IV-GS Neumayer: Befürchtete Herbstflaute ist Realität geworden - Angesichts zurückhaltender
Investitionen Vertrauen in Österreich und Europa wieder herstellen
Wien (pdi) - "Die Konjunkturerholung hat ein frühzeitiges Ende gefunden. Die klassische Frühjahrsbelebung
zu Beginn des Jahres hat während der Sommermonate so kräftig an Dynamik eingebüßt, dass die
befürchtete Herbstflaute Realität geworden ist. Im Ergebnis erleben wir einen Rückfall in die Stagnation",
brachte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph Neumayer, in einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein die Ergebnisse des aktuellen Konjunkturbarometers
aus dem 3. Quartal 2014 am 28.10. auf den Punkt. "Sowohl der geopolitische Gegenwind als auch unzureichende
strukturelle Reformfortschritte im Inland lähmen die Wachstumskräfte. Eine weitere Abkühlung der
globalen Konjunkturdynamik würde sogar eine Rezession befürchten lassen. Im Falle von Italien, Österreichs
zweitwichtigstem Handelspartner nach Deutschland, ist die dritte BIP-Kontraktion ("Triple Dip") seit
der Finanzkrise sogar bereits harsche Realität geworden", führte der IV-Generalsekretär aus.
Von der Vielzahl an Konflikten, angefangen von der Ostukraine über Nordafrika bis zum Nahen Osten, geht eine
zunehmende Schadschöpfung aus, während das Ebola-Virus in Teilen Westafrikas die wirtschaftlichen Tauschbeziehungen
zum Erliegen bringt. Auch aus Südamerika empfängt die globale Konjunktur nach dem erneuten Zahlungsausfall
Argentiniens und einer phlegmatischen Wirtschaft in Brasilien derzeit kaum Impulse. Ebenso wenig reicht die Wachstumsdynamik
von China an die Werte früherer Jahre heran -jüngste Prognosen rechnen für China mit einem BIP-Wachstum
von rund 7,25 Prozent im heurigen Jahr. Auf der Grundlage mittelfristiger Projektionen zeichnet sich bis zum Jahr
2020 eine Abschwächung des Wachstums in China auf 5 Prozent p.a. ab.
"Das Ausscheiden Brasiliens und Russlands und die säkular schwächere Entwicklung Chinas konstituiert
das Ende der BRIC-Story, die seit jeher eher kommunikativ denn analytisch orientiert war. Vielmehr schlägt
das Pendel nun in die Gegenrichtung aus - außerhalb der USA und Großbritanniens sind international
derzeit keine nennenswerten Konjunkturlokomotiven auszumachen. Umso wichtiger bleibt es, die Wirtschaftsbeziehungen
mit weiteren überdurchschnittlich rasch wachsenden Schwellenländern zu intensivieren", analysiert
IV-Chefökonom Helmenstein. Im Ergebnis ist für die Weltwirtschaft insgesamt für das Jahr 2014 ein
Wachstum von 2,7 Prozent, und damit erheblich unter dem langjährigen Durchschnitt der Periode von 1980 bis
2013 in Höhe von 3,4 Prozent, zu erwarten. "Auch für das kommende Jahr zeichnet sich trotz der aktuell
vom Prinzip Hoffnung geprägten globalen Erholungserwartung nicht ab, dass selbst bei einer Beschleunigung
des Wachstums der langjährige Durchschnitt erreicht werden würde", so Helmenstein weiter.
Die Ergebnisse im Detail
Der Wert des IV-Konjunkturbarometers, welches als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage
und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, ist von dem zunehmenden konjunkturellen Gegenwind geprägt
und erfährt einen weiteren kräftigen Rücksetzer auf einen Wert von +8 Punkten nach +19 Punkten.
Dies ist der niedrigste Wert seit zwei Jahren. Während beide Komponenten des Konjunkturbarometers eine abnehmende
Tendenz aufweisen, fällt diese bei den Geschäftserwartungen besonders kräftig aus.
Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage reduziert sich um vier Punkte auf +19 Punkte und damit auf
den schwächsten Wert seit achtzehn Quartalen. Die Qualität der konjunkturellen Dynamik wird damit um
rund 30 Punkte und somit signifikant schlechter als während der gesamten Periode von Mitte 2010 bis Mitte
2012 eingeschätzt.
Auch die Geschäftserwartungen lassen keine baldige Wende zum Besseren erwarten, im Gegenteil. Bei dieser Variablen
sinkt der absolute Wert sogar ins Negative, und zwar von +15 Punkten auf -3 Punkte. Im Detail sind die eingetrübten
Aussichten auf einen mehr als halbierten Anteil von nur noch 11 Prozent der Respondenten zurückzuführen,
die einen günstigen Geschäftsgang erwarten, während der Anteil der Unternehmen mit ungünstigen
Geschäftserwartungen zugleich von acht auf 14 Prozent zunimmt.
Stabilisierend wirkt hingegen die Entwicklung der Auftragsbestände. Nach der bereits zum letzten Quartalstermin
erfolgten Tendenzumkehr verharren die Gesamtauftragsbestände auf mäßigem Niveau (Saldo +29 Punkte
nach +30 Punkten im Vorquartal). Dieses Ergebnis ist im Wesentlichen auf einen Rückgang der inländischen
Bestellaktivitäten zurückzuführen, da der Saldo der Auslandsaufträge den Einbruch zum Vortermin
durch einen leichten Anstieg auf nunmehr +29 Punkte zum Teil wettmacht. Hier schlägt bereits die auftragsstabilisierende
Wirkung der Euro-Abwertung um knapp 10 Prozent während des letzten Halbjahres positiv zu Buche. Bei einer
zwar anhaltenden Verkürzung der Auftragsreichweite ist mit der Stabilisierung der Gesamtauftragsbestände
zumindest ein konjunktureller Fadenriss beträchtlich unwahrscheinlicher geworden.
Im Einklang mit der Auftragslage gestalten die Unternehmen ihre Produktionsplanung anhaltend vorsichtig. Der saisonbereinigte
Wert für die Produktionstätigkeit in den nächsten drei Monaten sinkt von +19 Punkten auf +12 Punkte.
Aufgrund verhaltener Produktionserwartungen, einer sinkenden Auftragsreichweite und des zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit
erforderlichen Produktivitätsfortschritts vermögen die Unternehmen ihren Beschäftigtenstand dementsprechend
nicht mehr im vollen Umfang aufrecht zu erhalten. Der Saldo für den Beschäftigtenstand dreht ins Negative
- sein Wert verringert sich erheblich von +2 Punkten auf nunmehr -10 Punkte. Weiterhin ungünstig für
die Investitionsneigung in den kommenden Monaten wird sich auswirken, dass sowohl die Verkaufspreise als auch die
Ertragslage der Unternehmen unter einem noch zunehmenden Druck stehen. Mittelfristig sind bei einer fortgesetzten
Investitionszurückhaltung somit weitere Beschäftigungsverluste vorgezeichnet.
Bei den Verkaufspreisen schlagen sich nach wie vor die international weiterhin vorhandenen Überkapazitäten
in einem hohen Preisdruck nieder (Saldo 13 Punkte, unverändert zum Vorquartal). Mit der Stabilisierung der
Auftragsbestände stellt sich zumindest die Einschätzung der aktuellen Ertragslage der Unternehmen bei
einem Saldo von +6 Punkten nach +1 Punkt im Vorquartal etwas besser als zuvor dar. Bei zyklustypischem Verlauf
unterstreicht dieser dennoch sehr geringe Positivsaldo den neuerlichen Eintritt in eine konjunkturelle Stagnationsphase.
Ein besonders ungünstiges Licht auf die ohnedies schon fragile Investitionsneigung werfen die Ertragserwartungen
auf Sicht von sechs Monaten. Hier revidieren die Respondenten ihre Einschätzung drastisch, sodass der Saldo
für die Ertragsaussichten von +14 Punkten auf 1 Punkt fällt.
Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 394 Unternehmen mit rund
251.000 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung:
den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden
die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible
"Saldo" aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen
gebildet.
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