schulischen Leistungen
– die Matura anstatt einer Lehrausbildung angestrebt werden sollte. Dieser Sichtweise schließen sich selbst
die schulischen BildungsberaterInnen, sowie die für die Berufsorientierung (BO) verantwortlichen Lehrkräfte
auf ähnlichem Zustimmungsniveau an. Und das, obwohl eine Mehrheit der befragten LehrerInnen (72%) die Auffassung
vertritt, dass man es mit einer guten Lehrausbildung genau so weit bringen könne, wie mit einem Studium.
„Regionale Drehscheiben“: Berufsorientierung stärken und ausbauen
Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, bestehende Informationsdefizite bei LehrerInnen und Eltern auszugleichen.
Vorhandene Kooperationen – wie beispielsweise bei der Schulung von BO-Lehrkräften – sollen ausgebaut werden.
Neue regionale Drehscheiben sollen das Instrument der Betriebsbesuche und der berufspraktischen Tage weiter stärken.
„Die schulische Berufsorientierung ist vom Wissen und vom Engagement der Lehrkräfte am jeweiligen Schulstandort
aber auch von guten Kontakten zu den Betrieben abhängig. Dort wo diese Kontakte bestehen, entwickelt sich
ein breites Spektrum der Zusammenarbeit. Gelungene Betriebsbesuche und berufspraktische Tage sind für die
SchülerInnen ein Erlebnis, liefern die praktischen Grundlagen für die richtige Berufsentscheidung und
erleichtern den Berufseinstieg“, so AKNÖ-Präsident Markus Wieser.
Um die Schulen bei der Herstellung dieser Kontakte zu unterstützen, soll in jeder niederösterreichischen
Region und in Kooperation zwischen Schulbehörden und Sozialpartnern eine sogenannte „Drehscheibe“ eingerichtet
werden. Diese regionalen Drehscheiben sollen sich professionell und kostenlos um die Vernetzung von LehrerInnen
und SchülerInnen mit Betrieben und Personen aus dem Arbeitsleben bemühen. Die breite Palette an in Niederösterreich
bestehenden Berufsorientierungsmaßnahmen wie etwa der NÖ Begabungskompass, die WKNÖ-Plattform frag-jimmy
oder die AKNÖ-Berufsinfo-Messe Zukunft – Arbeit –Leben werden natürlich weitergeführt – unter möglichst
verstärkter Einbindung von Eltern und Lehrern. WKNÖ-Präsidentin Zwazl: „Denn wer selbst genauer
über berufliche Möglichkeiten informiert ist, der kann sich auch unseren Kindern und Jugendlichen besser
helfen, wenn es um die Berufswahl geht.“
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