Nationalrat debattiert Sicherheitsbericht 2013 und unterstützt Eintragung von "Sternenkindern"
ins Personenstandsregister
Wien (pk) - Der Nationalrat thematisierte in seiner Sitzung vom 22.10. im Anschluss an die Aktuelle Stunde
zum Thema "Sicherheit statt Islamisierung und Asylchaos" auch den Sicherheitsbericht für das Jahr
2013. Dabei wurde die kontroverse Diskussion über die Sicherheitslage Österreichs weitergeführt.
Generell wurde die Arbeit der ExekutivbeamtInnen und der Strafjustiz generell positiv bewertet. Seitens der SPÖ
und ÖVP wurde hervorgehoben, dass im Jahr 2013 ein Sinken der Kriminalitätsrate um 0,3 % zu verzeichnen
war, während die Aufklärungsquote weiter anstieg. Der Bericht wurde mit Mehrheit von SPÖ, ÖVP,
Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen.
Einstimmig nahm der Nationalrat einen Initiativantrag der Koalitionsparteien an, mit dem Vorsorge für den
Fall getroffen wird, dass es in der Anfangsphase des Betriebs des Zentralen Personenstandsregisters (ZPR) und des
Zentralen Staatsbürgerschaftsregisters (ZSR) zu einem Totalabsturz der EDV-Software kommt. Zur Sprache kam
auch die Forderung einer Petition, die den Wunsch ausdrückt, dass auch Fehlgeburten unter 500 Gramm Geburtsgewicht
auf Wunsch der Eltern in das Personenstandsregister eintragen werden können. Das Anliegen fand einhellige
Zustimmung. Außerdem gab es die Unterstützung aller Parteien für eine Entschließung, die
das Innenministerium auffordert, diese Frage nach deutschem Modell zu lösen und solche Eintragungen zuzulassen.
Kritische Einschätzung der Sicherheitsentwicklung 2013 durch Freiheitliche und Team Stronach
Seitens der FPÖ wurde der Sicherheitsbericht zum Anlass für heftige Kritik an der Innenministerin und
der Bundesregierung genommen. Für Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) war er das in Zahlen ausgedrückte
Versagen der Regierungspolitik. Der Bericht zeige einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Asylmissbrauch und der
Aktivität ausländischer Tätergruppen in Bereichen wie Wohnungseinbruch, KFZ-Diebstahl und Suchtmittelkriminalität
auf.
Gernot Darmann (F) warf der Bundesregierung vor, den Tatbestand des Asylmissbrauchs zu ignorieren und keine Konsequenzen
zu ziehen. Dadurch würden faktisch Wirtschaftsflüchtlinge, kriminelle Gruppen und tatsächlich Asylberechtigte
in einen Topf geworfen. Man müsse sich der Tatsache stellen, dass noch für heuer weitere 150.000 Personen,
in der überwiegenden Zahl Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika, den Weg nach Italien einschlagen werden.
Er brachte einen Entschließungsantrag auf die temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen ein,
um Flüchtlingsströme und Kriminalitätstourismus in den Griff zu bekommen. Der Antrag wurde aber
nur von FPÖ und Team Stronach unterstützt und damit abgelehnt.
In dieselbe Kerbe wie Darmann schlug Barbara Rosenkranz (F), die meinte, die Regierung und die Grünen würden
in der Frage der Kriminalitätsentwicklung und der damit zusammenhängenden illegalen Zuwanderung Realitätsverweigerung
betreiben. Es handle sich hier um keine Asylproblematik, sagte sie. Wer Asyl brauche, sollte dieses rasch erhalten.
Die derzeitige Zuwanderung werde jedoch in Wahrheit von Schlepperbanden forciert, die Personen nach Österreich
bringen, um sie in weiterer Folge zu kriminellen Tätigkeiten zu zwingen, um ihre Schulden abzuarbeiten.
Auch Walter Rosenkranz (F) warf vor allem der SPÖ vor, die Tatsache des Asylmissbrauchs zu ignorieren. Er
forderte zudem auch konsequentes Vorgehen gegen Linksextremismus. Abgeordneter Mario Kunasek (F) forderte in einem
Entschließungsantrag die Innenministerin auf, das Sicherheitsabkommen mit der Steiermark, das ihre Amtsvorgängerin
abgeschlossen hatte, umzusetzen. Der Antrag wurde neben der FPÖ aber nur vom Team Stronach mitgetragen.
Für den Abgeordneten des Team Stronach Christoph Hagen ergab sich ein zwiespältiges Bild aus dem Sicherheitsbericht.
Das Sinken der Anzeigen könnte auch bedeuten, dass nicht die Kriminalität, sondern die Bereitschaft,
Straftaten überhaupt anzuzeigen, gesunken sei, meinte er. Zur effektiven Bekämpfung von KFZ-Diebstahl
oder Suchtgiftdelikten fehlten der Polizei einfach die Ressourcen, sei es Ausrüstung, seien es genehmigte
Überstunden. Er brachte einen Entschließungsantrag ein, den Kampf gegen das Schlepperwesen zu verstärken
und die Mittel für die SOKOs aufzustocken. Dieser Antrag des Team Stronach fand aber nur Zustimmung der FPÖ
und blieb in der Minderheit.
Martina Schenk (T) warf der Innenministerin mangelnde Unterstützung der Polizeiarbeit vor. Die Polizei brauche
mehr Mittel, um mit der Asylproblematik fertig zu werden, meinte sie. Schenk hielt die Zahlen der Kriminalitätsstatistik
für geschönt und nannte als Beispiel den deutlichen Anstieg der Wohnungseinbrüche.
Koalitionsparteien sehen positive Entwicklung der Aufklärungsrate und sinkende Kriminalität
ÖVP-Abgeordneter Werner Amon wertete die Kritik der FPÖ an der Sicherheitspolitik der Regierung als Teil
einer Strategie der Verunsicherung. Die Statistik und das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung
zeigen aber ein anderes Bild, meinte er. Die Gesamtkriminalität sei im Sinken, bei bestimmten Delikten habe
die Einrichtung von SOKOs Erfolge gebracht. Die Polizei sei auch, entgegen anderslautenden Behauptungen, gut ausgerüstet.
Zudem seien seit 2009 mehr als 1.000 zusätzliche PolizistInnen eingestellt worden. Die Innenministerin habe
bis 2018 noch eine Aufstockung um weitere 1.000 Planstellen erreichen können. Michael Hammer (V) schloss sich
dieser Darstellung an. Es werde viel in die Polizei investiert, sagte er und warf der FPÖ vor, aus wahlstrategischen
Gründen Verunsicherung zu verbreiten.
Seitens der SPÖ kritisierte Abgeordneter Otto Pendl den seiner Ansicht nach polemischen Zugang der FPÖ,
der nichts zur Versachlichung der Asyldebatte beitrage. Auch Pendl unterstrich das Sinken der Kriminalitätsrate
und die konstant hohe Aufklärungsquote. Es werde durch gezielte Schulungen auch dafür gesorgt, dass die
Polizei neuen Formen der Kriminalität adäquat begegnen kann. Die beste Präventionsarbeit sei zudem
eine vernünftige Sozial-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik, war Pendl überzeugt.
Seine Fraktionskollegin Nurten Yilmaz (S) wandte sich ebenfalls gegen die Argumentation der FPÖ und meinte,
ihr Ziel sei es offenbar, Angst und Paranoia in Bezug auf AsylwerberInnen zu schüren. Rudolf Plessl (S) widersprach
der Darstellung der FPÖ, wonach die Zunahme bei Asylbewerbungen auf Wirtschaftsflüchtlinge zurückzuführen
sei. Der Zusammenhang der Entwicklung mit den aktuellen Krisenherden sei evident. Gleichzeitig werde sicher niemand
geschützt, der sich kriminell betätige. Personen, die keinen Anspruch auf Aufenthalt haben, würden
in steigender Zahl außer Landes gebracht bzw. zur Rückkehr in ihre Heimatländer bewogen. Anton
Heinzl (S) forderte ein konsequentes Vorgehen gegen rechtsextreme Straftaten, deren Anstieg er als beunruhigend
einschätzte. Johann Hell (S) verwies schließlich darauf, dass die Polizeiarbeit auch in den Bereichen
Präventionsberatung und Opferhilfe sehr gute Arbeit leiste.
Grüne kritisieren Pläne der Justiz zum illegalen Glücksspiel
Peter Pilz (G) attackierte die FPÖ heftig für ihre Fokussierung auf AsylwerberInnen und AusländerInnen
in Fragen der Kriminalitätsentwicklung. Er sprach auch Pläne des Justizministers an, die Bekämpfung
des illegalen Glücksspiels vom Strafrecht in den Bereich der Verwaltungsstrafen zu verschieben. Angesichts
der massiven Folgekriminalität, die Spielsucht mit sich bringe, sei es unverantwortlich, die Glücksspielkonzerne
so aus der Verantwortung zu entlassen und illegales Glücksspiel zu entkriminalisieren. Der Justizsprecher
der Grünen, Albert Steinhauser, stimmte Pilz zu. Die Verlagerung in den Bereich der Verwaltungsstrafen sei
sicher nicht der richtige Weg. Steinhauser forderte auch ein stärkeres Vorgehen gegenüber Rechtsextremismus.
Hier habe man die Entwicklungen verschlafen. Er sah die Notwendigkeit, dass das Innenministerium wieder einen Rechtsextremismus-Bericht
vorlegt. Dies wäre wichtig für Ursachenforschung und die Entwicklung von Präventionsstrategien.
NEOS: Vorratsdatenspeicherung war nutzlos und braucht kein Nachfolgeprojekt
Nikolaus Alm (N) entnahm dem Sicherheitsbericht, dass die Vorratsdatenspeicherung auf die Aufklärung von Straftaten
keinerlei positive Auswirkung gezeigt habe. Nachfolgeprojekte, wie sie die Innenministerin plane, würden die
selben datenschutzrechtlichen Probleme aufwerfen, war er überzeugt. Auch ohne flächendeckende Datenspeicherung
könne mit den bereits verfügbaren Daten die Ermittlungsarbeit der Polizei effektiver gestaltet werden.
Das Instrumentarium dafür gelte es in Einklang mit den Forderungen des Datenschutzes zu entwickeln, sagte
Alm.
Mikl-Leitner: Müssen auf neue Szenarien bei Staatsschutz reagieren
Innenministerin Mikl-Leitner bezeichnete Österreich als eines der sichersten Länder der Welt, es gebe
guten Grund, auf die Arbeit der Polizei stolz zu sein. Die von Teilen der Opposition geübte Kritik an einzelnen
Tendenzen der Kriminalitätsentwicklung beantwortete sie mit dem Hinweis, dass man hier den langjährigen
Trend sehen müsse. Es sei durch den Einsatz einer SOKO etwa gelungen, die Zahl der KFZ-Diebstähle zu
halbieren, der Anstieg des Vorjahres ändere nichts daran, dass die SOKO Ost und die SOKO KFZ große Erfolge
erzielt haben. Selbstverständlich nehme sie die Entwicklungen ernst, ihr Ressort reagiere mit verstärkten
Schwerpunktaktionen in den Grenzgebieten. Es gelte eine Linie von Null Toleranz für Schlepperei, betonte die
Innenministerin.
Es gebe große Herausforderungen im Asyl- und Fremdenrecht, da zahlreiche Krisenherde derzeit zu einem hohen
Anstieg der Asylanträge führen, sagte Mikl-Leitner. Selbstverständlich werde zwischen legaler und
illegaler Zuwanderung unterschieden, sagte die Ministerin in Richtung FPÖ. Einer generellen Kriminalisierung
von AsylwerberInnen erteile sie und die gesamte Bundesregierung eine klare Absage.
Ihr Ressort reagiere auch auf neue Szenarien, etwa im Bereich Cyber-Kriminalität. Bis 2017 werde das Projekt
eines Cyber-Sicherheitszentrums, in dessen Entwicklung alle Stakeholder eingebunden sind, abgeschlossen, stellte
Mikl-Leitner in Aussicht. Auch im Bereich Staatsschutz, der auch den Kampf gegen den Terrorismus umfasse, stelle
man sich neu auf. Dieser Bereich brauche eine breite und transparente Diskussion aller Fraktionen, aber auch Zivilgesellschaft
und NGOs seien eingeladen, sich an dem Prozess zu beteiligen.
Brandstetter: Probleme des Strafvollzugs konsequent beheben
In Reaktion auf die Vorwürfe der Grünen in Bezug auf das illegale Glücksspiel stellte Justizminister
Wolfgang Brandstetter fest, es handle sich bei dem Gedanken, ob die Verfolgung besser über Verwaltungsstrafen
und nicht über die Gerichte erfolgen sollte, um Vorschläge einer unabhängigen Expertengruppe und
nicht um einen Vorschlag seines Ressorts. Er werde alle Ideen im Bereich der Justizreform überprüfen
lassen. Der Plan einer Entkriminalisierung des illegalen Glücksspiels lasse sich daraus aber nicht ablesen,
betonte er.
Der Bericht über die Tätigkeit der Strafjustiz bringe wenig Überraschendes, sagte Brandstetter.
Die Probleme, etwa im Maßnahmenvollzug, seien seit Jahren bekannt. Gegen negative Erscheinungen und Fehlverhalten,
versprach der Minister konsequent vorzugehen. Er entnehme der Statistik einen seit einigen Jahren anhaltenden Anstieg
der Häftlingszahlen, hier müssten rasch Gegenmaßnahmen gesetzt werden. Die elektronische Fußfessel
sei beispielsweise eine Option, die noch nicht genug ausgeschöpft werde. Positive Entwicklungen gebe es im
Bereich der jugendlichen StraftäterInnen in Haftanstalten zu verzeichnen, ihre Zahl sinke deutlich.
Vorsorge für Anlaufprobleme im Zentralen Personenstandsregister
Einstimmig nahm der Nationalrat einen Initiativantrag der Koalitionsparteien an, mit dem Vorsorge für
den Fall getroffen wird, dass es in der Anfangsphase des Betriebs des Zentralen Personenstandsregisters (ZPR) und
des Zentralen Staatsbürgerschaftsregisters (ZSR) zu einem Totalabsturz der EDV-Software kommt.
Werner Amon (V) und Angela Lueger (S) begrüßten die gesetzliche Regelung für die Anfangsphase der
Zentralregister. Sollte ein Zugriff auf das Register wegen gravierender technischer Probleme über längere
Zeit nicht möglich sein, wird Innenministerin Johanna Mikl-Leitner die vorübergehende Führung von
Personenstandsbüchern verordnen können. Gernot Darmann (F) verwies auf Rückmeldungen von StandesbeamtInnen,
wonach die Funktionalität des Personenstandsregisters momentan nicht völlig gewährleistet sei. Wie
Christoph Hagen (T) hoffte er, dass das langwierige Projekt, dessen Umsetzung bereits in Verzug sei, bald abgeschlossen
sein werde.
Innenministerin Mikl-Leitner räumte ein, dass es in der Anfangsphase des Echtbetriebs ab 1. November 2014
zu Problemen kommen könnte. Dieses "Leuchtturmprojekt" für die BürgerInnen sollte aber
kein weiteres Mal verschoben werden. Das Zentrale Personenstandsregister führe Daten von über 1.500 Behörden
zusammen und werde, wie das Zentrale Staatsbürgerschaftsregister die Datenverwaltung wesentlich vereinfachen
und das Service für die BürgerInnen verbessern, sagte die Innenministerin.
"Sternenkinder" im Personenregister: Innenministerin will Lösung
Zur Sprache kam auch die Forderung einer Petition, die den Wunsch ausdrückt, dass auch Fehlgeburten unter
500 Gramm Geburtsgewicht auf Wunsch der Eltern in das Personenstandsregister eingetragen werden können. Die
Abgeordneten schlossen sich einhellig der Meinung der UnterzeichnerInnen der Petition an, dass es für die
betroffenen Eltern eine sehr belastende Situation sei, wenn fehlgeborene Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht nicht
als Menschen anerkannt und geführt würden.
SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger präsentierte einen Allparteien-Entschließungsantrag, der die in Deutschland
für so genannte "Sternenkinder" geltende Regelung aufgreift. Eltern wird auf freiwilliger Basis
ermöglicht, ihrem zu früh geborenen und gleich verstorbenen Kind einen Namen zu geben, erklärte
sie. Auch ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl sah darin einen wichtigen Schritt, um Eltern in der Bewältigung
eines solchen Schicksalsschlages zu unterstützen. Seitens der Grünen signalisierte Abgeordnete Daniela
Musiol Zustimmung zu dieser Lösung und forderte zudem, dass insgesamt die Gesetzgebung auf Menschen in Trauer
durch adäquate Regeln, etwa was Auszeiten betrifft, mehr Rücksicht nehmen sollte. Auch NEOS-Mandatar
Michael Pock zeigte sich erfreut, dass ein überparteilicher Konsens möglich war. Wie Musiol sah er im
Erfolg der Petition ein positives Beispiel für die Möglichkeiten direkter Demokratie.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner äußerte ihr Verständnis für das Anliegen der Petition
und stellte in Aussicht, dass gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und dem Justizressort eine Lösung für
die Frage gefunden werden könnte.
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