Innenressort setzt sich mit neuen
 Sicherheitsszenarien auseinander

 

erstellt am
23. 10. 14
10.00 MEZ

Nationalrat debattiert Sicherheitsbericht 2013 und unterstützt Eintragung von "Sternenkindern" ins Personenstandsregister
Wien (pk) - Der Nationalrat thematisierte in seiner Sitzung vom 22.10. im Anschluss an die Aktuelle Stunde zum Thema "Sicherheit statt Islamisierung und Asylchaos" auch den Sicherheitsbericht für das Jahr 2013. Dabei wurde die kontroverse Diskussion über die Sicherheitslage Österreichs weitergeführt. Generell wurde die Arbeit der ExekutivbeamtInnen und der Strafjustiz generell positiv bewertet. Seitens der SPÖ und ÖVP wurde hervorgehoben, dass im Jahr 2013 ein Sinken der Kriminalitätsrate um 0,3 % zu verzeichnen war, während die Aufklärungsquote weiter anstieg. Der Bericht wurde mit Mehrheit von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen.

Einstimmig nahm der Nationalrat einen Initiativantrag der Koalitionsparteien an, mit dem Vorsorge für den Fall getroffen wird, dass es in der Anfangsphase des Betriebs des Zentralen Personenstandsregisters (ZPR) und des Zentralen Staatsbürgerschaftsregisters (ZSR) zu einem Totalabsturz der EDV-Software kommt. Zur Sprache kam auch die Forderung einer Petition, die den Wunsch ausdrückt, dass auch Fehlgeburten unter 500 Gramm Geburtsgewicht auf Wunsch der Eltern in das Personenstandsregister eintragen werden können. Das Anliegen fand einhellige Zustimmung. Außerdem gab es die Unterstützung aller Parteien für eine Entschließung, die das Innenministerium auffordert, diese Frage nach deutschem Modell zu lösen und solche Eintragungen zuzulassen.

Kritische Einschätzung der Sicherheitsentwicklung 2013 durch Freiheitliche und Team Stronach
Seitens der FPÖ wurde der Sicherheitsbericht zum Anlass für heftige Kritik an der Innenministerin und der Bundesregierung genommen. Für Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) war er das in Zahlen ausgedrückte Versagen der Regierungspolitik. Der Bericht zeige einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Asylmissbrauch und der Aktivität ausländischer Tätergruppen in Bereichen wie Wohnungseinbruch, KFZ-Diebstahl und Suchtmittelkriminalität auf.

Gernot Darmann (F) warf der Bundesregierung vor, den Tatbestand des Asylmissbrauchs zu ignorieren und keine Konsequenzen zu ziehen. Dadurch würden faktisch Wirtschaftsflüchtlinge, kriminelle Gruppen und tatsächlich Asylberechtigte in einen Topf geworfen. Man müsse sich der Tatsache stellen, dass noch für heuer weitere 150.000 Personen, in der überwiegenden Zahl Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika, den Weg nach Italien einschlagen werden. Er brachte einen Entschließungsantrag auf die temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen ein, um Flüchtlingsströme und Kriminalitätstourismus in den Griff zu bekommen. Der Antrag wurde aber nur von FPÖ und Team Stronach unterstützt und damit abgelehnt.

In dieselbe Kerbe wie Darmann schlug Barbara Rosenkranz (F), die meinte, die Regierung und die Grünen würden in der Frage der Kriminalitätsentwicklung und der damit zusammenhängenden illegalen Zuwanderung Realitätsverweigerung betreiben. Es handle sich hier um keine Asylproblematik, sagte sie. Wer Asyl brauche, sollte dieses rasch erhalten. Die derzeitige Zuwanderung werde jedoch in Wahrheit von Schlepperbanden forciert, die Personen nach Österreich bringen, um sie in weiterer Folge zu kriminellen Tätigkeiten zu zwingen, um ihre Schulden abzuarbeiten.

Auch Walter Rosenkranz (F) warf vor allem der SPÖ vor, die Tatsache des Asylmissbrauchs zu ignorieren. Er forderte zudem auch konsequentes Vorgehen gegen Linksextremismus. Abgeordneter Mario Kunasek (F) forderte in einem Entschließungsantrag die Innenministerin auf, das Sicherheitsabkommen mit der Steiermark, das ihre Amtsvorgängerin abgeschlossen hatte, umzusetzen. Der Antrag wurde neben der FPÖ aber nur vom Team Stronach mitgetragen.

Für den Abgeordneten des Team Stronach Christoph Hagen ergab sich ein zwiespältiges Bild aus dem Sicherheitsbericht. Das Sinken der Anzeigen könnte auch bedeuten, dass nicht die Kriminalität, sondern die Bereitschaft, Straftaten überhaupt anzuzeigen, gesunken sei, meinte er. Zur effektiven Bekämpfung von KFZ-Diebstahl oder Suchtgiftdelikten fehlten der Polizei einfach die Ressourcen, sei es Ausrüstung, seien es genehmigte Überstunden. Er brachte einen Entschließungsantrag ein, den Kampf gegen das Schlepperwesen zu verstärken und die Mittel für die SOKOs aufzustocken. Dieser Antrag des Team Stronach fand aber nur Zustimmung der FPÖ und blieb in der Minderheit.

Martina Schenk (T) warf der Innenministerin mangelnde Unterstützung der Polizeiarbeit vor. Die Polizei brauche mehr Mittel, um mit der Asylproblematik fertig zu werden, meinte sie. Schenk hielt die Zahlen der Kriminalitätsstatistik für geschönt und nannte als Beispiel den deutlichen Anstieg der Wohnungseinbrüche.

Koalitionsparteien sehen positive Entwicklung der Aufklärungsrate und sinkende Kriminalität
ÖVP-Abgeordneter Werner Amon wertete die Kritik der FPÖ an der Sicherheitspolitik der Regierung als Teil einer Strategie der Verunsicherung. Die Statistik und das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zeigen aber ein anderes Bild, meinte er. Die Gesamtkriminalität sei im Sinken, bei bestimmten Delikten habe die Einrichtung von SOKOs Erfolge gebracht. Die Polizei sei auch, entgegen anderslautenden Behauptungen, gut ausgerüstet. Zudem seien seit 2009 mehr als 1.000 zusätzliche PolizistInnen eingestellt worden. Die Innenministerin habe bis 2018 noch eine Aufstockung um weitere 1.000 Planstellen erreichen können. Michael Hammer (V) schloss sich dieser Darstellung an. Es werde viel in die Polizei investiert, sagte er und warf der FPÖ vor, aus wahlstrategischen Gründen Verunsicherung zu verbreiten.

Seitens der SPÖ kritisierte Abgeordneter Otto Pendl den seiner Ansicht nach polemischen Zugang der FPÖ, der nichts zur Versachlichung der Asyldebatte beitrage. Auch Pendl unterstrich das Sinken der Kriminalitätsrate und die konstant hohe Aufklärungsquote. Es werde durch gezielte Schulungen auch dafür gesorgt, dass die Polizei neuen Formen der Kriminalität adäquat begegnen kann. Die beste Präventionsarbeit sei zudem eine vernünftige Sozial-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik, war Pendl überzeugt.

Seine Fraktionskollegin Nurten Yilmaz (S) wandte sich ebenfalls gegen die Argumentation der FPÖ und meinte, ihr Ziel sei es offenbar, Angst und Paranoia in Bezug auf AsylwerberInnen zu schüren. Rudolf Plessl (S) widersprach der Darstellung der FPÖ, wonach die Zunahme bei Asylbewerbungen auf Wirtschaftsflüchtlinge zurückzuführen sei. Der Zusammenhang der Entwicklung mit den aktuellen Krisenherden sei evident. Gleichzeitig werde sicher niemand geschützt, der sich kriminell betätige. Personen, die keinen Anspruch auf Aufenthalt haben, würden in steigender Zahl außer Landes gebracht bzw. zur Rückkehr in ihre Heimatländer bewogen. Anton Heinzl (S) forderte ein konsequentes Vorgehen gegen rechtsextreme Straftaten, deren Anstieg er als beunruhigend einschätzte. Johann Hell (S) verwies schließlich darauf, dass die Polizeiarbeit auch in den Bereichen Präventionsberatung und Opferhilfe sehr gute Arbeit leiste.

Grüne kritisieren Pläne der Justiz zum illegalen Glücksspiel
Peter Pilz (G) attackierte die FPÖ heftig für ihre Fokussierung auf AsylwerberInnen und AusländerInnen in Fragen der Kriminalitätsentwicklung. Er sprach auch Pläne des Justizministers an, die Bekämpfung des illegalen Glücksspiels vom Strafrecht in den Bereich der Verwaltungsstrafen zu verschieben. Angesichts der massiven Folgekriminalität, die Spielsucht mit sich bringe, sei es unverantwortlich, die Glücksspielkonzerne so aus der Verantwortung zu entlassen und illegales Glücksspiel zu entkriminalisieren. Der Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, stimmte Pilz zu. Die Verlagerung in den Bereich der Verwaltungsstrafen sei sicher nicht der richtige Weg. Steinhauser forderte auch ein stärkeres Vorgehen gegenüber Rechtsextremismus. Hier habe man die Entwicklungen verschlafen. Er sah die Notwendigkeit, dass das Innenministerium wieder einen Rechtsextremismus-Bericht vorlegt. Dies wäre wichtig für Ursachenforschung und die Entwicklung von Präventionsstrategien.

NEOS: Vorratsdatenspeicherung war nutzlos und braucht kein Nachfolgeprojekt
Nikolaus Alm (N) entnahm dem Sicherheitsbericht, dass die Vorratsdatenspeicherung auf die Aufklärung von Straftaten keinerlei positive Auswirkung gezeigt habe. Nachfolgeprojekte, wie sie die Innenministerin plane, würden die selben datenschutzrechtlichen Probleme aufwerfen, war er überzeugt. Auch ohne flächendeckende Datenspeicherung könne mit den bereits verfügbaren Daten die Ermittlungsarbeit der Polizei effektiver gestaltet werden. Das Instrumentarium dafür gelte es in Einklang mit den Forderungen des Datenschutzes zu entwickeln, sagte Alm.

Mikl-Leitner: Müssen auf neue Szenarien bei Staatsschutz reagieren
Innenministerin Mikl-Leitner bezeichnete Österreich als eines der sichersten Länder der Welt, es gebe guten Grund, auf die Arbeit der Polizei stolz zu sein. Die von Teilen der Opposition geübte Kritik an einzelnen Tendenzen der Kriminalitätsentwicklung beantwortete sie mit dem Hinweis, dass man hier den langjährigen Trend sehen müsse. Es sei durch den Einsatz einer SOKO etwa gelungen, die Zahl der KFZ-Diebstähle zu halbieren, der Anstieg des Vorjahres ändere nichts daran, dass die SOKO Ost und die SOKO KFZ große Erfolge erzielt haben. Selbstverständlich nehme sie die Entwicklungen ernst, ihr Ressort reagiere mit verstärkten Schwerpunktaktionen in den Grenzgebieten. Es gelte eine Linie von Null Toleranz für Schlepperei, betonte die Innenministerin.

Es gebe große Herausforderungen im Asyl- und Fremdenrecht, da zahlreiche Krisenherde derzeit zu einem hohen Anstieg der Asylanträge führen, sagte Mikl-Leitner. Selbstverständlich werde zwischen legaler und illegaler Zuwanderung unterschieden, sagte die Ministerin in Richtung FPÖ. Einer generellen Kriminalisierung von AsylwerberInnen erteile sie und die gesamte Bundesregierung eine klare Absage.

Ihr Ressort reagiere auch auf neue Szenarien, etwa im Bereich Cyber-Kriminalität. Bis 2017 werde das Projekt eines Cyber-Sicherheitszentrums, in dessen Entwicklung alle Stakeholder eingebunden sind, abgeschlossen, stellte Mikl-Leitner in Aussicht. Auch im Bereich Staatsschutz, der auch den Kampf gegen den Terrorismus umfasse, stelle man sich neu auf. Dieser Bereich brauche eine breite und transparente Diskussion aller Fraktionen, aber auch Zivilgesellschaft und NGOs seien eingeladen, sich an dem Prozess zu beteiligen.

Brandstetter: Probleme des Strafvollzugs konsequent beheben
In Reaktion auf die Vorwürfe der Grünen in Bezug auf das illegale Glücksspiel stellte Justizminister Wolfgang Brandstetter fest, es handle sich bei dem Gedanken, ob die Verfolgung besser über Verwaltungsstrafen und nicht über die Gerichte erfolgen sollte, um Vorschläge einer unabhängigen Expertengruppe und nicht um einen Vorschlag seines Ressorts. Er werde alle Ideen im Bereich der Justizreform überprüfen lassen. Der Plan einer Entkriminalisierung des illegalen Glücksspiels lasse sich daraus aber nicht ablesen, betonte er.

Der Bericht über die Tätigkeit der Strafjustiz bringe wenig Überraschendes, sagte Brandstetter. Die Probleme, etwa im Maßnahmenvollzug, seien seit Jahren bekannt. Gegen negative Erscheinungen und Fehlverhalten, versprach der Minister konsequent vorzugehen. Er entnehme der Statistik einen seit einigen Jahren anhaltenden Anstieg der Häftlingszahlen, hier müssten rasch Gegenmaßnahmen gesetzt werden. Die elektronische Fußfessel sei beispielsweise eine Option, die noch nicht genug ausgeschöpft werde. Positive Entwicklungen gebe es im Bereich der jugendlichen StraftäterInnen in Haftanstalten zu verzeichnen, ihre Zahl sinke deutlich.

Vorsorge für Anlaufprobleme im Zentralen Personenstandsregister
Einstimmig nahm der Nationalrat einen Initiativantrag der Koalitionsparteien an, mit dem Vorsorge für den Fall getroffen wird, dass es in der Anfangsphase des Betriebs des Zentralen Personenstandsregisters (ZPR) und des Zentralen Staatsbürgerschaftsregisters (ZSR) zu einem Totalabsturz der EDV-Software kommt.

Werner Amon (V) und Angela Lueger (S) begrüßten die gesetzliche Regelung für die Anfangsphase der Zentralregister. Sollte ein Zugriff auf das Register wegen gravierender technischer Probleme über längere Zeit nicht möglich sein, wird Innenministerin Johanna Mikl-Leitner die vorübergehende Führung von Personenstandsbüchern verordnen können. Gernot Darmann (F) verwies auf Rückmeldungen von StandesbeamtInnen, wonach die Funktionalität des Personenstandsregisters momentan nicht völlig gewährleistet sei. Wie Christoph Hagen (T) hoffte er, dass das langwierige Projekt, dessen Umsetzung bereits in Verzug sei, bald abgeschlossen sein werde.

Innenministerin Mikl-Leitner räumte ein, dass es in der Anfangsphase des Echtbetriebs ab 1. November 2014 zu Problemen kommen könnte. Dieses "Leuchtturmprojekt" für die BürgerInnen sollte aber kein weiteres Mal verschoben werden. Das Zentrale Personenstandsregister führe Daten von über 1.500 Behörden zusammen und werde, wie das Zentrale Staatsbürgerschaftsregister die Datenverwaltung wesentlich vereinfachen und das Service für die BürgerInnen verbessern, sagte die Innenministerin.

"Sternenkinder" im Personenregister: Innenministerin will Lösung
Zur Sprache kam auch die Forderung einer Petition, die den Wunsch ausdrückt, dass auch Fehlgeburten unter 500 Gramm Geburtsgewicht auf Wunsch der Eltern in das Personenstandsregister eingetragen werden können. Die Abgeordneten schlossen sich einhellig der Meinung der UnterzeichnerInnen der Petition an, dass es für die betroffenen Eltern eine sehr belastende Situation sei, wenn fehlgeborene Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht nicht als Menschen anerkannt und geführt würden.

SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger präsentierte einen Allparteien-Entschließungsantrag, der die in Deutschland für so genannte "Sternenkinder" geltende Regelung aufgreift. Eltern wird auf freiwilliger Basis ermöglicht, ihrem zu früh geborenen und gleich verstorbenen Kind einen Namen zu geben, erklärte sie. Auch ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl sah darin einen wichtigen Schritt, um Eltern in der Bewältigung eines solchen Schicksalsschlages zu unterstützen. Seitens der Grünen signalisierte Abgeordnete Daniela Musiol Zustimmung zu dieser Lösung und forderte zudem, dass insgesamt die Gesetzgebung auf Menschen in Trauer durch adäquate Regeln, etwa was Auszeiten betrifft, mehr Rücksicht nehmen sollte. Auch NEOS-Mandatar Michael Pock zeigte sich erfreut, dass ein überparteilicher Konsens möglich war. Wie Musiol sah er im Erfolg der Petition ein positives Beispiel für die Möglichkeiten direkter Demokratie.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner äußerte ihr Verständnis für das Anliegen der Petition und stellte in Aussicht, dass gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und dem Justizressort eine Lösung für die Frage gefunden werden könnte.

 

 

 

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