Innenministerin Mikl-Leitner präsentiert Maßnahmenpaket im Nationalrat
Wien (pk) – Mit einer von den Freiheitlichen beantragten Aktuellen Stunde zum Thema "Sicherheit statt
Islamisierung und Asylchaos" begann die Nationalratssitzung am 22,10. FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian
Strache beklagte nicht nur das "Kaputtsparen" der Exekutive, sondern warnte auch davor, dass IS-Terroristen
als Flüchtlinge in Europa eingeschleust werden könnten. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner war überzeugt
davon, dass man den Auswirkungen des IS-Terrors und den Radikalisierungstendenzen nur mit einem Bündel an
Maßnahmen entgegentreten könne. Auf legislativer Ebene wurde bereits einiges getan, weitere Schritte
– das Terrorsymbolgesetz, die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts sowie die Novellierung des Grenzkontrollgesetzes
– werden bald folgen, kündigte sie an.
Strache befürchtet die Einschleusung von IS-Terroristen nach Österreich
Sicherheit ist ein sehr hohes Gut, meinte einleitend FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache, deshalb sei es
äußerst besorgniserregend, wenn permanent Wachzimmer geschlossen, Planstellen gestrichen und generell
die Exekutive kaputt gespart werde. Angesichts dessen habe er größten Respekt für die Leistungen
der BeamtInnen, die noch dazu mit einer steigenden Kriminalitätsrate und den Auswirkungen des radikalen Islamismus
konfrontiert sind. Die terroristische Vereinigung Islamischer Staat stelle nämlich nicht nur für die
Menschen vor Ort im Nahen Osten eine Bedrohung dar, erklärte Strache, es bestehe auch die Gefahr, dass als
Flüchtlinge getarnte Kriminelle nach Österreich eingeschleust werden. Schon in der Vergangenheit habe
man miterleben müssen, dass Asylwerber oft wenig Dankbarkeit gegenüber Österreich zeigen, teilweise
untertauchen, kriminell werden oder in Kriegsgebiete ausreisen, erinnerte der Klubobmann der Freiheitlichen. Um
solche Entwicklungen hintanhalten zu können, forderte Strache mit Nachdruck, dass im Rahmen von Asylverfahren
überprüft wird, ob die Personen radikal-islamistische Tendenzen aufweisen. Dass die Gefahr sehr real
ist, belegen auch Informationen von Seiten westlicher Geheimdienste, zeigte Strache auf. Wien werde neben Sarajewo
als Zentrum islamistischer Netzwerke in Europa angeführt.
Aufgrund der zahlreichen Krisen in der Welt sei es völlig klar, dass Europa die internationalen Flüchtlingsströme
nicht bewältigen könne, betonte Strache. Generell sei er der Auffassung, dass die Probleme am besten
vor Ort gelöst werden können, denn es gebe einfach nicht genug Platz für alle Hilfesuchenden. Österreich
war immer sehr großzügig und habe seit 1950 1,3 Millionen Menschen aufgenommen; allein im letzten Jahr
gab es 17.500 Neuanträge für Asyl. Strache trat dafür ein, über eine zumutbare Höchstgrenze
an AsylantInnen zu diskutieren und bei der Aufnahme vor allem Frauen, Kinder und Christen zu bevorzugen. Außerdem
müssen die Sorgen der Bevölkerung ernst genommen werden. Es könne daher auch nicht angehen, dass
überall dort, wo Polizeidienststellen geschlossen wurden, Asylzentren aufgemacht werden.
Mikl-Leitner: Bündel an Maßnahmen für Kampf gegen IS-Terror notwendig
Die schrecklichen Bilder des Terrors und der Verfolgung aus dem Nahen Osten, die tagtäglich über die
TV-Bildschirme kommen, belegen eindeutig, dass die Lage in Syrien dramatisch ist und dramatisch bleibt, konstatierte
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Es sei leider auch eine Tatsache, dass die Bedrohungen, die durch die IS-Terroristen
ausgehen, vor den europäischen und österreichischen Grenzen nicht halt machen. Außerdem schätze
man, dass ca. 3.000 so genannte "foreign fighters" aus Europa in die Kampfgebiete gegangen und sich den
IS-Milizen angeschlossen haben. Allein aus Österreich kamen etwa 150 Personen, informierte Mikl-Leitner, wobei
30 bereits verstorben und 60 wieder zurückgekehrt sind.
Um diesem Problem Herr zu werden brauche es natürlich ein Bündel an Maßnahmen, urteilte die Innenministerin.
So habe sie etwa gemeinsam mit dem Außen- und dem Justizminister vor kurzem zu einem Gipfel gegen Hass und
Hetze eingeladen, um zu diskutieren, wie der Radikalisierung entgegengewirkt werden könne. Auch sei es völlig
klar, dass die Rückkehrer aus den Kriegsgebieten im Fokus des Staats- und Verfassungsschutzes stehen, zumal
sie eine tickende Zeitbombe darstellen können. Schon in den letzten Jahren habe man wichtige Schritte gesetzt,
wie z.B. Einführung des "Terrorparagraphen" im Jahr 2010, die personelle Verstärkung des Staatsschutzes,
erinnerte die Ressortchefin, weitere Maßnahmen werden noch folgen. Im Sinne eines friedlichen Zusammenlebens
hielt sie es für sehr wichtig, eine klare Trennlinie zwischen der Terror-Miliz IS und dem Salafismus auf der
einen Seiten sowie dem Islam auf der anderen Seite zu ziehen. Ihrer Ansicht nach sei die gesamte Gesellschaft gefordert,
denn es müssen Antworten darauf gefunden werden, warum junge Menschen aus Europa in den Dschihad ziehen und
bereit sind, zu morden, zu vergewaltigen und selbst ihr Leben zu opfern.
Dennoch dürfe man die Tatsache nicht vergessen, dass derzeit sehr viele Menschen vor dem IS-Terror auf der
Flucht sind und dringend Hilfe benötigen. Es stelle natürlich für ein Land wie Österreich eine
sehr große Herausforderung dar, wenn durchschnittlich 800 Menschen pro Woche um Asyl ansuchen, räumte
Mikl-Leitner ein. Sie dankte in diesem Zusammenhang den Gemeinden und Ländern für die Bereitstellung
von Quartieren. Damit aber alle EU-Länder in die Pflicht genommen werden, trat sie für eine fixe Quote
ein, damit alle Staaten zu gleichen Teilen Kriegsflüchtlinge aufnehmen.
SPÖ und ÖVP kritisieren unsachliche und polemische Argumentation der FPÖ
SPÖ-Abgeordneter Otto Pendl plädierte für eine Versachlichung der Diskussion und erinnerte die Freiheitlichen
daran, dass sie in der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung für den größten Aderlass bei der Exekutive
verantwortlich zeichneten. Im Gegensatz dazu habe sich die jetzige Regierung vorgenommen, zusätzlich 1.000
Planstellen für diesen Bereich zur Verfügung zu stellen. Was die Asylfrage angeht, so gab Pendl in Richtung
der FPÖ zu bedenken, dass es vor zehn Jahren noch die doppelte Anzahl an Flüchtlingen gegeben hat. Wenn
es nun darum geht, etwa 2.000 Menschen, die sicher keine Wirtschaftsflüchtlinge sind, sondern durch den grausamen
IS-Terror bedroht sind, auf ganz Österreich aufzuteilen, dann sollte dies bei 2.300 Gemeinden eigentlich kein
Problem sein.
Auch Werner Amon von der ÖVP kritisierte die Ausführungen von Strache, da sie nur zu einer massiven Verunsicherung
der Bevölkerung und einem Schüren von Ängsten beitragen würden. Allein schon der Titel der
Aktuellen Stunde sei völlig unverständlich, da sich natürlich niemand in Österreich eine Islamisierung
wünsche. Auch die Forderung nach einem Verbot von allem, was mit dem IS zu tun hat, komme völlig zu spät;
die entsprechenden Gesetze seien längst in Begutachtung und können bald im Nationalrat – hoffentlich
mit der Zustimmung der FPÖ - beschlossen werden. Schließlich wies Amon noch darauf hin, dass das österreichische
Asylverfahren vom UNHCR gelobt und als best practice-Modell angesehen wird.
ÖVP-Mandatar Nikolaus Prinz unterstützte die Forderung der Innenministerin, die Flüchtlinge in Europa
unter den EU-Ländern fair aufzuteilen. Positiv wertete er die Bereitschaft der Bundesländer, ihre Quoten
bis 31. Jänner 2015 erfüllen zu wollen; damit könne endlich die unwürdige Herbergsuche beendet
werden. Die SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger hob wiederum die Bedeutung von Präventionsarbeit hervor und
verwies u.a. auf die Deradikalisierungs-Hotline in Wien. Außerdem wurde eine Kompetenzstelle eingerichtet,
um den betroffenen Eltern und Kindern zu helfen.
FPÖ beklagt Realitätsverweigerung und mangelnde Sensibilität gegenüber Sorgen der Menschen
Die Freiheitlichen reden das Land nicht schlecht, sondern weisen nur auf die beunruhigenden Fakten im Bereich der
Sicherheit hin, entgegnete FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann. Die Schönfärberei von Seiten der politisch
Verantwortlichen helfe der Bevölkerung in den Gemeinden wenig, wenn sie täglich damit rechnen müsse,
plötzlich ein Asylantenheim vor die Tür gestellt zu bekommen. Da der FPÖ vorgeworfen wurde, keine
Lösungsansätze zu bringen, schlug Darmann konkret vor, endlich einmal konsequent mit dem Asylmissbrauch
aufzuräumen. Es sei nämlich eine Tatsache, dass 80 % der Asylwerber Wirtschaftsflüchtlinge sind,
die nur vom heimischen Sozialstaat profitieren wollen, gab auch Walter Rosenkranz (F) zu bedenken. Die unkontrollierte
Zuwanderung unter dem Scheinmäntelchen Asyl führe dazu, dass für diejenigen Menschen, die wirklich
Hilfe brauchen, keine Ressourcen mehr zur Verfügung stehen.
Grüne fordern Ausstieg aus dem Vertrag für das König-Abdullah-Zentrum in Wien
Es sei "wahnwitzig und infam", die Kriegsflüchtlinge aus Syrien mit den IS-Terroristen gleichzusetzen,
unterstrich Alev Korun von den Grünen. Dies sei ein schäbiges Spiel, das auf dem Rücken der Ärmsten
ausgetragen wird. Der derzeitige Anstieg an Asylwerbern sei ausschließlich darin begründet, dass es
im Nahen Osten gerade eine geopolitische Krise astronomischen Ausmaßes gebe, argumentierte G-Mandatar Albert
Steinhauser. Außerdem spielen sich die wahren Tragödien nicht in Europa, sondern vor Ort ab, da es die
Nachbarstaaten von Syrien sind, die Millionen von Flüchtlingen aufgenommen haben.
Im Zuge der Kritik an Aussagen der ehemaligen Justizministerin Bandion-Ortner kam Korun auf das König-Abdullah-Zentrum
für interreligiösen Dialog zu sprechen, das mit tatkräftigster Unterstützung der Regierungsparteien
zustande gekommen war. Beim saudischen König Abdullah handelt es sich um den monarchistischen Herrscher eines
Landes, in dem islamische Minderheiten verfolgt werden und in dem im heurigen Jahr bereits 60 Menschen durch Köpfungen
getötet wurden. In den Statuten der so genannten Dialoginitiative steht, dass man sich den universellen Menschenrechten
und Grundfreiheiten verpflichtet sieht, zeigte Korun auf, einen größeren Hohn gebe es wohl nicht. Und
auch die freiheitliche Partei habe diesem Zentrum monatelang die Mauer gemacht; erst bei der letzten Abstimmung
habe sie dagegen gestimmt. Korun forderte abschließend die Regierung auf, aus diesem beschämenden Vertrag
mit Saudi-Arabien auszusteigen.
Team Stronach bemängelt verfehlte Einwanderungs- und Asylpolitik
Kathrin Nachbaur und Christoph Hagen vom Team Stronach sprachen von einer völlig verfehlten Einwanderungspolitik,
da nicht die besten Köpfe angelockt, sondern oftmals die falschen Leute eingeladen wurden. Kritik übte
Nachbaur auch an der "viel zu laschen Asylpolitik", da in Österreich offenbar jeder machen könne,
was er wolle. Es dürfe nicht toleriert werden, dass Menschen aus anderen Regionen ihre kriegerischen Auseinandersetzungen
nach Österreich bringen. Diese Unruhestifter müssen sofort ausgewiesen werden, forderte Nachbaur, denn
die wirklich Hilfsbedürftigen haben es nicht verdient, mit solchen Gewalttätern in einen Topf geworfen
zu werden. Viel zu wenig getan werde auch in Bezug auf die Rückkehrer aus den Kriegsgebieten, die in Syrien
vielleicht gemordet und Frauen vergewaltigt haben, in Österreich aber frei herumlaufen dürfen, beklagte
Hagen. Was die Verteilung der Flüchtlinge in Europa betrifft, so sollte nach Ansicht des Team Stronach eine
fixe Quote je nach Größe und Wirtschaftskraft des Landes festgelegt werden. Schließlich appellierte
Nachbaur noch daran, ein Augenmerk auf den zunehmenden Antisemitismus zu legen.
NEOS: Menschlichkeit und Solidarität statt Polemik und Panikmache
Die Vorgangsweise der Freiheitlichen sei zwar nicht neu, aber immer wieder beschämend, erklärten Nikolaus
Scherak und Nikolaus Alm von den NEOS. Begriffe, die nichts miteinander zu tun hätten, würden einfach
in einen Topf geworfen, und Flüchtlinge sogar mit IS-Terroristen gleichgesetzt. Statt Angst- und Pankikmache
seien nun Solidarität und Menschlichkeit gefragt, forderte Scherak angesichts der dramatischen Lage in den
Krisengebieten im Nahen Osten. Außerdem sollten die Freiheitlichen endlich begreifen, dass es völkerrechtliche
Verpflichtungen dafür gibt, Schutzsuchende aufzunehmen. Der NEOS-Mandatar begrüßte es, dass die
Länder nun endlich bereit sind, ihre Quoten zu erfüllen, nun müssen aber auch auf europäischer
Ebene Lösungen gefunden werden. Sein Fraktionskollege Nikolaus Alm warf der FPÖ die Instrumentalisierung
von Religion gegen eine Bevölkerungsgruppe vor. Aber auch die Regierungsparteien können nicht aus der
Pflicht genommen werden, meinte er. Im Entwurf für ein neues Islamgesetz werden seiner Meinung nach die Problemstellungen,
die der politische Islam aufwirft, mit undemokratischen und verfassungsrechtlich bedenklichen Bestimmungen adressiert.
Ebenso wie seine Kollegin Korun trat Alm für die Schließung des König-Abdullah-Zentrums ein.
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