Ausstellungseröffnung und Buchpräsentation im Salzburger Landesarchiv / Ausstellung
bis Ende April 2015
Salzburg (lk) - Es begann mit einem verrosteten Knäuel Stacheldraht und führte zur Eröffnung
einer viel beachteten Ausstellung mit umfangreicher Publikation. Diesen Weg zeichnete der Direktor des Salzburger
Landesarchivs, Dr. Oskar Dohle, am 22.10. bei der Eröffnung der Ausstellung "Sklaven für Krieg und
Fortschritt – Zwangsarbeit und Kraftwerksbau in Salzburg 1939 bis 1945" in den Räumen des Landesarchivs
in Salzburg nach. Gleichzeitig erschien der gleichnamige Begleit- und Quellenband als Nummer 23 in der Schriftenreihe
des Landesarchivs. "Die Publikation ist zudem ein Quellenband zum Thema Zwangsarbeit im Nationalsozialismus
im Bundesland Salzburg", erklärte Dohle.
Mag. Gerda Dohle, die gemeinsam mit ihrem Gatten Oskar Dohle für das die Ausstellung begleitende Buch verantwortlich
zeichnet, erläuterte, dass im damaligen Reichsgau Salzburg strukturbedingt große Rüstungsbetriebe
fehlten. Daher kamen während des Zweiten Weltkrieges Kriegsgefangene, "zivile" ausländische
Arbeitskräfte und KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter vor allem in der Landwirtschaft und beim Bau von Kraftwerken
und wichtigen Straßenverbindungen (Reichsautobahn) zum Einsatz. Ab Herbst 1944 wurden sie nach Luftangriffen
unter Lebensgefahr auch zu Aufräumungsarbeiten und zur Beseitigung nicht explodierter Fliegerbomben herangezogen.
"Während in der Landwirtschaft Zwangsarbeiter zumeist bei ihren Arbeitgebern wohnten, waren sie auf den
großen Kraftwerksbaustellen in Lagern untergebracht, die sich teilweise in hochalpinem Gelände befanden
und nur unzulänglich als Unterkunft über das ganze Jahr, also auch im Winter, geeignet waren. Viele dieser
Sklavenarbeiter wurden Opfer der menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen", so Gerda Dohle.
Besonders schlimm war das Schicksal der aus Osteuropa verschleppten KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen,
"da sie auf Grund der verbrecherischen NS-Rassenideologie ungleich schlechter behandelt wurden als Arbeitskräfte
aus Westeuropa. Sie galten als minderwertig", sagte die Koautorin.
Beklemmendes Bild der Arbeitsbedingungen
Viele Abbildungen von Archivalien und vor allem bisher unveröffentlichte historische Fotografien von den hochalpinen
Baustellen vermitteln ein beklemmendes Bild der Lebens- und Arbeitsbedingungen dieser oftmals aus ihrer Heimat
verschleppten Sklavenarbeiter. Ein Überblick über die Tätigkeit des Salzburger Landesarchivs von
2000 bis 2004 als Clearingstelle im Sinne des Versöhnungsfonds-Gesetzes für die Entschädigungszahlungen
für ehemalige Sklavenarbeiter während der NS-Zeit rundet die Publikation ab und schafft eine Verbindung
zur Gegenwart.
"Das Buch und die Ausstellung tragen dazu bei, dass die Leistungen der NS-Sklavenarbeiter und das an ihnen
verübte Unrecht über die Fachwissenschaft hinaus einer möglichst breiten Öffentlichkeit bekannt
werden", so Oskar Dohle. Ein Ziel des Buches sei eine erste Basisinformation für Archivbenutzerinnen
und -benutzer, die sich mit diesem komplexen Thema beschäftigen. "Damit soll dieses Buch über das
Ende der Ausstellung hinaus seinen wissenschaftlichen Wert für die Zeitgeschichtsforschung beibehalten.
Zeugnis des Unrechtsregimes im Landesarchiv
Der verrostete Knäuel Stacheldraht vom Arbeitskommando Weißsee des Konzentrationslagers Dachau wurde
vom Salzburger Gletscherforscher Univ.-Prof. Dr. Heinz Slupetzky bei seinen Forschungen in der Nähe der Rudolfshütte
gefunden. Slupetzky schenkte dieses Zeugnis des Unrechtsregimes dem Landesarchiv. Die Verantwortlichen für
die Gestaltung der Ausstellung um den leitenden Restaurator des Landesarchivs, Nikolaus Pfeiffer, erkannten den
Wert des Geschenks und vergrößerten deshalb den Umfang der Ausstellung.
Die Ausstellung ergänzt die Arge-Alp-Wanderausstellung "Alpen unter Strom – L'energia delle Alpi",
die seit Herbst 2013 in Archiven in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz zu sehen ist. Die Wanderausstellung
"Alpen unter Strom" ist bis 19. Dezember 2014 im Sonder-Leseraum und die Ausstellung "Sklaven für
Krieg und Fortschritt" bis Ende April 2015 kostenlos im Foyer des Salzburger Landesarchivs, Michael-Pacher-Straße
40, 5020 Salzburg, zu sehen. Öffnungszeiten sind montags, dienstags und donnerstags von 8.30 bis 12.00 Uhr
und von 13.00 bis 17.00 Uhr, mittwochs und freitags von 8.30 bis 12.00 Uhr.
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