Wien (rk) - Am 24.10. hat der Wiener Gemeinderat zum 57. Mal in der laufenden Wahlperiode getagt. Wie üblich
begann die Sitzung mit der Fragestunde. Vizebürgermeisterin Renate Brauner begegnete einer Anfrage betreffend
die Feuerwehrschule der Berufsfeuerwehr Wien; Stadträtin Sonja Wehsely beantwortete Anfragen zum AKH und der
geplanten Drogenberatungsstelle im 9. Bezirk; Stadträtin Ulli Sima antwortete auf eine Anfrage betreffend
die Neugestaltung der Copa Cagrana; Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny wurde zum Neubau des Wien Museums befragt.
Aktuelle Stunde, eingebracht von den Grünen
Die Aktuelle Stunde lautete auf den Titel: "Lebenswerte Stadt -Warum Wien wächst: Gratiskindergarten,
niedrige Gebühren, vielfältige kulturelle Angebote, Öffis um 1 EUR/Tag, sozialer Wohnbau, ...!"
Die Grünen meinten: Gesellschaftspolitisches Umdenken, etwa durch das neu geschaffene "Fest der Freude"
am 8. Mai, gehe einher mit der hohen Lebensqualität in der Stadt - was den Zuzug von "25.000 bis 30.000
Menschen im Jahr" begründe. Rot-Grüne Politik achte auf soziale Gerechtigkeit und lege Schwerpunkte
auf Bildung.
Die ÖVP entgegnete: Wien sei lebenswert "trotz Grün". Wien halte den "höchsten Schuldenstand
und die höchste Arbeitslosigkeit", die 365-Euro-Jahreskarte der Wiener Linien werde aufgrund der gestiegenen
Fahrgastzahlen und der Knappheit der Mittel "scheitern". Auch Budgetkürzungen im Bereich der Wirtschaftsförderung
seien zu kritisieren.
Die FPÖ war der Meinung, dass städtisches Wachstum mehr Probleme berge als Vorteile. Gestellt wurde die
Frage, ob die Stadt auf das Wachstum vorbereitet sei, wer zuwandere und mit welchem Bildungsniveau. Zudem warfen
die Freiheitlichen die Frage auf, "wie lange so ein Budget finanzierbar" sei.
Die SPÖ meinte in Richtung Opposition: Es gebe in Österreich keine Stadt über 10.000 EinwohnerInnen,
die, beispielsweise bei Abwassergebühren, günstiger sei als Wien. Die hohe Lebensqualität sei eine
Auszeichnung, entsprechend groß der Wunsch, in Wien zu leben. Entsprechend würden sich viele Betriebe
aufgrund der Standortfaktoren in Wien ansiedeln. Zudem unterstrich die SPÖ die "Fülle an persönlichen
Freizeit- und Entfaltungsmöglichkeiten" in der Stadt.
Hauptdebatte: Gleichbehandlungsbericht für die Jahre 2011, 2012 und 2013
Die ÖVP las aus dem Bericht heraus, dass "nach wie vor" mehr Frauen als Männer in Karenz
gingen. Zur Verbesserung der Situation wünschte sich die Volkspartei die Forcierung der Aufstiegschancen und
die Ausbildungsaussichten für Frauen. Auch die Unterstützung beim Wiedereinstieg in den Beruf bliebe
"verbesserungswürdig".
Die Grünen meinten: Von fast 60 Berufsfeldern innerhalb der Stadt Wien seien in 30 Bereichen Frauen "deutlich
unterrepräsentiert". Von den 42.500 bei der Stadt Wien beschäftigten Frauen befänden sich nur
zehn Prozent in höheren Positionen; bei Männern seien es doppelt so viel.
Die FPÖ beklagte: Entschieden sich Frauen für Familie statt für Karriere, würden sie als "Retro"
bezeichnet. Frauen sollten nicht dazu aufgerufen werden, "die besseren Männer" zu sein. Zudem hätten
Frauen, angestellt bei der Stadt Wien, laut FPÖ "Angst" davor, aufgrund einer Beschwerde beruflich
benachteiligt zu werden.
Die SPÖ erwiderte: In Wien habe sich der "Equal Pay Day" um 14 Tage verbessert - was bedeute, dass
die gesetzten Maßnahmen griffen. Weiters gebe es in den Bereichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder
beim Anteil von Frauen in Führungspositionen "deutlich positive" Tendenzen. Frauen würden auch
vermehrt an Weiterbildungskursen teilnehmen, außerdem motiviere die Stadt ihre männlichen Mitarbeiter,
Väterkarenz in Anspruch zu nehmen. Zudem gebe es Unterstützung beim Wiedereinstieg in den Beruf und betriebseigene
Kindergärten.
Der Gleichbehandlungsbericht wurde einstimmig angenommen.
Weitere Debatten
Ein Allparteienantrag zum "dauerhaften Erhalt" einer vereinsgeführten Pferdetherapie für
krebskranke Kinder am Steinhof wurde einstimmig angenommen. Zudem wurde mehrstimmig der Kredit für die Errichtung
der Wiental-Terrasse aufgestockt, Subventionen an karitative Einrichtungen und die Medieneinrichtung "Community
TV" bewilligt sowie verschiedene Flächenwidmungspläne beschlossen.
Dringliche Anfrage der ÖVP zum Thema "Eröffnung einer Drogenberatungseinrichtung im 9. Bezirk mit
Möglichkeit zum Spritzentausch ohne vorherige Einbindung der Anrainerinnen und Anrainer"
Die ÖVP meinte: Es sei "selbstverständlich" Aufgabe der Stadt, suchtkranken Menschen zu helfen.
Dennoch sei der Standort im 9. Bezirk nicht nachvollziehbar. Die Kommunikation dieser Entscheidung sei mangelhaft,
der Standort noch einmal zu überdenken.
Die SPÖ betonte den integrativen Ansatz der städtischen Sucht-und Drogenpolitik; er werde stetig weiterentwickelt.
Süchtige seien als Kranke zu behandeln, sie bräuchten medizinische Versorgung und Integration in die
Stadt. Dies sei nicht nur der humanistische Ansatz, sondern trage auch zur Sicherheit bei, da die Betroffenen nicht
an den geographischen wie gesellschaftlichen Rand gedrängt würden.
Die Grünen befürchteten, mit einer Abweichung des Standortes Suchtkranke aus der Stadt zu drängen.
Betreffend die Nähe von Kindergärten und Schulen meinten sie, diese Fragestellung sei nicht "ganz
einfach zu beantworten" - dennoch stehe rot-grüne Politik dafür, Platz für alle Menschen in
der Stadt zu schaffen.
Die FPÖ kritisierte, das Vorgehen der Stadtregierung. Die Bevölkerung sei im Vorfeld nicht über
das Drogenzentrum informiert worden und hätte nicht mitreden können. Sie forderte, dass eine Standortanalyse
durchgeführt werde und Kinder in Wien nicht mit Drogen und Spritzen in Berührung kommen dürften.
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