Bundesheer zwischen "Umbau" und "Kaputtsparen"

 

erstellt am
17. 10. 14
10.00 MEZ

NR-Sondersitzung zu den Sparplänen des Verteidigungsministers
Wien (pk) - Die angekündigten Kürzungen beim Bundesheer sorgten bei der Sondersitzung des Nationalrats am 16.10. für hitzige Debatten. Die Freiheitlichen warnten vor einem drohenden Verlust der Kernfähigkeiten des Heers und warfen Gerald Klug in einer Dringlichen Anfrage vor, Österreichs Neutralität und Katastrophenschutz zu gefährden. Der Minister verteidigte seinen Sparkurs und sprach von schmerzhaften, aber notwendigen Maßnahmen, die sicherstellen, dass das Bundesheer auch in Zukunft die Aufgaben der Landesverteidigung erfüllen kann. Rückendeckung erhielt Klug dabei von den Sozialdemokraten, die zu einem nationalen Schulterschluss aufriefen. Die ÖVP trat für einen Umbau, nicht aber für einen Abbau des Bundesheers ein und will die einzelnen Maßnahmen noch genau prüfen. Gegen zusätzliche Budgetmittel für das Heer wandten sich die Grünen, die im Spardruck die einzige Chance zu ernsthaften Reformen sahen. Das Team Stronach stellte grundsätzlich die Neutralität in Frage, während die NEOS auf einen Haltungswandel im Sinne einer Rückbesinnung auf die Sicherheit des Landes drängten.

Misstrauensantrag gegen Verteidigungsminister Klug abgelehnt
Der von FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache eingebrachte Misstrauensantrag gegen den Verteidigungsminister wurde von den anderen Fraktionen nicht unterstützt. Auch die weiteren im Rahmen der Debatte von der Opposition vorgelegten Anträge fanden nicht die erforderliche Mehrheit.

So forderte die FPÖ die Bundesregierung auf, für das Bundesheer im Jahr 2015 eine Sonderfinanzierung vorzusehen, um dringende Beschaffungsvorhaben durchführen und den Grundwehrdienst attraktiver gestalten zu können. Das Team Stronach verlangte wiederum ein Gesetz, das ein Heeresbudget in der Höhe von zumindest 1% des BIP vorsieht, um dem österreichischen Bundesheer die Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben zu ermöglichen.

Ein weiterer Vorstoß der Freiheitlichen betraf die befristete Reduzierung der Auslandseinsätze. Diese sollen sich auf Schwerpunkte beschränken. Die Antragsteller nannten in diesem Zusammenhang Einsätze auf dem Balkan oder im Libanon sowie dringende humanitäre Hilfe und Katastrophenhilfe. Geht es nach den Grünen, sollten die Heeresspitäler aufgelassen werden. Deren medizinische Leistungen müssten die öffentlichen Krankenhäuser übernehmen.

Die NEOS wiederum traten für eine Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht ein und schlugen demgegenüber vor, ein Freiwilligenheer, unterstützt durch eine freiwillige Miliz, zu etablieren. Zudem erinnern sie in einem weiteren Entschließungsantrag an die Empfehlung der Bundesheerreformkommission aus dem Jahr 2004, ein neues Dienst- und Besoldungsrecht für Bundesheerangehörige zu schaffen. Auch Verteidigungsminister Klug habe sich erst vor kurzem dafür ausgesprochen, führen sie an und sprechen sich dafür aus, den Beamten-Status von SoldatInnen zu beenden, ein attraktives Zeitsoldaten-Modell zu erarbeiten und durch ein eigenes Soldatenanstellungsgesetz den Betroffenen Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Ferner regten die NEOS an, die Gehaltkurve zu verändern, indem höhere Anfangsgehälter bezahlt werden, im Gegenzug aber die Gehaltsentwicklung abflacht. Außerdem wollen sie den Wechsel zwischen zivilen und militärischen Berufen, etwa durch gegenseitige Anrechnung von Ausbildungen, erleichtern. Auch die FPÖ drängte auf ein eigenes Militär-Dienstrecht, das die Umsetzung des Einstiegs zum Militär über Zeitlaufbahnen beinhaltet.

Strache: Bundesheer wird kaputt gespart
Das Bundesheer stehe vor dem Kollaps und könne seine verfassungsmäßig definierten Aufgaben nicht mehr erfüllen, schlug FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache in der Begründung der Dringlichen Anfrage Alarm. Schon bisher fehlten die notwendigen Mittel für die Ausrüstung, nun werde das Heer kaputt gespart. Klug trete mit seinem Strukturpapier das Ergebnis der Volksbefragung von Jänner 2013 mit Füßen, in der sich 60 % für ein starkes Bundesheer ausgesprochen hatten. Der Minister habe sich damit, so Strache, nicht als Verbündeter, sondern als Totengräber des Heeres erwiesen.

Fest stand für Strache, dass Klug dem aktuellen Verteidigungsbudget niemals seine Zustimmung hätte geben dürfen. Mit bloß 0.55 % des BIP könne man die Aufrechterhaltung der umfassenden Landesverteidigung und der Neutralität nicht sicherstellen. Die Einsparungen führen zum Verlust der Kernfähigkeit des Bundesheeres und gefährden den Katastrophenschutz, nicht einmal der Objektschutz könne noch gewährleistet werden, fürchtete Strache. Im Falle einer Krise sei die Bevölkerung völlig schutzlos, so könne es nicht weitergehen. Strache forderte mehr Geld für die Landesverteidigung und sprach sich dafür aus, das Heeresbudget zumindest auf 1 % des BIP anzuheben. Das vorliegende Sparprogramm Klugs qualifizierte er als Rache der SPÖ für die verlorene Volksbefragung, wobei er der Bundesregierung insgesamt angesichts des Zustandes des Bundesheeres Verfassungsbruch vorwarf.

Klug: Strukturkonzept sichert Funktionsfähigkeit des Heeres
Aufgrund der allgemeinen Budgetlage und des vorgegebenen Personalrahmens seien schmerzliche Maßnahmen zu setzen, schickte Verteidigungsminister Gerald Klug voraus. So müsse die Organisation verkleinert werden, kleine und unwirtschaftliche Kasernen seien zu schließen, der Anteil der schweren Waffen sei signifikant zu verringern, im Ministerium, bei den Kommanden und in den Ämtern habe man generell um 15 % zu kürzen, Reduktionen von durchschnittlich 200 € pro Jahr seien in den Bereichen Personalaufwand, laufender Betrieb und Sachaufwand notwendig. Diese Maßnahmen dienen, wie Klug betonte, dazu, das Bundesheer auch weiterhin in die Lage zu versetzen, die Aufgaben der militärischen Landesverteidigung und des Assistenzeinsatzes sowie die Auslandseinsätze in angepasster Form zu erfüllen.

Angesichts der veränderten Bedrohungen und Herausforderungen gelte es heute für das Bundesheer, sich auf seine militärisch einsatzwahrscheinlichen Aufgaben zu konzentrieren, stellte der Minister klar und nannte dabei den Schutz der kritischen Infrastruktur, die Hilfe bei Naturkatastrophen, Luftraumüberwachung, Friedenseinsätze im Ausland sowie die Ausbildung der Grundwehrdiener und die Abwehr von Bedrohungen aus dem Cyberraum. Auf die Einsatzwahrscheinlichkeit werde aber auch bei den Waffengattungen abgestellt. Klug versicherte in diesem Zusammenhang, dass in sämtlichen militärischen Waffengattungen, so auch bei den schweren Waffen, ein Kern der Systeme und des entsprechenden Wissens erhalten werde, den man im Bedarfsfall wieder ausbauen könne. Die Maßnahmen zur Attraktivierung des Grundwehrdienstes wiederum werden fortgesetzt und aus dem Regelbudget bestritten. Bei der Miliz kündigte der Minister eine Aufwertung und die Bildung von zwölf zusätzlichen Kompanien bis 2018 an, gab aber zu bedenken, dies werde nur über eine Sonderfinanzierung möglich sein. Zusätzliche Mittel brauche auch die Weiterführung der aktiven Luftraumüberwachung. Was die Militärmusik betrifft denkt Klug an eine Verschlankung. Aus neun Musikkapellen soll eine österreichweite Militärmusik mit vier Außenstellen gebildet werden. Bei sämtlichen Veranstaltungen des Bundesheers werde jedenfalls auch in Zukunft Militärmusik zu hören sein.

Die Hubschrauber für die Katastrophenhilfe, die Nachfolgeflugzeuge für die Saab 105, die Ausrüstung der Miliz sowie die Ausrüstung der Truppe mit modernen Fahrzeugen könnten allerdings nicht aus dem laufenden Budget gestemmt werden, warnte der Minister und warb für eine Sonderfinanzierung, um auch in diesen Bereichen die Einsatzfähigkeit sicherzustellen. Insgesamt betonte Klug aber, dass das Bundesheer auch weiterhin auf Basis des Strukturkonzepts ÖBH 2018 plus Sonderinvestitionen seinen Aufgaben in vollem Umfang nachkommen könne.

Kunasek spricht von Kahlschlag beim Heer
Mario Kunasek sah durch die Beantwortung der Dringlichen die Befürchtungen seiner Fraktion bestätigt und diagnostizierte bei Klug Realitätsverweigerung. Von einer Reform des Grundwehrdienstes und einer Umsetzung der Sicherheitsstrategie sei nichts übriggeblieben, stellte der Wehrsprecher der FPÖ fest und bezeichnete das Strukturkonzept des Ministers als Kahlschlag. Die Leistungsanpassung nach unten laufe auf einen Ausverkauf der Sicherheit Österreichs hinaus. Dies sei umso schlimmer, da man jetzt schon einen Punkt erreicht habe, wo man die verfassungsmäßigen Aufgaben der Landesverteidigung nicht mehr erfüllen kann. Die Kritik Kunaseks bezog sich aber auch auf den Personalbereich, der seiner Meinung nach durch ein eigenes militärisches Dienstrecht, das auch den Einstieg über eine Zeitlaufbahn ermöglicht, geregelt werden sollte. Bei den Auslandseinsätzen wiederum war für den FPÖ-Mandatar ein temporäres Herunterfahren vorstellbar.

Pendl fordert nationalen Schulterschluss
Otto Pendl zog namens der Sozialdemokraten die FPÖ und erinnerte, die beiden freiheitlichen Minister Scheibner und Grasser hätten seinerzeit den Grundstein für den aktuellen Zustand beim Bundesheer gelegt. Die Bundesregierung bemühe sich heute, das zu reparieren, was die FPÖ in Jahren verbockt hatte. Sämtliche Punkte des Strukturkonzepts für das Bundesheer seien Empfehlungen des Rechnungshofs, deren Umsetzung gerade die FPÖ in anderen Bereichen immer wieder einmahnt. Pendl forderte nun einen nationalen Schulterschluss und rief dazu auf, das Bundesheer aus der tagespolitischen Diskussion herauszuhalten.

Schönegger: Heer braucht Umbau, nicht Abbau
ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger legte ein Bekenntnis seiner Fraktion zur Beibehaltung der Wehrpflicht im Sinne des Auftrags der Bevölkerung sowie zur raschen Umsetzung der Sicherheitsstrategie und der Maßnahmen in Sachen Attraktivierung des Grundwehrdienstes ab. Klar war für ihn dabei, dass das Bundesheer einen fähigkeitsbezogenen Umbau, nicht aber einen radikalen Abbau brauche. Kader, Miliz und Grundwehrdienst müssten auch in Zukunft die notwendigen Mittel erhalten, Inlandsaufgaben, Katastrophenschutz und Luftraumüberwachung seien sicherzustellen. Für Schönegger besteht überdies kein Zweifel daran, dass die österreichischen SoldatInnen auch weiterhin im Auslandseinsatz einen wichtigen Beitrag leisten werden. Die Volkspartei werde jedenfalls die von Klug präsentierten Maßnahmen sehr genau auf ihre Konsequenzen überprüfen und die Truppe dabei nicht im Regen stehen lassen, unterstrich Schönegger mit Nachdruck.

Pilz gegen zusätzliche Steuergelder für das Bundesheer
Das Papier des Verteidigungsministers sei ein Konkursantrag für das Bundesheer, urteilte Peter Pilz seitens der Grünen. Er forderte Klug auf, wie ein ordentlicher Masseverwalter zu agieren und das am Bundesheer zu erhalten, was man wirklich braucht, den Rest aber zuzusperren. Pilz ging dabei von dem Grundgedanken aus, dass die militärische Landesverteidigung heute keine primäre Aufgabe mehr darstelle, zumal Österreich in das europäische Sicherheitssystem eingebunden ist. Panzer und Haubitzen gehören nach den Worten des Grün-Abgeordneten auf den Schrottplatz, die Luftraumüberwachung wiederum könnte im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Initiative erfolgen. Mit Nachdruck sprach sich Pilz gegen zusätzliche Steuergelder für die Landesverteidigung aus und erteilte der Forderung Klugs nach weiteren 200 Mio. Euro eine klare Absage. Nur der Spardruck könne ernsthafte Reformen erzwingen, stand für Pilz fest.

Nachbaur: Heer kann seine Aufgaben nicht mehr erfüllen
Das Bundesheer werde ausgehungert und sei nicht mehr in der Lage, seinen verfassungsgemäßen Aufgaben zur Erhaltung der Neutralität nachzukommen, lautete der Befund von Team Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbauer, für die sich überdies auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Neutralität stellte. De facto existiere die Neutralität heute ohnehin nicht mehr, die Regierung sollte endlich den Mut haben, dies auch gegenüber der Bevölkerung klar auszudrücken. Nach den Worten Nachbauers geht es nun vor allem darum, Bedingungen zu schaffen, damit sich Österreich angesichts der aktuellen Bedrohungen auch entsprechend wehren kann. Sie sprach dabei vor allem importierte Konflikte, aber auch den aufflammenden Antisemitismus an und warf der Regierung vor, eine verfehlte Einwanderungspolitik zu betreiben. In Brüssel wiederum sah Nachbauer Österreich aufgefordert, seine Stimme zu erheben, um zu verhindern, dass die EU zum politischen Arm der NATO wird.

Vavrik fordert Haltungsänderung in Sachen Sicherheit
Von einer Existenzkrise des Bundesheers sprach Christoph Vavrik von den NEOS. Das willkürliche Kaputtsparen sei Ausdruck eine stiefmütterlichen Behandlung der Landesverteidigung durch die Politik, meinte er und warf den beiden Koalitionsparteien vor, ihre parteipolitischen Machtkämpfe auf dem Rücken des Bundesheers und der Sicherheit auszutragen. Das Heer sei heute in vielen Bereichen nicht mehr in der Lage, seinen verfassungsmäßigen Auftrag zu erfüllen, zumal die Bundesregierung die von ihr beschlossene Sicherheitsstrategie nicht ernst genommen hat, kritisierte er. Vavrik forderte einen grundlegenden Haltungswandel und eine Rückbesinnung auf die Verantwortung für das Land. Die Worte des Bundespräsidenten sollten Mahnung sein, der Sicherheit wieder den ihr gebührenden Stellenwert zu geben. Es sei fünf vor zwölf, warnte Vavrik und drückte seine Hoffnung aus, dass die heutige Sondersitzung der Auftakt zu einem Wiederaufbau des Bundesheers sein werde.

FPÖ fordert Sonderfinanzierungsmittel für das Heer im kommenden Jahr
Auch in der weiteren Debatte blieb die FPÖ bei ihrer Kritik an Verteidigungsminister Klug. Klug sei als Verteidigungsminister gescheitert, zeigte sich Abgeordneter Herbert Kickl überzeugt und sprach unter anderem von einer "Herumwurstelei". Die Welt sei in den letzten Jahren unsicherer und nicht sicherer geworden, vor diesem Hintergrund sei es ihm, so Kickl, ein Rätsel, wie man das Bundesheer auf eine Kernstruktur reduzieren könne. Es bräuchte zehn Jahre, um aus der Kernstruktur wieder eine einsatztaugliche Truppe zu machen, so lange im Voraus kündige sich kein militärischer Konflikt an, warnte Kickl.

Die Forderung nach mehr Mittel für das Bundesheer untermauerte die FPÖ mit einem Entschließungsantrag. Geht es nach Abgeordnetem Hubert Fuchs und seinen FraktionskollegInnen sollen im Jahr 2015 Sonderfinanzierungsmittel für dringende Beschaffungsvorhaben des Bundesheeres und für die Attraktivierung des Grundwehrdienstes bereitgestellt werden. Die FPÖ sei die einzige Partei, die hinter dem Bundesheer stehe, hielt Abgeordneter Gerald Hauser dazu fest.

Reinhard Eugen Bösch forderte namens der Freiheitlichen, die Auslandseinsätze des Heeres befristet zu reduzieren und auf Schwerpunktregionen wie dem Balkan und dem Libanon sowie dringende humanitäre Hilfe zu begrenzen, bis wieder mehr Mittel für das Bundesheer zur Verfügung stehen. Die Auslandseinsätze gehörten nicht zu den prioritären Aufgaben des Bundesheers, argumentierte er.

Team Stronach: Österreich ist zu immerwährender Bewaffnung verpflichtet
Scharfe Kritik an "der Entsorgung" eines Großteils der schweren Waffen äußerte auch Team-Stronach-Abgeordneter Georg Vetter. Lange Friedensperioden machten immer unvorsichtig, beklagte er. Österreich sei aber "zur immerwährenden Bewaffnung" verpflichtet, man dürfe nicht vergessen, dass die militärische Landesverteidigung die Hauptaufgabe des Bundesheeres sei. Ein klares Bekenntnis legte Vetter zu den Auslandseinsätzen des österreichischen Heeres ab, hier zurückzufahren, wie es die FPÖ vorschlägt, wäre seiner Meinung nach ein falsches Signal.

Die Forderung nach einer ausreichenden Dotierung des Bundesheeres erhoben auch die Team-Stronach-Abgeordneten Jessi Lintl und Rouven Ertlschweiger. So wie bisher könne es nicht weitergehen, mahnte Ertlschweiger und forderte in Form eines Entschließungsantrags ein Heeresbudget von zumindest 1 % des BIP. Dem Verteidigungsminister warf Ertlschweiger vor, "das Pferd von hinten aufzuzäumen". Abgeordneter Leopold Steinbichler stellte sich ausdrücklich hinter die Militärmusik und die HeeressportlerInnen.

SPÖ: Redimensionierung der schweren Waffen liegt im europäischen Trend
Verteidigt wurde Klug von Seiten der SPÖ. Abgeordnete Angela Lueger wies unter anderem darauf hin, dass Österreich mit der Redimensionierung schwerer Waffen im europäischen Trend liege. Zudem machte sie geltend, dass die Budgetmisere beim Bundesheer auf die schwarz-blaue Regierung zurückgehe. Vom Koalitionspartner ÖVP erwartet sich Lueger "einen Schulterschluss" bei der Umsetzung der von Klug vorgeschlagenen Strukturreform.

Luegers Fraktionskollegin Andrea Gessl-Ranftl wies auf die Notwendigkeit hin, Prioritäten beim Heer zu setzen. Sie begrüßte in diesem Sinn den Plan des Verteidigungsministers, den Fokus auf "einsatzwahrscheinliche" Aufgaben zu richten. Die Reform des Grundwehrdienstes sieht Gessl-Ranftl auf gutem Weg, eine Reduzierung der Auslandseinsätze lehnte sie ebenso wie Lueger ab. Für Abgeordneten Hannes Weninger steht die Zukunft des österreichischen Bundesheers nicht in Frage. In Anspielung auf Aussagen aus dem Bereich der FPÖ stellt er klar, dass Liechtenstein keinen einzigen Panzer habe.

ÖVP: Billige Polemik ist unangebracht
Seitens der ÖVP wandte sich Abgeordneter Werner Amon dagegen, angesichts der geopolitischen Lage "mit billiger Polemik" über Sicherheitspolitik zu sprechen und dabei "politisches Kleingeld zu wechseln". Die budgetäre Lage beim Heer sei schwierig, räumte er ein, es gebe aber keinen Grund die Verteidigungsbereitschaft in Frage zu stellen. Ein ausdrückliches Bekenntnis zum Heer legte auch seine Fraktionskollegin Michaela Steinacker ab. Eine Abschaffung der Wehrpflicht kommt für die Abgeordnete nicht in Frage, sie verwies in diesem Zusammenhang auch auf den Ausgang der Volksbefragung.

Grüne für Auflassung der Heeresspitäler
Grün-Abgeordnete Gabriela Moser wertete es als generelles Problem, dass Österreich nicht genügend Budgetmittel zur Verfügung habe, um alle Ziele, angefangen von zusätzlichen Investitionen in die Bildung über die Sicherung der Pflege bis hin zum Nulldefizit, zu erreichen. Man dürfe sich "nicht in den Sack lügen", mahnte sie und sprach sich in diesem Sinn für eine klare Prioritätensetzung aus. Sparpotential ortet Moser unter anderem bei den Heeresspitälern, diese könnten nach Meinung der Grünen zur Gänze aufgelassen werden.

Die internationale Verantwortung Österreichs hob Grün-Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill hervor. Sie rief die Regierung dazu auf, einen besonderen Fokus auf die Friedensmissionen des Heeres im Ausland zu legen. Zudem forderte sie mehr Geld für humanitäre Hilfe für Flüchtlinge.

NEOS für Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht
Die NEOS sprachen sich dafür aus, die allgemeine Wehrpflicht auszusetzen. Ein solcher Schritt wäre die logische Konsequenz aus der derzeitigen Situation beim Bundesheer, begründete Abgeordneter Nikolaus Alm einen entsprechenden Entschließungsantrag. Die Grundwehrdiener seien nach ihrer sechsmonatigen Ausbildung ohnehin nicht gefechtstauglich, die Wehrpflicht verursache in diesem Sinn nur Kosten ohne militärischen Nutzen. Der Zivildienst könnte nach Ansicht von Alm in einen freiwilligen sozialen Dienst umgewandelt werden.

Ein weiteres Anliegen der NEOS ist ein neues Dienst- und Besoldungsrecht für das Militär, das nach Ansicht von Abgeordnetem Christoph Vavrik auf Basis der Empfehlungen der Bundesheerreformkommission erarbeitet werden soll. Konkret fordern die NEOS eine Beendigung des Beamtenstatus von SoldatInnen, ein attraktives Zeitsoldaten-Modell, eine Veränderung der Gehaltskurve mit höheren Anfangsgehältern und einem flacheren Anstieg sowie eine Optimierung des Wechsels zwischen zivilen und militärischen Berufen.

NEOS-Abgeordneter Michael Pock gab zu bedenken, dass man nicht über die österreichische Verteidigungspolitik diskutieren könne, ohne den europäischen Rahmen mitzudenken. Er fragt sich etwa, ob die österreichische Neutralität mit der Gemeinsamen Europäischen Verteidigungspolitik vereinbar ist. Österreich befinde sich de facto im Status eines bündnisfreien Landes. Das werde allerdings verdrängt, bedauerte Pock und forderte eine ehrliche Diskussion.

Über die Forderung der NEOS nach Aussetzung der Wehrpflicht äußerte sich Grün-Abgeordneter Dieter Brosz verwundert. Vom Inhalt her könne er sich dem Antrag zwar anschließen, meinte er, für ihn es demokratiepolitisch aber inakzeptabel, das Ergebnis der Volksbefragung von vergangenem Jahr in dieser Form revidieren zu wollen. Dem hielt Abgeordneter Pock entgegen, dass die Fragestellung bei der Volksbefragung irreführend gewesen sei, die Bevölkerung habe nicht für die Wehrpflicht sondern für die Beibehaltung des Zivildienstes gestimmt.

Der Entschließungsantrag der NEOS blieb bei der Abstimmung ebenso in der Minderheit wie der Misstrauensantrag der FPÖ gegen Verteidigungsminister Klug und die weiteren Entschließungsanträge.

Hauptausschuss setzt Vergütungen für Verfahrenshilfe fest
Am Rande der Sondersitzung des Nationalrats trat auch der Hauptausschuss kurz zusammen, um die Verordnung des Justizministers über die gesonderte Festsetzung der Pauschalvergütung für das Jahr 2011 zu genehmigen; dies erfolgte einstimmig. Die Vergütung dient dazu, jenen Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen, die im Rahmen der Verfahrenshilfe überdurchschnittlich lang dauernde Verfahren begleitet haben, eine finanzielle Abgeltung zu gewähren.

 

 

 

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