Neue Ziele und Perspektiven für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
Peking/Wien (bmwfw) - Diese Woche bereist Vizekanzler und Bundesminister Reinhold Mitterlehner gemeinsam
mit Außenminister Sebastian Kurz, Umweltminister Andrä Rupprechter und Wirtschaftskammer-Präsident
Christoph Leitl sowie einer mehr als hundertköpfigen Wirtschafts- und Wissenschaftsdelegation die Volksrepublik
China. Es handelt sich um die bisher größte China-Delegation, die jemals von einer österreichischen
Regierung zusammengestellt wurde. "Wir wollen neue Marktchancen und Perspektiven für heimische Unternehmen,
Universitäten, Studierende und Forscher eröffnen", nennt Mitterlehner die Ziele der Marktsondierungsreise.
Schon jetzt ist China der wichtigste Handelspartner Österreichs in Asien und nach den USA der zweitgrößte
Absatzmarkt außerhalb Europas. Aufgrund seines Wachstums, der steigenden Kaufkraft und des laufenden Strukturwandels
bietet China große Zukunftspotenziale. "Wir sind dort bereits stark präsent, haben aber noch großes
Potenzial. Ziel ist es, das gesamte Handelsvolumen Österreichs mit China bis 2020 auf 20 Milliarden Euro zu
verdoppeln", sagt Mitterlehner. Die Russland/Ukraine-Krise mache es notwendig, noch stärker als bisher,
neue Märkte zu erschließen, um die Exportströme zu diversifizieren.
Laut dem jüngsten "World Economic Outlook" bleibt China unter den Schwellenländern der Wachstumsgarant.
Für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF)
ein Wachstum von 7,4 Prozent in diesem Jahr und von 7,1 Prozent 2015. Im September legten die chinesischen Exporte
um mehr als 15 Prozent zu, während die Importe um sieben Prozent gestiegen sind. Auch die Zahl kaufkräftiger
Konsumenten, die westliche Konsumgüter nachfragen, steigt. Darüber hinaus setzt sich China zum Ziel,
bis 2020 eine Verdopplung des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf zu erreichen.
"China hat sich auch zu einem attraktiven FTI-Player entwickelt. Die F&E-Ausgaben haben sich von umgerechnet
74 Milliarden Euro 2009 auf 153 Milliarden Euro im Vorjahr gesteigert", führt Mitterlehner aus Mittlerweile
zähle die Volksrepublik zu den wichtigsten Forschungsnationen weltweit, mit dem Ziel die F&E-Quote auf
2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Österreich nimmt aktiv an diesem Wandel zum Innovationsstandort
teil: Die Zahl der gemeinsamen wissenschaftlichen Publikationen wurde seit 2000 um 530 Prozent auf 2.533 (2011)
gesteigert. Aktuell studieren rund 200 Österreicher in China. "Wissenschaft, Forschung und Innovation
sind international ausgerichtet und geprägt von Zusammenarbeit, aber auch vom globalen Wettbewerb der besten
Köpfe und Ideen", so Mitterlehner.
Bilaterale Treffen, Kooperationsabkommen, Betriebsbesuche
"Österreich hat eine gute Ausgangslage, um vom starken Wachstum zu profitieren. Heimisches Know-how
und hochwertige Produkte und Dienstleistungen treffen in China auf eine stark steigende Nachfrage", so Mitterlehner.
Trotzdem bleibe China ein anspruchsvoller, herausfordernder Markt. Umso wichtiger ist es, den Kontakt auf politischer,
wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Ebene vor Ort zu vertiefen, wie es im Zuge der Marktsondierungsreise mit
den Stationen Peking und Shanghai erfolgt. Zahlreiche bilaterale Treffen und die Unterzeichnung von Kooperationsabkommen
in Wissenschaft und Forschung stehen auf dem Programm, dazu mehrere Wirtschaftsforen. Zudem besucht die Delegation
nicht nur chinesische Universitäten und Forschungszentren, sondern auch Niederlassungen heimischer Unternehmen
- darunter Werke des oberösterreichischen Industriebetriebs MIBA, des steirischen Leiterplattenherstellers
AT&S und des Vorarlberger Beschlägeherstellers Blum - sowie das Lehrlingsausbildungsprojekt von WKO, Alpla,
Engel und SITC in Shanghai, das über die Internationalisierungsoffensive "go international" unterstützt
wird.
Neue Exportchancen im Wachstumsmarkt China nützen
Nach drei Exportrekorden in Folge zählt die Exportwirtschaft auch 2014 zu den wichtigsten Konjunkturstützen.
Trotz geopolitischer Unsicherheiten und einer zähen Konjunkturentwicklung sind die Ausfuhren im bisherigen
Jahresverlauf um 1,2 Prozent gestiegen. Allerdings erfordert es die Russland/Ukraine-Krise noch stärker als
bisher, neue Märkte zu erschließen. Zusätzlich zur Aufstockung von "go international"
um 2,5 Millionen auf 33,5 Millionen Euro will Mitterlehner daher die Marktaufbereitung in China verstärken,
das mit einem Ausfuhrvolumen von 3,1 Milliarden Euro im Vorjahr bereits an elfter Stelle im Exportranking lag.
Potenzial für einen Sprung unter die Top-Ten ist vorhanden: Von Jänner bis Juli 2014 sind die Warenexporte
nach China um über elf Prozent auf 1,97 Milliarden Euro gestiegen. Auch in den nächsten Jahren sind auf
Basis von WIFO-Daten je nach Wirtschaftsentwicklung deutliche Steigerungsraten von im Schnitt acht Prozent pro
Jahr zu erwarten. Zudem profitiert Österreich von der engen Vernetzung vieler Zulieferer mit Deutschland,
das die Produkte weiter exportiert.
"Aktuell sind 650 österreichische Firmen mit 900 Niederlassungen in China vertreten. Zuletzt lag der
heimische Direktinvestitionsbestand laut Nationalbank bei 2,5 Milliarden Euro", verdeutlicht Mitterlehner
das starke Engagement Österreichs. Angesichts der Wachstumsdynamik des chinesischen Marktes und der politischen
Prioritätensetzung mit einem Fokus auf nachhaltigeres Wachstum, einer Abkehr vom rein exportorientierten Wachstumsmodell
und dafür einer Verstärkung der Entwicklung des Binnenmarkts, werden in Zukunft noch größere
Chancen für österreichische Unternehmen bestehen. "Gerade bei Öko-Innovationen deckt sich die
heimische Technologieführerschaft zunehmend mit dem Bedarf und den Prioritäten Chinas", so Mitterlehner.
Weitere Potenziale bestehen insbesondere in den Bereichen Infrastruktur, Hochtechnologie, Maschinen und Anlagenbau,
Konsumgüter und Lifestyle sowie bei wissensintensiven Dienstleistungen.
Exportströme diversifizieren, neue Wachstumsmärkte erschließen
Der Anteil der Exporte in Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union sowie in bedeutende Fernmärkte
ist von 27,4 Prozent im Jahr 2009 auf 31,1 Prozent im Vorjahr gestiegen. Mit Unterstützung der Internationalisierungsoffensive
will Mitterlehner künftig noch stärker als bisher neue Märkte mit neuen Produkten und Dienstleistungen
erschließen. "Die notwendige Diversifizierung macht Österreich unabhängiger von Krisen einzelner
Regionen und ermöglicht es, Wachstumschancen in aufstrebenden Zukunftsmärkten noch besser zu nützen",
sagt Mitterlehner. Mehr als 60 Prozent der Förderfälle von 'go international' umfassen Exportaktivitäten
in den Fernmärkten.
Die Exportoffensive "go international" wird vom Wirtschaftsministerium finanziert und von der Außenwirtschaftsorganisation
der WKO abgewickelt. Die Maßnahmen und Angebote unterstützen vor allem Klein- und Mittelbetriebe beim
ersten Schritt in den Export, bei der Erschließung neuer Märkte und der Vermarktung ihrer Innovationen.
Weitere IO-Instrumente sind die Unterstützung des Besuchs von Branchentreffs, von Kongressen und Messen sowie
die Teilnahme an Forschungskooperationen. Neben Marktstudien werden Rechtsberatungen und Risikoanalysen angeboten.
Weitere Infos gibt es auf http://www.go-international.at
Wissenschaftskooperationen ausbauen, Türöffner-Funktion nützen
Auch in Wissenschaft und Forschung will Mitterlehner die Zusammenarbeit mit China auf allen Ebenen weiter ausbauen,
zum Beispiel durch mehrere Abkommen zwischen österreichischen und chinesischen Universitäten, Forschungseinrichtungen
und Unternehmen. Die Mobilität von Studierenden, Forschenden und Lehrenden ist ein bedeutender Eckpfeiler
der Internationalisierung, daher soll unter anderem der Austausch der Studierenden beider Länder intensiviert
werden. "Zum Beispiel erhalten österreichische Master-Studierende mit neuen Joint-Master-Programmen die
Möglichkeit, einen Teil ihres Studiums in China zu absolvieren und gleichzeitig einen chinesischen sowie österreichischen
Abschluss zu erhalten. Das erhöht nicht nur die Qualifikation für die weitere Karriere, sondern bringt
auch wertvolle Erfahrungen über einen wichtigen Auslandsmarkt", so Mitterlehner.
In der Delegation befinden sich zahlreiche hochrangige Persönlichkeiten der heimischen Wissenschafts- und
Forschungsszene. Darunter sind FWF-Präsidentin Pascale Ehrenfreund, ÖAW-Präsident Anton Zeilinger,
FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth und die Rektoren Christa Neuper (Uni Graz), Harald Kainz (Technische
Universität Graz) und Wilfried Eichlseder (Montanuniversität Leoben).
"Ziel ist es, die Partnerschaften im Wissenschafts- und Forschungsbereich auszubauen und neue Synergien mit
chinesischen Institutionen zu finden", betont Mitterlehner. Gerade in Bereichen wie Umwelttechnik, Erneuerbare
Energien, Agrarwissenschaft und klinischer Forschung verfügen österreichische Hochschulen über großes
Know-how, das auch in China sehr gefragt ist und als Türöffner für heimische Firmen dienen kann,
die auf diesem Gebiet jahrzehntelange Expertise aufgebaut haben. Dies zeigt auch der Besuch des Quantenphysikzentrums
der chinesischen Akademie der Wissenschaften im Beisein von ÖAW-Präsident Zeilinger. Bei diesem Forschungsprojekt
wurden die Österreicher explizit aufgrund ihrer hervorragenden Expertise ausgewählt, um den weltweit
ersten Quantensatellit zur Übertragung von Informationen mit Photonen zu ermöglichen.
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