WIFO-Rocha-Akis, Schneider: Bringt überdurchschnittliche makroökonomische Performance
und mehr Wachstum - Talos: Sozialpartnerschaft als "tripartistisches System"
Bad Ischl (pwk) - "Staaten mit hoher sozialpartnerschaftlicher Intensität weisen eine überdurchschnittliche
makroökonomische Performance auf" - das ist eine der Kernaussagen einer Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstitutes
(WIFO). Silvia Rocha-Akis vom WIFO präsentierte die Ergebnisse heute, Dienstag, beim Sozialpartnerkongress
in Bad Ischl.
Daten aus 16 westeuropäischen Ländern haben Expert/inn/en des WIFO daraufhin untersucht, ob bestimmte
Muster zwischen ausgewählten makropolitischen Kennzahlen und Lohnverhandlungssystemen bzw. deren "sozialpartnerschaftlicher
Intensität" erkennbar sind. Ein hoher Organisationsgrad der Arbeitgeberverbände führt zu hoher
Abdeckung durch kollektive Lohnfindungssysteme, die Reallöhne sind am deutlichsten gestiegen in jenen Ländern,
die eine ausgeprägte Sozialpartnerschaft aufweisen, die Gewerkschaftsdichte spiele bei der Lohngestaltung
eine wesentliche Rolle, so Rocha-Akis. Die WIFO-Erhebung belegt, dass Staaten mit einer hohen sozialpartnerschaftlichen
Kooperation höhere Beschäftigungsraten und niedrigere Arbeitslosenraten aufweisen als jene mit weniger
sozialpartnerschaftlicher Abstimmung.
Schneider: Sozialpartnerschaft rechnet sich
Ökonom Friedrich Schneider, Professor an der Johannes-Kepler-Universität Linz, hat in seiner Untersuchung
die zwei gegenläufigen Effekte der Sozialpartnerschaft für Österreich - einen positiven Koordinierungs-
sowie einer eher negativen so genannten "Rent-Seeking-Effekt" wissenschaftlich quantifiziert: "Unter
dem Strich ist die Sozialpartnerschaft auf jeden Fall positiv für unser Land."
Schneider wies nach, dass Sozialpartnerschaft zu mehr Wachstum führt. Für den Zeitraum 2001 bis 2011
mit einem Wirtschaftswachstum von 1,25% seien 0,47% davon auf die Sozialpartnerschaft zurückzuführen:
"Das ist ein Ergebnis, auf das die Sozialpartner stolz sein können." Der Wachstumseffekt verstärke
sich bei sinkender Staatsquote, so Schneider: "Wäre die Staatsquote um einen Prozentpunkt niedriger,
stiege dieser Wert auf 0,63%." Um die Staatsquote zu senken, plädierte Schneider etwa für die Abschaffung
diverser Doppelgleisigkeiten im föderalen System. Weiters sieht er die Teilprivatisierung der Energieversorger
als "wirksames Instrument, um dort marktwirtschaftliches Denken zu stärken". Und:
Auch eine Steuerhoheit der Länder würde in diesem Zusammenhang "Wunder wirken." Schneider plädierte
für eine Erhöhung der Effizienz - unabhängig davon, ob die Aufgaben privat oder von öffentlicher
Hand wahrgenommen werden.
Talos: Sozialpartnerschaft als "tripartistisches System"
Politikwissenschafter Emmerich Talos von der Universität Wien verwies darauf, dass Sozialpartnerschaft
aus mehr Playern als den Interessenverbänden bestehe, sie sei ein tripartistisches System, denn "ohne
Regierung läuft keine Sozialpartnerschaft". Er hob Bedeutung und Nutzen der Sozialpartnerschaft hervor
, führte aber aus, dass auch andere Formen der Interessenvertretung existieren wie etwa (Lobbying-)Agenturen
und -Verbände. Im Gegensatz zu diesen basiere Sozialpartnerschaft jedoch auf Konsens über verbandsübergreifende
Ziele wie Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und ähnlichem sowie auf Gemeinwohlorientierung. Nach wie
vor genieße die Sozialpartnerschaft in der Bevölkerung in Österreich ein hohes Vertrauen, "daran
hat sich auch in den letzten Jahren nichts geändert", sagte Talos. Auch in der Krise sei sie eine wesentliche
Stütze gewesen.
Mit Blick auf die Zukunft sieht er den Weiterbestand der Sozialpartnerschaft in Österreich mit der Konzentration
auf die Kernaufgaben und -kompetenzen wie Lohn- und Gehaltsverhandlungen, inhaltliche Mitgestaltung gesellschaftlicher
Standards sowie Expertise und Beratung für Mitglieder.
Zudem müssten weitere Grundvoraussetzungen erfüllt sein, etwa die notwendige Öffnung gegenüber
neuen Entwicklungen, beispielweise am Arbeitsmarkt (Stichwort etwa "Ein-Personen-Unternehmen"). Nur wenn
das gelinge, werde die Sozialpartnerschaft eine gesicherte Fortführung finden, so der Politikwissenschafter.
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