Oberhauser informiert über aktuelle Entwicklungen im Hinblick auf Ebola
Wien (pk) - Die Ausbildung der Ärzte und Ärztinnen in Österreich wird ab Mitte nächsten
Jahres auf neue Beine gestellt; die entsprechende Regierungsvorlage wurde am Vormittag des 23.10. im Nationalrat
mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und Team Stronach beschlossen. Schwerpunkte der Reform sind
u.a. die Einführung einer neunmonatigen Basisausbildung nach dem Medizinstudium für alle angehenden ÄrztInnen,
der modulartige Aufbau der Sonderfachausbildung für FachärztInnen, die verpflichtende Lehrpraxisausbildung
(mindestens 6 Monate) im Fach Allgemeinmedizin, die Erstellung von Ausbildungsplänen sowie die Zertifizierung
von anerkannten Ausbildungsstätten.
Die Neugestaltung der Ausbildung werde zu einer Attraktivierung des Arztberufs beitragen, war die zuständige
Ministerin Sabine Oberhauser überzeugt. Außerdem informierte sie über den aktuellen Stand in Sachen
Ebola, wo ihr Ressort eine sehr offene und klare Kommunikationspolitik betreibe. Es wurden bereits eine Reihe von
Maßnahmen in die Wege geleitet, wie u.a. eine umfassende Informationskampagne, das Anbringen von Plakaten
in drei Sprachen an Flughäfen und Bahnhöfen sowie die Einrichtung einer Hotline ( 050 555 555, täglich
8-22 Uhr). Österreich sei gut vorbereitet, war die Ministerin überzeugt, dennoch werden die täglichen
Entwicklungen sorgfältig beobachtet.
Im Zuge der ausführlichen Gesundheitsdebatte wurden noch eine Reihe von Anträgen mitverhandelt, die keine
Mehrheit fanden. Die Themenpalette reichte von Forderungen nach mehr Transparenz bei der Umsetzung der Gesundheitsreform
(NEOS) sowie nach einem Konzept zur Generalüberholung des österreichischen Gesundheitswesens (FPÖ)
über den Kostenersatz für alternative Heilmethoden (FPÖ) und die Aufnahme von PatientenvertreterInnen
in die unabhängige Heilmittelkommission (Team Stronach) bis hin zum gemeinsamen Antrag aller vier Oppositionsparteien,
das derzeit geltende Gesundheits- und Krankenpflegegesetz an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung
anzupassen.
FPÖ lehnt Entwurf ab und kritisiert vor allem unsichere Finanzierung
Die Gesundheitssprecherin der Freiheitlichen, Dagmar Belakowitsch-Jenewein, räumte zwar ein, dass der vorliegende
Entwurf zur Neugestaltung der ÄrztInnenausbildung gewisse Verbesserungen bringt. Sie bezweifelte jedoch, dass
damit den zahlreichen negativen Entwicklungen in den letzten zehn Jahren – Abwanderung der StudentInnen und AbsolventInnen
ins Ausland, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, zu niedrige Anfangsgehälter, Ärztemangel insbesondere
im ländlichen Bereich etc. – effizient entgegengewirkt werden könne. Kritik übte die Rednerin vor
allem an der unsicheren Finanzierung der Lehrpraxis, die zudem nur sechs Monate dauert, sowie an der Öffnung
des Arbeitsmarktes für alle ausländischen Mediziner. Ähnliche Kritikpunkte führte auch der
FPÖ-Mandatar Andreas Karlsböck an, der zudem längere Wartezeiten auf Ausbildungsplätze befürchtet.
Seiner Meinung nach werde es dazu kommen, dass TurnusärztInnen weiterhin als Systemerhalter eingesetzt werden,
eine Verbesserung der Ausbildung werde damit nicht erreicht.
Koalitionsparteien begrüßen Modernisierung der Ausbildung und Einführung der Lehrpraxen
Eine ganz andere Position vertrat SPÖ-Abgeordneter Erwin Spindelberger, der davon überzeugt war, dass
die vorliegende Novelle eine zeitgemäße und moderne Ausbildung für angehende MedizinerInnen gewährleistet.
Davon profitieren letztendlich nicht nur die ÄrztInnen selbst, sondern auch die PatientInnen. Dieser Meinung
schloss sich auch Johann Hechtl (S) an, dem vor allem der Praxisbezug in der Ausbildung ein wichtiges Anliegen
war.
Der Gesundheitssprecher der ÖVP, Erwin Rasinger, gab gegenüber den Oppositionsrednern zu bedenken, dass
Reformen in diesem Bereich nicht vom Himmel fallen, sondern Schritt für Schritt entwickelt werden müssen.
Dass sich in den letzten Jahrzehnten sehr viel getan habe, sehe er jeden Tag in seiner Praxis als Hausarzt. Österreich
sei z.B. weltweit führend in der Notfall- und Hubschrauberversorgung sowie bei der Behandlung von Brustkrebs.
Wo es noch Handlungsbedarf gibt, sei in der Frage der HausärztInnen, räumte Rasinger ein. Wenn sich nicht
die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung verbessern, müsse man bald mit einem Mangel an AllgemeinmedizinerInnen
rechnen. Ebenso wie sein Fraktionskollege Karlheinz Töchterle (V) forderte er eine Reform der Hausapotheken-Regelung.
Der ÖVP-Mandatarin Claudia Durchschlag war es ein besonderes Anliegen, auf die Work-Life-Balance sowie auf
die Vereinbarkeit von Beruf und Familie Rücksicht zu nehmen, zumal immer mehr Frauen den Arztberuf ergreifen.
Grüne hätten sich Einführung eines Facharztes für Allgemeinmedizin gewünscht
Eva Mückstein von den Grünen befürwortete grundsätzlich die Änderungen, weil damit eine
Ausbildung konzipiert werde, die den heutigen Anforderungen und Standards entspricht. Im besonderen hob sie dabei
die Einführung der Basisausbildung sowie die verpflichtende Lehrpraxis hervor. Ihre Fraktion hätte sich
allerdings gewünscht, dass im Rahmen dieser Novelle auch ein Facharzt für Allgemeinmedizin etabliert
worden wäre, zumal es das Ziel gebe, den Hausarzt zu stärken und die Ambulanzen zu entlasten. Problematisch
sei aus ihrer Sicht die Ausdehnung der Kernarbeitszeit in der Ausbildungsphase, die nun von 7 Uhr bis 16 Uhr angesetzt
ist, was für Personen mit Betreuungspflichten schwierig werden könnte. Weitere Kritik übte sie an
der unklaren Finanzierungsregelung sowie an den langen Übergangszeiten (insgesamt 12 Jahre) hinsichtlich der
Anhebung der Lehrpraxis auf ein Jahr. Auch fehle ihr in Bezug auf den Ausbildungskanon der direkte Konnex zur Gesundheitsreform;
sie brachte dazu einen entsprechenden Entschließungsantrag ein, der keine Mehrheit fand.
Team Stronach: Einige Kritikpunkte, trotzdem grundsätzliche Zustimmung
Es war wirklich höchst an der Zeit, dass die ÄrztInnenausbildung nun modernisiert wird, konstatierte
Marcus Franz vom Team Stronach. Auch wenn seine Partei der Vorlage grundsätzlich zustimme, sehe man manche
Punkte kritisch, wie etwa die fehlende Finanzierungszusage für die Lehrpraxis. Nicht ganz nachvollziehen könne
er auch die Regelung, wonach in der Basisausbildung nur das Wissen über die 15 häufigsten Krankheiten
vermittelt werden soll; hier müsse nachgebessert werden. Unterstützen werde seine Fraktion auch das Anliegen
der Grünen, die Frist für die Anhebung der Lehrpraxiszeiten zu verkürzen, sowie den FPÖ-Antrag
auf Kostersatz für alternative Heilmethoden, kündigte Franz an.
NEOS: Zu kleine und zu langsame Schritte
Auch wenn einzelne Punkte gutzuheißen sind und es Schritte in die richtige Richtung gibt, werde seine Fraktion
die Novelle ablehnen, kündigte Abgeordneter Gerald Loacker von den NEOS an. Besonders bedauerlich sei der
Umstand, dass ein Gesetz auf Schiene gebracht wird bevor noch die Finanzierung sichergestellt ist. Außerdem
habe man es verabsäumt, eine Facharztprüfung für den Allmeinmediziner einzuführen. Die NEOS
hätten sich zudem eine unkompliziertere Form der Anstellung von Ärzten bei Ärzten, flexiblere Modelle
in Bezug auf die Gruppenpraxen sowie eine Einbettung der Ausbildungsfrage ins gesamte Gesundheitskonzept gewünscht.
Oberhauser sieht Finanzierung gesichert
Bundesministerin Sabine Oberhauser sprach von einem sehr wichtigen Gesetzesvorhaben, das die Ausbildung der ÄrztInnen
modernisieren und verbessern werde. Ein Eckpunkt sei etwa die Einführung einer Basisausbildung, wo Kenntnisse
über die 15 häufigsten Diagnosen erworben werden sollen; die entsprechende Verordnung dazu sei bereits
in Ausarbeitung. Was die vieldiskutierte Finan zierung der Lehrpraxis anbelangt, so wies die Ministerin erneut
darauf hin, dass man sich dabei am Vorarlberger Modell orientieren werde. Ganz genaue Zahlen könne sie deshalb
nicht nennen, weil man jetzt noch nicht sagen könne, wie viele AbsolventInnen dies in Anspruch nehmen werden
und wie die Kollektivertragsverhandlungen zwischen den beiden Kurien der Ärztekammer ausfallen. Es soll jedenfalls
so viel Geld in den Topf hineinkommen, damit die jungen Mediziner gut bezahlt werden können. Gleichzeitig
soll durch die Zertifizierungsvorschriften auch eine hohe Qualität der Ausbildung in den Lehrpraxen gewährleistet
werden, unterstrich die Ressortchefin. Oberhauser verteidigte die vorgesehenen Übergangsfristen, die von manchen
Rednern als zu lang qualifiziert wurden, weil man garantieren wolle, dass genug Ausbildungsstellen zur Verfügung
stehen. Dem T-Abgeordneten Marcus Franz teilte die Ministerin noch mit, dass die unabhängige Heilmittelkommission
abgeschafft wurde; sein Antrag sei daher hinfällig.
Österreich ist für Ebola ausreichend gerüstet
Weiters informierte die Gesundheitsministerin noch über die aktuellen Entwicklungen im Bereich Ebola. Seit
1976 gab es immer wieder Epidemien in den verschiedensten Ländern, erklärte Oberhauser, die jetzige Epidemie
verlaufe aber sehr schwerwiegend und sehr rasch. Generell müsse man wissen, dass man sich nur beim direkten
Kontakt mit einer Person anstecken könne, die "fulminant" an Ebola erkrankt oder daran gestorben
ist. Die in manchen Ländern eingeführten Fieberkontrollen an Flughäfen mögen optisch vielleicht
beruhigend sein, bringen aber keine 100 %ige Sicherheit, gab die Ministerin zu bedenken, da die Betroffenen Medikamente
zur Fiebersenkung nehmen könnten. Strenge Kontrollen machen zudem nur an Direktflughäfen wirklich Sinn,
wo Flugzeuge aus Afrika landen; dies treffe in der EU auf Großbritannien, Frankreich und Belgien zu. Der
gemeinsame Tenor beim informellen Gesundheitsministertreffen in Brüssel war, dass vor allem bei der Ausreise
angesetzt werden müsse, teilte die Ministerin mit.
In Österreich sei man darin übereingekommen, auf großflächige Information zu setzen. Neben
der Einrichtung einer Hotline würden an allen Flughäfen und Bahnhöfen wurden Plakate in drei Sprachen
ausgehängt, die nicht nur über Ebola, sondern auch über MERS ( Middle East Respiratory Syndrome)
informieren und Kontaktdaten angeben. Außerdem wird es eine Task-Force geben, in der alle betroffenen Ministerien
einbezogen sind. Im Fokus stehen weiters die Bereitstellung von Betten sowie die effiziente Schulung des Krankenhauspersonals.
Auf internationaler Ebene erachtete es Oberhauser für wichtig, dass die Daten der Reisenden vernetzt werden;
die EU-Kommission habe dafür bereits eine grundsätzliche Bereitschaft signalisiert. Außerdem versucht
die Europäische Union derzeit, Flugzeuge bereitzustellen, um die betroffenen HelferInnen auch wieder in ihre
Heimatländer zurückfliegen zu können.
FPÖ-Mandatar Andreas Karlsböck gab im Hinblick auf Ebola zu bedenken, dass es in Österreich noch
immer keine geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten für Verdachts- oder Erkrankungsfälle gibt und
schon gar kein L4-Labor, das für so eine hochinfektiöse Erkrankung notwendig wäre. Ebola-Proben
müssen daher auf dem Landweg nach Deutschland gebracht werden.
Die Gesundheitsministerin stellte ihrem Vorredner gegenüber richtig, dass Österreich über ein Labor
der Klasse 3 verfüge, obwohl nur eines der Klasse 2 für die Untersuchungen erforderlich wäre. Ein
Labor der Klasse 4 braucht man nur für Forschungszwecke. Außerdem werde es auch genug Betten geben,
versicherte die Ministerin, die generell darum bat, die Bevölkerung in einer so wichtigen Frage nicht zu verunsichern.
Weitere Themen: Betreuung behinderter Menschen, Kinderrehabilitation, alternative Heilmethoden
Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) ging insbesondere auf den Antrag der vier Oppositionsparteien auf
Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) ein. Diese Initiative zielt darauf ab, dass praktisch
alle Personen, die in Behinderteneinrichtungen arbeiten, Tätigkeiten wie z.B. Katheter setzen machen dürfen.
Ihre Fraktion lehne diesen Ansatz ab und schlage stattdessen vor, dass die Behindertenbetreuer "aufgeschult
werden".
Helene Jarmer von den Grünen erläuterte den angesprochenen Antrag auf Änderung des GuKG und gab
einleitend zu bedenken, dass Behinderung nicht mit Krankheit gleichgesetzt werden dürfe. Menschen mit Behinderung
haben oft mehrmals täglich Unterstützungsbedarf, um den Alltag zu bewältigen und akzeptieren die
Unterstützung meist nur von vertrauten Personen, betonte sie. Die Oppositionsparteien haben nun einen neuen
Entschließungsantrag ausgearbeitet, der darauf abzielt, dass BehindertenbetreuerInnen und persönliche
AssistentInnen eine Zusatzqualifikation für pflegerische Tätigkeiten erwerben können. Sie hoffe,
dass damit die Bedenken der Koalitionsparteien ausgeräumt werden können.
FPÖ-Mandatar Josef Riemer wiederholte seine Forderung nach einem Kostenersatz für alternative Heilmethoden,
die von immer mehr Menschen in Anspruch genommen werden. Das österreichische Gesundheitspolitik sollte endlich
auf eine Ganzheitsmedizin setzen, die sowohl schul- als auch komplementärmedizinische Behandlungen umfasst.
Walter Schopf (S) hielt seinem Vorredner entgegen, dass schon jetzt alternative Heilmethoden von den Sozialversicherungen
bezahlt werden, wenn die Behandlung damit vom fachärztlichen Dienst als hilfreich für die Genesung angesehen
wird.
ÖVP-Abgeordneter Johann Rädler trat ebenso wie im Ausschuss mit Nachdruck für eine Verbesserung
des Angebots für Kinder- und Jugendrehabilitation ein; hier gebe es einen massiven Nachholbedarf. Es könne
jedoch nicht sein, dass solche Institutionen nur im städtischen Bereich geschaffen werden, gab er zu bedenken.
Philip Kucher (S) ging auf die Wortmeldung von Rädler ein und vertrat die Meinung, dass bei dieser Debatte
die Interessen der Kinder im Vordergrund stehen müssen und nicht jene der Kommunen.
Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mehrheitlich angenommen; die Anträge der Grünen betreffend
die Verlängerung der Lehrpraxis, betreffend fehlender Konnex der ÄrztInnenausbildung zur Gesundheitsreform
sowie betreffend Regelung der Durchführung von pflegerischen Tätigkeiten in der Behindertenbetreuung
fanden keine Mehrheit.
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