Über 80% der LehrerInnen sehen Schule als wichtigsten Baustein zum Erlernen von Demokratie.
Wien (sora) - Eine demokratische Gesellschaft braucht mündige BürgerInnen. Doch ob die junge Generation
im Unterricht Politische Bildung bekommt oder nicht, ist derzeit oft ein Glücksspiel. Mehr als die Hälfte
der befragten LehrerInnen sagt, sie hätte wegen des umfangreichen sonstigen Lehrplans keine Zeit für
Politische Bildung. Zu diesem Ergebnis kommt die erste Untersuchung zur Politischen Bildung in der Schule für
Sechs- bis Vierzehnjährige, für die SORA insgesamt 476 LehrerInnen in Wien befragt hat.
Zentrale Rolle der Schulen
Die SORA-Studie lief im Auftrag der Pädagogischen Hochschule Wien in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer
Wien. Erfreulichstes Ergebnis: Über 80 Prozent der LehrerInnen an den Wiener Volks-, Haupt-, Neuen Mittelschulen
und der Unterstufe der Gymnasien messen der Politischen Bildung in der Schule große Bedeutung zu. Rund die
Hälfte der LehrerInnen hält sich selbst für die Politische Bildung ihrer SchülerInnen verantwortlich
(Volksschule: 55 Prozent; Mittelstufe: 49 Prozent). Allerdings hängt die Umsetzung des generellen Unterrichtsprinzips
„Politische Bildung“ (in der neuen Mittelschule und der Unterstufe der Gymnasien soll sie auch Teil des Kombinationsfachs
„Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung“ sein) stark von den LehrerInnen selbst ab.
Keine Zeit
Die typischen Vorurteile gegenüber Politischer Bildung, beispielsweise eine mögliche Parteilichkeit,
äußert nur ein kleiner Teil der LehrerInnen. Vielmehr sehen die LehrerInnen Schwierigkeiten aufgrund
von strukturellen Problemen:
Mehr als die Hälfte der Befragten sagt, sie hätte wegen des umfangreichen sonstigen Lehrplans keine Zeit
für Politische Bildung. Ein Drittel sagt, es fehle die Ausbildung, um Politische Bildung zu vermitteln. Überdies
verlässt sich mehr als die Hälfte der LehrerInnen in der Vorbereitung des Unterrichts in Politischer
Bildung hauptsächlich auf eigene Ideen und selbstgestaltetes Material.
Konfliktlösung anstelle von Institutionenlehre
Am wichtigsten ist es den LehrerInnen die Fähigkeit zu vermitteln, gewaltfrei Konflikte zu lösen
und sich selbst eine kritische, fundierte Meinung zu bilden. Auch die Erziehung zu Toleranz und Gerechtigkeit hat
einen wichtigen Stellenwert. Umgekehrt gelingt es den LehrerInnen nur mäßig, die Mitgestaltung und Mitbestimmung
des Unterrichts durch die SchülerInnen zu fördern und schuldemokratische Prozesse zu begleiten.
476 Wiener LehrerInnen befragt
Insgesamt 476 Wiener LehrerInnen – 201 VolksschullehrerInnen und 275 LehrerInnen der Sekundarstufe 1 – haben
an der Studie teilgenommen, die von SORA sowohl schriftlich als auch online durchgeführt wurde. Die Beteiligung
stand allen Lehrpersonen offen, unabhängig von ihrem Unterrichtsfach und unabhängig davon, ob sie selbst
sich als Politische BildnerInnen bezeichnen.
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