Wien (öj) - "Sorg og glæde" (DK 2013) ist, wie Regisseur Nils Malmros vor der Vorstellung
beteuerte, kein "Feel-Good-Film". Er geht unter die Haut. Der Filmemacher Johannes erfährt, als
er eines Winterabends nach Hause kommt, dass seine Ehefrau Signe die gemeinsame Tochter Maria getötet hat.
Durch ein stundenlanges Gespräch mit einem Psychiater erfahren wir die Umstände, die zu dieser Tragödie
führten und wie die einzelnen Mitglieder der kleinen dänischen Gemeinde auf eine solche Tat reagieren.
Jean-Luc Godard drehte "Adieu au langage" (F 2014) in 3D. Aber das ist nicht ganz richtig. Laut Kameramann
Fabrice Aragno erlernte Godard die 3D-Technik, um ihre Regeln brechen zu können und über ihre Grenzen
hinausgehen zu können. Das Ergebnis dieses Experiments ist dieser poetische Film, bei dessen Probevorführung
die Techniker des Gartenbaukinos nachfragen mussten, ob das alles denn auch bestimmt so funktioniere, wie geplant.
"Deo Te-reo La-i-beu" (Südkorea 2013) trägt den englischen Titel "The Terror Live".
Kim Byung-Woos Protagonist ist ein ehemaliger TV-Reporter, der wegen Korruptionsvorwürfen strafversetzt wird
und eine Frühstückssendung leiten muss. Als er nun an einem Morgen von einem Zuhörer angerufen wird,
der angibt, die sich genau gegenüber der Senderzentrale befindende Brücke in die Luft jagen zu wollen,
bagatellisiert er zuerst die Drohung. Daraufhin überschlagen sich die Ereignisse, die Spannung steigt und
am Ende muss Yoon eine männliche Entscheidung treffen.
"Siddharth" (Richie Mehta, Kanada/Indien 2013) ist der Name eines 12-jährigen Buben, den wir nur
in der ersten Szene zu Gesicht bekommen, als er zu einer Arbeitsstelle in einer anderen Provinz aufbricht, und
das auch nur für einen Augenblick. Die Kamera begleitet nämlich Mahendra, Siddharths Vater, der alles
unternimmt, um den verschollenen Sohn zu finden. Somit greift er jeden Hinweis auf und reist am Ende sogar nach
Mumbai und durchkämmt auf eigene Faust den Stadtteil Dongri, denn dort sollen alle entführten Kinder
hinkommen.
Dominik Graf gelang es mit "Die geliebten Schwestern" (D/A 2014) einen "Film über Worte"
zu machen. Im Mittelpunkt steht der Briefwechsel zwischen Charlotte von Lengefeld, Caroline von Beulwitz und Friedrich
Schiller, aus dem der Filmemacher ein facettenreiches Beziehungsnetz herausliest.
In "Phoenix" (D 2014) zeigt Christian Petzold, wie ist, sein eigenes Double spielen zu müssen und
welche Folgen damit verbunden sind, von dem geliebten Menschen nicht wiedererkannt zu werden. Denn genau damit
sieht sich die aus Auschwitz zurückgekehrte Nelly konfrontiert, die sich aufgrund massiver Gesichtsverletzungen
einer plastischen Operation unterziehen musste. Als sie nun ihrem Ehemann Johnny begegnet, wird sie gebeten, sich
als seine tot geglaubte Frau auszugeben, um das Erbe ihrer Familie anzutreten. Diese Lage ermöglicht es ihr
jedoch, die Umstände ihrer Verhaftung zu rekonstruieren, sodass sie ihren Mann plötzlich in einem neuen
Licht sieht.
Wie jeden zweiten Festivalsonntag zeigte die Viennale auch dieses Jahr ihren Überraschungsfilm. "Foxcatcher"
(USA 2014) von Bennett Miller steht für die einflussreiche und millionenschwere Familie du Pont. Der Olympiasieger
in Wrestling von 1984, Mark Schultz, wird von John du Pont eingeladen, gegen ein fixes Jahresgehalt in dem noblen
Anwesen zu wohnen und zu trainieren. Zwischen den beiden entwickelt sich eine folgenschwere Beziehung.
"We Come as Friends" (A 2014) ist der jüngste Dokumentarfilm von Hubert Sauper. Um diesen zu drehen,
reist der Filmemacher in einer "fliegenden Blechdose" in den Sudan, der kurz vor dem Referendum zur Abspaltung
steht. Er zeigt die unterschiedlichen Problemkonstellationen auf, die in Verbindung zur Anwesenheit von Fremden
in Afrika steht, seien es die zur Scharia aufrufenden Islamisten, die Friedensmission der Vereinten Nationen, die
nach Erdöl suchenden Chinesen oder die Cowboyhüte verschenkenden Amerikaner, alle sind sie fremd auf
diesem Boden und meinen gleichzeitig, es unter dem Motto ‚Entwicklung' besser zu wissen. Wenn der Umweltschutz
dennoch "in der Verantwortung der Einheimischen" steht, sollte diese Annahme vielleicht revidiert werden.
Mathieu Amalric verflimte den Roman "La Chambre Bleu" (F 2014) von Georges Simenon und übernahm
auch die Hauptrolle. Julien, der nach 15 Jahren in seine Heimatstadt zurückkehrt, trifft auf seine Jugendliebe
Esther, mit der er sich auf eine feurige Affäre einlässt. Beide sind verheiratet und man würde meinen,
sie wollen den status quo auch beibehalten. Doch als Julien auf einmal vor einem Polizeibeamten im Verhörraum
sitzt, wird man als Zuschauer Zeuge der nachträglichen Rekonstruktion von zwei Mordtaten.
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